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14:07 Uhr, 15.09.2020

BP ruft Ende des Ölzeitalters aus: "Tempi passati"

Die Nachfrage nach Öl könnte laut dem britisch-niederländischen Öl- und Gasriesen BP im vergangenen Jahr ihren Höhepunkt erreicht haben. Laut BP dürfte sich der Weltmarkt für Rohöl nie wieder von der Coronavirus-Pandemie erholen.

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London (Godmode-Trader.de) - Dieses Prognose-Szenario zum künftigen Ölverbrauch lässt aufhorchen! Weil es in der Schlussfolgerung letzlich massive Umwälzungen umschreibt, aber auch, weil es nicht aus der Ecke eines grün-angehauchten Think Tanks kommt, sondern von einer Branchengröße: Dem britisch-niederländischen Öl- und Gasriesen BP.

In dem neuen „World Energy Outlook“, den BP am Montag in London vorstellte, beschrieb das Unternehmen drei Szenarien für die künftige Energienachfrage, die alle drei einen Rückgang der Ölnachfrage in den nächsten 30 Jahren vorhersagen. Das Ausmaß und das Tempo des Rückgangs werde von der höheren Effizienz sowie der Elektrifizierung der Mobilität bestimmt, hieß es von BP.

In einem „Business-as-usual"-Szenario, in dem sich die Umweltregulierung und Präferenzen der Gesellschaften in einer ähnlichen Weise darstellen, wie in der jüngeren Vergangenheit, zieht die Ölnachfrage nach dem Coronavirus leicht an, bleibt rund um das Jahr 2025 auf hohem Niveau und beginnt nach 2030 dann zu sinken.

In zwei anderen von BP beschriebenen Szenarien, in denen die Regierungen aggressivere Maßnahmen zur Eindämmung der CO2-Verbrennung ergreifen und signifikante Veränderungen im gesellschaftlichen Verhalten stattfinden, erholt sich die Ölnachfrage nicht mehr vollständig von dem durch die Corona-Pandemie verursachten Rückgang. Das würde im Endeffekt bedeuten, dass die Ölnachfrage bereits im Jahr 2019 ihren Höhepunkt erreicht hat.

Analysten gehen allgemein davon aus, dass die Corona-Krise die Verlagerung weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energieformen nochmals beschleunigt, zumal Regierungen und Investoren Druck auf die Unternehmen ausüben, die eingetretene Klimaveränderung und ihre verheerenden Auswirkungen nicht weiter zu ignorieren, sondern zu akzeptieren und entsprechende Konsequenzen zu ziehen.

Eine zweite Coronavirus-Welle, die einige Regierungen veranlasst, die Restriktionen erneut zu verschärfen, erhöht laut BP auch die Wahrscheinlichkeit, dass Verhaltensänderungen sich dauerhaft festsetzen. So ist der Konzern etwa der Ansicht, dass der Trend hin zum Home Office weiter anhalten und die Nachfrage nach Mobilität schwächen könnte.

Der neue Bericht steht diametral zu den Aussagen im vergangenen, wo BP noch ein weiteres kontinuierliches Wachstum der Ölnachfrage bis in die 2030er Jahre erwartet hatte. BP-CEO Bernard Looney erklärt das Ölzeitalter schlichtweg für beendet. Über einen Zeitraum von 30 Jahren dürfte sich der Anteil der fossilen Energieträger Kohle, Gas und Öl mehr als halbieren, heißt es im Ausblick von BP. Damit bricht gewiss eine neue Ära an. BP: Zum ersten Mal werde der Konsument aus einem Mix verschiedener Quellen versorgt werden, darunter Wind und Solar, Erdgas, Atomkraft, Wasserstoff und übergangsweise Kohle und Öl. „Damit geht es in Zukunft nicht mehr um die Verfügbarkeit eines einzelnen Energieträgers, sondern um die Wahl des Verbrauchers“, heißt es im BP-„Energy Outlook“.

BP steckt derzeit selbst in einer Umstrukturierung und versucht, sein Öl-Portfolio zu verringern. In dieser Woche wird das Unternehmen seinen Investoren nähere Einzelheiten zu der neuen Strategie verkünden, die eine Verzehnfachung der jährlichen Low-Carbon-Investitionen auf 5 Mrd. Dollar bis 2030 vorsieht. Die Öl- und Gasproduktion soll im Vergleich zu 2019 um 40 Prozent sinken. „Die Pirouette von BP vom traditionellen Ölkonzern zum Giganten für grüne Energie ist ein ungewöhnlich schwieriges Unterfangen, so das Analysehaus Hargreaves Lansdown. Das Unternehmen produziere immer noch 2,6 Mio. Barrel Öl pro Tag, und eine abrupte Abkehr von seinem Kerngeschäft hin zu erneuerbaren Energien könnte dazu führen, dass Investoren, die an stetige Renditen gewöhnt sind, sich zurückziehen.

BP PLC
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Bernd Lammert
Bernd Lammert
Finanzredakteur

Bernd Lammert arbeitet als Redakteur seit 2010 bei der BörseGo AG. Er ist studierter Wirtschafts- und Medienjurist sowie ausgebildeter Journalist. Das Volontariat absolvierte er noch beim Radio, beruflich fand er dann aber schnell den Weg in andere Medien und arbeitete u. a. beim Börsen-TV in Kulmbach und Frankfurt sowie als Printredakteur bei der Financial Times Deutschland in Berlin. In seinen täglichen Online-Berichten bietet er Nachrichten und Informationen rund um die Finanzmärkte. Darüber hinaus analysiert er wirtschaftsrelevante Entscheidungen der obersten deutschen Gerichte für eine Finanzagentur. Grundsätzlich ist Bernd Lammert der Ansicht, dass aktuelle Kenntnisse über die Märkte sowie deren immanente Risiken einem keine Erfolge schlechthin garantieren, aber die Erfolgschancen deutlich erhöhen können.

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