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10:18 Uhr, 23.02.2024

Bauindustrie: Umsätze dürften 2024 um real 3,5 Prozent fallen

Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones) - Die deutsche Bauindustrie erwartet für das laufende Jahr sinkende Umsätze und den ersten Beschäftigungsabbau seit 2008. Die preisbereinigten Umsätze werden der Prognose zufolge 2024 um 3,5 Prozent zurückgehen, nach einem Minus von 5 Prozent 2023. Diese Umsatzrückgänge seien zu erwarten, "obwohl der Bedarf an Bauleistungen ungebrochen hoch ist", sagte Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie, Tim-Oliver Müller. Besonders groß dürfte der Einbruch im Wohnungsbau mit 12 Prozent werden. Die Bauindustrie erwartet aber einen leichten Zuwachs im Wirtschaftsbau.

Zuvor hatte das Statistische Bundesamt für das deutsche Bauhauptgewerbe ein Umsatzminus für Dezember 2023 in Höhe von 3,3 Prozent gemeldet. Aufgrund der Auftragseingänge blickt Müller wenig optimistisch in die Zukunft. "Neue Aufträge bleiben überwiegend aus", sagte er. "Natürlich ist die Stimmung am Bau unter solchen Vorzeichen schlecht."

Für das Gesamtjahr 2023 wurde ein realer Orderrückgang von 4,4 Prozent gemeldet. Dass der Auftragseingang im Dezember im Vergleich zum Vorjahresmonat um real 4,2 Prozent gestiegen sei, sei nicht auf eine Verbesserung der Baukonjunktur, sondern lediglich auf einen Basiseffekt zurückzuführen: Im Dezember 2022 sei schon ein reales Minus von 23 Prozent ausgewiesen worden, wie er erklärte.

Weniger Beschäftigte erwartet 

Aufgrund dieser schlechten Entwicklung hätten dem Verband zufolge die Bauunternehmen im vergangenen Jahr nur noch 1.120 neue Arbeitsplätze geschaffen, nach 15.200 im Jahr 2022. Für 2024 rechnet der Verband mit einem vor allem demographisch bedingten Rückgang von 10.000 auf dann jahresdurchschnittlich 918.000 Beschäftigte.

"Das ist der erste Beschäftigtenrückgang seit 2008. Langfristig haben wir das Problem, dass beim Anspringen der Nachfrage das Personal fehlt. Dies ist besonders bitter im Wohnungsbau, der vom Beschäftigtenabbau betroffen ist. Demgegenüber werden in den Tiefbausparten weiterhin neue Mitarbeiter eingestellt", sagte Müller.

Insgesamt sei die Stimmung am Bau schlecht, denn laut einer jüngsten Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) beurteilten 22 Prozent ihre aktuelle Geschäftslage als schlecht und 44 Prozent erwarteten sogar noch eine Verschlechterung in den kommenden zwölf Monaten.

"Die Stimmung zu Jahresbeginn war nur während der Finanzkrise 2009 schlechter. Im Hochbau befürchtet sogar jeder zweite eine Verschlechterung. Angesichts der desolaten Lage am Wohnungsbaumarkt ist das kein Wunder", sagte Müller.

Im Wohnungsbau ein Minus von 12 Prozent erwartet 

Der Verband erwarte für 2024 im Wohnungsbau einen Umsatzeinbruch von real 12 Prozent, nach 12 Prozent 2023.

Eine leichte Entspannung sei hingegen im Wirtschaftsbau zu erwarten. Hier geht der Verband von einem realen Umsatzplus von 2 Prozent aus, nach einem Rückgang von 1 Prozent in 2023. Die Großprojekte im Bahn- und Kabelleitungsbau des vergangenen Jahres würden sich im Umsatz 2024 bemerkbar machen.

Im öffentlichen Bau rechnet der Hauptverband für dieses Jahr mit einem leichten Plus von 1 Prozent nach einem Minus in gleicher Höhe in den vergangenen zwölf Monaten. "Um dem Substanzverlust bei unserer Infrastruktur aber nachhaltig zu begegnen, müssten Bund, Länder und Kommunen ihre Investitionsbudgets weiter erhöhen und langfristig verstetigen", forderte Müller. "Ansonsten wird der Standort Deutschland weiter geschwächt. Deshalb müssen dringend für alle Verkehrsträger langfristige Finanzierungvereinbarungen getroffen werden, schließlich darf die Funktionsfähigkeit unserer Verkehrsnetze nicht von jährlichen Unvorhersehbarkeiten politischer Debatten abhängig sein."

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

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