Kommentar
07:28 Uhr, 15.10.2007

Bosnische Bieraktie könnte auch Anlegern gut schmecken

Die meisten Nachrichten, die aus Bosnien und Herzegowina kommen, sind leider eher negativ. Das mag mit ein Grund dafür sein, warum der Aktienmarkt in Sarajevo zuletzt den Rückwärtsgang eingeschaltet hat. Zunehmend kritisch zu beurteilen ist insbesondere die politische Lage. Wie kritisch, wird daran deutlich, dass kürzlich der Hohe Vertreter für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU sagte, die politische Lage in Bosnien werde „immer schlechter, und die EU sei deswegen immer stärker besorgt.

Als echter Hemmschuh erweist sich vor allem die seit langem geforderte, bisher aber immer wieder gescheiterte Polizeireform. Deren Struktur und Zuschnitt ist ein Relikt aus dem Krieg (1992-1995), doch insbesondere die Machthaber der bosnischen Serben wehren sich gegen eine Reform. Sie wollen die Kontrolle über die eigene Polizei nicht an den Gesamtstaat abgeben, da dies als erster Schritt zum Verlust der bosnisch-serbischen Eigenständigkeit gesehen wird. Weil aber die Polizeireform eine der wichtigsten Forderungen der EU für die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens ist, droht das Land im EU-Beitrittsprozess hinter die Nachbarländer zurückzufallen.

Wirtschaft trotz schleppender Reformen auf Wachstumskurs

Behindert wird ein schnelleres Reformtempo dadurch, das in Bosnien und Herzegowina viele Kompetenzen von Legislative und Exekutive nicht auf der Ebene des Gesamtstaats, sondern auf derjenigen der beiden Entitäten - der Föderation von Bosnien und Herzegowina und der Republika Srpska – angesiedelt sind. Dadurch blockieren sich die Politiker der verschiedenen Parteien und Ethnien immer wieder selbst. Leisten kann mit sich schleppende Reformen aber eigentlich nicht. Schließlich liegt die Arbeitslosenrate noch immer bei geschätzten 44 Prozent.

Unbenommen von diesen Problemen befindet sich derzeit die Wirtschaft aber immerhin trotzdem auf einem Wachstumskurs. So darf in diesem Jahr dank einer robusten Industriekonjunktur, regen Investitionstätigkeiten und einem anziehenden privaten Konsum mit einem Anstieg des Bruttoinlandsproduktes von 6,7 Prozent gerechnet werden. Und auch auf dem Kurszettel findet sich trotz eines verbesserungswürdigen Umfelds der eine oder andere interessante Wert. Einer dieser Titel ist Sarajevsko Pivo (Ticker: SRPVRK1, 72,01 Konvertible Mark).

Dahinter steckt ein Bierproduzent, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1864 zurückreichen und der als erster industrieller Betrieb überhaupt in Bosnien Herzegowina gilt. Neben Bier stellt der zur MIMS Gruppe gehörende Konzern auch Mineralwasser, alkoholfreie Getränke und Frucht- und Gemüsesäfte her. Das Bier von Sarajevsko Pivo genießt unter Bierliebhabern einen guten Ruf. Einer im September im Business Magazin veröffentlichten Umfrage zufolge belegt Sarajevsko Bier Platz 17 unter 2.337 Bierarten und ist damit sogar besser platziert als Becks auf Platz 19.

Bewertung nur etwas über dem Buchwert

Auch operativ läuft es nach den in den Vorjahren getätigten Investitionen momentan gut. So ist es im ersten Halbjahr 2007 gelungen, den noch in der Vorjahresperiode zu Buche stehenden Verlust von 0,5 Mio. Konvertible Mark in ein Plus von 6,1 Mio. Konvertible Mark zu verwandeln. Gleichzeitig kam der Umsatz um 19 Prozent auf gut 37 Mio. Konvertible Mark voran. Und für das Gesamtjahr wird damit gerechnet, dass sich der Nettogewinn bei 10,3 Mio. Konvertible Mark einpendeln wird, was einen Anstieg von 36,4 Prozent bedeuten würde.

Legt man die auf zeitnah angepassten Bewertungen der gehaltenen Beteiligungen beruhenden Berechnungen des Brokers Fima zu Grunde, dann wird die Aktie trotz der kleinere Gewinne der vergangenen Wochen noch immer nur etwas über dem Buchwert gehandelt. Das erscheint wenig zu sein für ein Unternehmen mit einer guten Positionierung wie sie Sarajevsko Pivo innehat. Andere Bierbrauer weisen jedenfalls ein deutlich höheres Kurs-Buchwert-Verhältnis auf. Und weil wir davon ausgehen, dass sich die Kluft mittel- bis langfristig verkleinern wird, nehmen wir den Titel in unser Aktien-Musterdepot auf. (Internet-Adresse: www.sarajevska-pivara.ba

Quelle: Ostbörsen-Report

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Über den Experten

Jochen Stanzl
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Chefmarktanalyst CMC Markets
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Jochen Stanzl begann seine Karriere in der Finanzdienstleistungsbranche als Mitbegründer der BörseGo AG (jetzt stock3 AG), wo er 18 Jahre lang mit den Marken GodmodeTrader sowie Guidants arbeitete und Marktkommentare und Finanzanalysen erstellte.

Er kam im Jahr 2015 nach Frankfurt zu CMC Markets Deutschland, um seine langjährige Erfahrung einzubringen, mit deren Hilfe er die Finanzmärkte analysiert und aufschlussreiche Stellungnahmen für Medien wie auch für Kunden verfasst. Er ist zu Gast bei TV-Sendern wie Welt, Tagesschau oder n-tv, wird zitiert von Reuters, Handelsblatt oder DPA und sendet seine Einschätzungen über Livestreams auf CMC TV.

Jochen Stanzl verfolgt einen kombinierten Ansatz, der technische und fundamentale Analysen einbezieht. Dabei steht das 123-Muster, Kerzencharts und das Preisverhalten an wichtigen, neuralgischen Punkten im Vordergrund. Jochen Stanzl ist Certified Financial Technician” (CFTe) beim Internationalen Verband der technischen Analysten IFTA.

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