Kommentar
13:47 Uhr, 23.08.2007

BIP - Aufschwung auf Kurs, Risiken gestiegen

1. Die Schnellschätzung für das Wachstum im zweiten Quartal (0,3 % qoq) wurde heute bestätigt. Gleichzeitig wurden die Details und damit die Ursachen der Wachstumsverlangsamung veröffentlicht. Um es vorweg zu sagen: Das zweite Quartal war besser als es das eher moderate Wachstum nahe legt, denn die bremsenden Effekte waren auf auslaufende Sonderfaktoren zurückzuführen (Witterung und Lagerpolitik der Unternehmen), während die Kombination aus binnen- und außenwirtschaftlichen Impulsen höchst erfreulich war.

2. Allen Bedenken zum Trotz hat sich der private Konsum im zweiten Quartal nach der Mehrwertsteuerdepression im ersten Quartal (-1,8 % qoq) zurückgemeldet. Der Anstieg um 0,6 % qoq ist zwar nicht rekordverdächtig, doch angesichts der hohen Mehrwertsteuerbelastung, die in diesem Jahr weiter wirkt, ist das eine beachtliche Entwicklung. Würde man den Quartalsanstieg auf Jahresrate hochrechnen, so läge das Plus bei 2,4 % und damit deutlich über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre (1 %). Dies unterstreicht die berechtigten Hoffungen, dass der private Konsum im weiteren Verlauf des Jahres sich immer mehr zu einer Wachstumsstütze entwickeln wird. Dafür garantieren die anziehenden Löhne und die Belebung am Arbeitsmarkt.

3. Gleichzeitig haben sich die Ausrüstungsinvestitionen nach einem starken (aber abwärts revidierten ersten Quartal) als robust erwiesen (2,5 % qoq). Sie profitieren derzeit von der immer noch hohen Kapazitätsauslastung der Unternehmen und der zum 1.1.2008 auslaufenden Möglichkeit, Investitionen beschleunigt abzuschreiben. Es lohnt sich daher jetzt noch zu investieren! Die Unruhen an den Kapitalmärkten und die damit einhergehende höhere Risikoprämie für Kredite haben bislang noch keine Bremsspuren gezeigt, da die deutschen Unternehmen ihre Investitionsobjekte aufgrund der guten Gewinnentwicklung bislang nur vergleichsweise wenig fremdfinanziert haben. Risiken erwachsen daher auch weniger aus der Verfügbarkeit und den Kosten der Kredite, als vielmehr aus einer veränderten Risikoeinschätzung der Unternehmen. Wenn diese die Zukunft und damit ihre Geschäftserlöse als unsicherer einschätzen, werden sie entsprechend vorsichtiger operieren und ihre Investitionspläne zurückschrauben. Warum sollten sie Kapazitäten aufbauen, von denen sie nicht sicher sind, ob sie ausgelastet werden? Vorerst dominieren aber noch die steuerlichen Mitnahmeeffekte und ein hoher Auftragsbestand, so dass die Investitionstätigkeit im zweiten Halbjahr weiterhin robust bleiben sollte.

4. Der Außenbeitrag stimulierte ebenfalls dank einer moderaten Expansion der Exporte (0,9 % qoq) und rückläufiger Importe (-0,9 % qoq). Die Exporte werden dank der hohen globalen Nachfrage weiterhin zulegen können, doch in gleichem Maße, wie sich das Wachstum der deutschen Handelspartner ab 2008 moderieren wird, werden auch die deutschen Exporte etwas an Schwung verlieren. Gleichzeitig dürfte die Importnachfrage dank der Binnenkonjunktur hoch bleiben, sodass die Impulse vom Außenbeitrag künftig abnehmen sollten.

5. Bremseffekte kamen von den Bauinvestitionen (-0,5 Prozentpunkte) und von den Lagerinvestitionen (-0,6 Prozentpunkte). Der Bau litt darunter, dass Produktion in das durch eine ungewöhnlich milde Witterung begünstigte erste Quartal vorgezogen wurde. Die Lagerinvestitionen spiegelten die Lagerpolitik der Unternehmer wider, die im nachfrageschwachen ersten Quartal auf Vorrat produzierten und nun die Lager wieder räumten. Beide Sonderfaktoren sollten in den kommenden Quartalen keine wesentliche Rolle mehr spielen.

6. Alles in allem zeigt sich die deutsche Volkswirtschaft in einer erfreulich guten Verfassung. Die Auftriebskräfte sind noch unverändert intakt. Gleichwohl festigt sich der Eindruck, dass der Hochpunkt des Aufschwungs schon hinter uns liegt: Die kommenden Quartale bescheren uns zwar wieder höhere Wachstumsraten, doch sie sind geringer als die des vergangenen Jahres. Für das laufende Jahr erwarten wir einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts um 2,5 %, im kommenden Jahr steigt es um 2,3 %. Das wahre Ausmaß der konjunkturellen Moderation wird allerdings von der Arbeitstageentwicklung überlagert. Rechnet man diese heraus, so liegt das Wachstum in diesem Jahr bei 2,7 % und 2008 bei 2,0 %.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von mehr als 135 Mrd. Euro und über fünf Millionen betreuten Depots gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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