Branchenanalyse für Deutschland
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Konjunkturszenario
1. Die Jahre 2006 und 2007 lassen sich mit den Worten „Boom and Bust“ trefflich beschreiben. So wächst das Bruttoinlandsprodukt im Jahre 2006 um 1,7 %, im darauf folgenden Jahr aber nur noch um magere 0,4 %. Ursache für diese starke Schwankung ist die Politik. Zum 1. Januar 2007 wird die Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte angehoben, so stark wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Dies wird im Jahr 2006 zu einer massiven Stimulierung des privaten Konsums führen (1,4 %), denn die Haushalte werden Konsum vorziehen, um noch in den Genuss des günstigeren Steuersatzes zu kommen. Angesichts des ohnehin vorhandenen Nachholbedarfs im Bereich der langlebigen Güter wird dieser Impuls kräftig ausfallen. Im Jahr 2007 aber kommt das böse Erwachen, dann fehlt nämlich der Konsum, der ins Vorjahr verlagert wurde. Wir erwarten allein deshalb schon eine Schrumpfung des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal. Das weltwirtschaftliche Umfeld bleibt zwar kräftig, doch zum Jahreswechsel 2006/07 kühlt sich das Wachstum in wichtigen deutschen Handelspartnerländern ab, sodass die Impulse vorübergehend nachlassen. So wachsen die Exporte 2007 nur noch um 4,5 % nach 8,4 % im Jahre 2006. Starke Importe im Zuge der Vorzieheffekte treffen auf eine sich im gleichen Zeitraum abschwächende Exportdynamik, sodass der Wachstumsbeitrag des Außenbeitrags im zweiten Halbjahr 2006 negativ wird. Umgekehrt stützen die durch den Nachfrageausfall schwachen Importe die Konjunktur zum Jahresbeginn 2007. Eine zentrale Rolle für unsere Konjunkturprognose spielen die Lagerinvestitionen. Wir erwarten, dass die Unternehmen 2006 schon frühzeitig in Erwartung des mehrwertsteuerbedingten Nachfragebooms im zweiten Halbjahr ihre Lager auffüllen. Damit wird ein Teil des Stimulus schon im zweiten Quartal 2006 bemerkbar. Die Investitionstätigkeit (Ausrüstungen) bleibt weiterhin durchschnittlich. Zwar wird der Auslastungsgrad der Kapazitäten leicht über seinen langjährigen Durchschnitt ansteigen, aber von den Spitzenwerten deutlich entfernt bleiben. Damit sind Erweiterungsinvestitionen zwar nicht immer zwingend notwendig, zumal schon die nächste konjunkturellen Eintrübung Anfang 2007 auf dem Radar ist, sie werden aber im Vergleich zu den letzten Jahren zunehmend durchgeführt. Stützend wirkt sich die bis Ende 2007 befristete Möglichkeit einer beschleunigten degressiven Abschreibung aus. Dies sollte sich insbesondere im zweiten Halbjahr 2007 bei den Ausrüstungsinvestitionen stimulierend bemerkbar machen.
Branchenentwicklung
2. Die Erhöhung der Mehrwertsteuer verursacht nicht nur konjunkturelle Verwerfungen, sie bestimmt auch maßgeblich die Bewertung der Branchen. Anders als bisher üblich stellen wir daher die beiden Prognosejahre in der Übersicht getrennt dar, so lassen sich die Veränderungen unserer Einschätzung zum Jahreswechsel 2006/07 besser ableiten. In Kreisen sind die Gesamtscores für das Jahr 2006 dargestellt und nach deren Höhe sortiert. Die Werte für 2007 können an den dazugehörenden Quadraten abgelesen werden.
Im Jahr 2006 sind zwei Makrotrends von zentraler Bedeutung: Zum einen die starke weltwirtschaftliche Entwicklung im ersten Halbjahr, zum anderen die Belebung des privaten Konsums aufgrund der ins Jahr 2006 vorgezogenen Käufe. So wundert es nicht, dass exportstarke Branchen wie der Maschinenbau stark bleiben und konsumnahe Branchen spürbar an Boden gewinnen. Der durchschnittliche Branchenscore über alle Branchen steigt von 52,6 auf 54,8 Punkte. Im Jahr 2007 stellen sich dann gegenläufige Effekte ein. Die schwächere Weltwirtschaft vermag nicht mehr die Impulse wie im Vorjahr zu setzen und der ins Jahr 2006 vorgezogene Konsum fehlt. So stehen auch nahezu alle Branchen schlechter dar als im Jahre 2006 und der Durchschnittscore sinkt auf 43,1 Punkte.
3. Die Automobilindustrie ist einer der Gewinner der Mehrwertsteuererhöhung. Bei so hohen Anschaffungspreisen ist die Ersparnis von 3 Prozentpunkten Mehrwertsteuer beachtlich und ein wesentlicher Anreiz zum vorzeitigen Kauf eines Fahrzeuges. Neben diesen„normalen“ Überlegungen, ein Fahrzeug früher als geplant zu kaufen, spricht auch der aufgestaute Nachholbedarf für eine starke Mobilisierung von Nachfrage. Noch nie war das Durchschnittsalter des deutschen PKW-Bestandes so hoch wie derzeit. Damit sollte das Jahr 2006 endlich die lange erhoffte Belebung im Inlandsgeschäft bringen. 2007 hingegen ist mit einem Rückschlag zu rechnen, denn der Bedarf der Deutschen ist erst einmal gedeckt. Die Automobilindustrie, die im Jahr 2004 58 % ihrer Umsätze im Ausland erwirtschaftete, wird zunächst noch von der Auslandskonjunktur profitieren. Erst wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung in wichtigen Absatzregionen wie den USA im zweiten Halbjahr 2006 abkühlt, werden die Impulse vom Auslandsgeschäft abnehmen. Belastend werden sich auch weiterhin die hohen Rohstoffpreise auswirken.
4. Profiteur der guten weltwirtschaftlichen Entwicklung ist der Maschinenbau. Dabei spielt nicht nur die gute globale Konjunktur eine wichtige Rolle, von der der Maschinenbau überdurchschnittlich profitiert, sondern auch die hohen Rückflüsse der Petrodollars. Die erdölfördernden Staaten haben aufgrund des hohen Ölpreises gut gefüllte Staatskassen, die sie zu einer globalen Einkaufstour nutzen. Traditionell profitieren die Europäer und besonders Deutschland stärker von dieser Entwicklung als beispielsweise die Vereinigten Staaten. Hinzu kommt, dass sich die Zeitspanne bis zur Verausgabung dieser zusätzlichen Staatseinnahmen gegenüber den Siebziger- und Achtzigerjahren deutlich verkürzt hat. Auch wenn das Inlandsgeschäft schon lange nicht mehr die entscheidende Rolle für den Maschinenbau spielt, ist es eine gute Nachricht, dass die Ausrüstungsinvestitionen im Jahre 2006 mit der höchsten Rate seit dem Jahr 2000 zunehmen. Ausreichend Nachfrage ist also vorhanden. Dies lässt die Produktion im Jahr 2006 zum dritten Mal in Folge ansteigen, und das erneut um knapp 4 %. Doch schon im zweiten Halbjahr 2006 sind erste Bremsspuren auszumachen. Dann verliert die Weltwirtschaft an Expansionstempo und lässt die Nachfragezuwächse abschmelzen. Im kommenden Jahr ist damit nur noch ein Produktionswachstum von ¾ % möglich. Problematisch in dem eher guten Umfeld ist die Kostenseite. Hier vermag es der Maschinenbau nicht, sich vom Branchendurchschnitt abzusetzen, und gerät im Jahre 2007 sogar in eine unterdurchschnittliche Situation. Hierin spiegelt sich die hohe Kostenbelastung durch die unverändert hohen Rohstoffpreise wider.
5. Konjunkturschwankungen treffen die Computer- und Kommunikationsbranche sehr schnell und sehr stark. Nach einem schwachen ersten Halbjahr 2005 nimmt die Branche zunächst wieder kräftig Fahrt auf. Dabei profitiert insbesondere die Unterhaltungselektroniksparte von vorgezogenen Beschaffungskäufen (wegen der Mehrwertsteuererhöhung) aber auch der Fußballweltmeisterschaft. Unter Druck sind derzeit noch die Hersteller von elektronischen Bauelementen, denn die Preise wollen bislang immer noch nicht anziehen.
Immerhin nehmen die weltweite Nachfrage und damit die Auslieferungen wieder zu. Hier stechen bislang der US-amerikanische und asiatisch-pazifische Absatzmarkt hervor. Dagegen verzeichnet die Unterhaltungselektronik, die in der statistischen Abgrenzung zu dieser Rubrik zählt, schon im Weihnachtsgeschäft 2005 deutliche Zuwächse. Das ist der Schatten, den die Fußballweltmeisterschaft vorauswirft. In diesem Jahr sollten auch Impulse aus den mehrwertsteuerbedingt vorgezogenen Käufen dazukommen. Die sonstige Elektroindustrie ist weniger schwankungsanfällig. Nach einer leichten Moderation hat sie im Schlepptau der globalen Investitionsgüternachfrage und der aufkeimenden Nachfrage in Deutschland das Zwischentief überwunden. 2006 beschert anfangs noch gute Auslandsgeschäfte, die dann aber nachlassen und für eine Abkühlung im Jahre 2007 sorgen. Unterstützung findet diese Branche aber – ähnlich wie im Maschinenbau – in dem hohen Spezialisierungsgrad ihrer Produkte und in dem mit fast 20% höchsten Umsatzanteil produktbezogener Dienstleistungen. Zu kämpfen haben viele Unternehmen der Elektroindustrie mit gestiegenen Einkaufspreisen für Rohstoffe und Materialien, während Preiserhöhungen nur schwer durchzusetzen sind. So sind dem ZVEI zufolge die Materialpreise bei Hausgeräten, die dort etwa die Hälfte der gesamten Kosten ausmachen, um rund ein Fünftel gestiegen.
6. Die chemische Industrie ist gleichermaßen Lieferant von Vorleistungsgütern für die heimische Produktion und – mit einem Anteil des Auslandsumsatzes am Gesamtumsatz von 53,2 % – die drittbedeutendste Exportbranche Deutschlands. Das Inlandsgeschäft lebt derzeit und im kommenden Jahr von der guten konjunkturellen Entwicklung. Das Auslandsgeschäft, das im ersten Halbjahr noch kräftig sein wird, sollte dann erst einmal an Schwung einbüßen. Im Jahr 2007 kommt im ersten Halbjahr die Mehrwertsteuer bedingte Nachfrageschwäche hinzu, sodass die Erlössituation sich merklich abkühlt. Dann fallen auch die unverändert hohen Rohstoffkosten wieder stärker ins Gewicht und belasten diese rohstoffintensive Branche.
7. Die Branche „Metallerzeugung und -bearbeitung“ hat sich von ihrem Zwischentief im Jahre 2005 erholt. Ein Lagerzyklus war hierfür verantwortlich. Nachdem die Lager der Stahlhändler im Herbst 2005 geräumt waren, ging es mit der Stahlnachfrage wieder aufwärts. 2006 profitiert die Branche sowohl von einer kräftigen Nachfrage als auch von anziehenden Stahlpreisen. Befürchtungen zu Jahresbeginn 2005, dass die in China geschaffenen Produktionskapazitäten dazu führen könnten, dass China vom Nettoimporteur zum Nettoexporteur wird und damit dauerhaft Druck auf die Stahlpreise entsteht, sind nicht eingetreten. Zum einen produziert China in einem Segment minderer Qualität, zum anderen hat sich China zum Ziel gesetzt, mit den neuen Kapazitäten die Schließung veralteter Kleinbetriebe zu kompensieren. Entsprechend haben auch die Stahlpreise wieder angezogen.
8. Die schlimmsten Jahre liegen hinter dem Einzelhandel. Die Umsätze werden im Jahr 2005 zum zweiten Mal in Folge ansteigen und das Jahr 2006 sollte dank der Vorzieheffekte ein vergleichsweise gutes werden. Doch schon das Jahr 2007 wird einen erneuten Rückgang bringen. Unabhängig von Konjunktur und Mehrwertsteuereffekten bleiben die strukturellen Probleme des Einzelhandels weiter bestehen. So setzt sich die Tendenz fort, dass der Einzelhandel immer weniger an der Konsumentwicklung partizipiert. 2004 sank der Anteil der über den Einzelhandel abgewickelten Konsumausgaben auf 28,0 %. Prognosen sehen ihn im Jahr 2006 sogar nur noch bei rund 27 %. Das liegt zum einen an sich verändernden Konsumgewohnheiten, wie beispielsweise an Gewicht gewinnende Freizeitdienstleistungen, zum andern aber auch an einem sich ändernden Kaufverhalten. So wird vom Endverbraucher zunehmend beim Großhandel oder beim Hersteller eingekauft. Zudem bleibt die Zahl an Einzelhandelsverkaufsflächen in Deutschland zu hoch, was sich in einem unverändert starken Wettbewerb und in Rabattschlachten niederschlägt.
Quelle: DekaBank
Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.
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