Kommentar
15:18 Uhr, 14.04.2020

Bärenmarktrally ohne Ende?

Die Bärenmarktrally am Aktienmarkt läuft seit drei Wochen und will gefühlt kein Ende nehmen. Es gibt aber durchaus Argumente dafür, dass dem Markt gerade die Luft ausgeht.

Innerhalb von 14 Handelstagen konnte der S&P 500 knapp 25 % zulegen. Eine so rasante Rally gab es seit 1938 nicht mehr. Grafik 1 zeigt alle Rallyes, die den Markt mehr als 13 % nach oben getragen haben – im gleichen Zeitfenster, also innerhalb von 14 Handelstagen. Solche Ereignisse sind selten und kommen nur unter bestimmten Bedingungen vor.


Bedingung ist ein Bärenmarkt. In einem normalen Aufwärtstrend kommt es nicht zu solch großen Kurssprüngen. Mit der Ausnahme von der Großen Depression finden diese Rallyes am Ende eines Bärenmarktes statt. Die 30er Jahre waren eine Ausnahme, weil die Wirtschaft jahrelang schrumpfte. Geht man davon aus, dass sich das in den kommenden Jahren nicht wiederholt, ist die Große Depression kein guter Maßstab.

Die meisten Bärenmärkte enden mit zwei Rallys. Bevor das finale Tief erreicht wird, kommt es zu einer ersten Bärenmarktrally, die die Kurse innerhalb kurzer Zeit um 10-20 % nach oben treibt. Im letzten Bärenmarkt endete diese Rally in der ersten Januarwoche 2009. Das finale Tief fand der Markt zwei Monate später.

Zur Jahrtausendwende endete die finale Bärenmarktrally Ende August 2002. Das Tief wurde Mitte Oktober 2002 erreicht. Dieses Phänomen kann man mit großer Zuverlässigkeit beobachten. Als Anleger weiß man allerdings nicht, ob eine Bärenmarktrally nur eine von vielen ist oder die finale.

Die zweite Rallye, die den Markt innerhalb von wenigen Wochen 13 % oder mehr nach oben treibt, geht vom finalen Tief aus. Für die aktuelle Lage würde das bedeuten, dass der Markt noch einmal fällt. Neue Tiefs sind jedoch nicht zwingend erforderlich.

Viele Investmentbanken halten an ihrer Überzeugung fest, dass der Markt noch einmal tiefer gehen wird. Möglich ist das. Es fühlte sich zuletzt natürlich ganz anders an. Man kann kaum glauben, dass der Markt nach einer 25 % Rallye noch einmal neue Tiefs ausbilden wird.

Das Gefühl wird durch zwei Faktoren bestärkt. Der eine ist der Kursgewinn selbst. 25 % sind eine ganze Menge. Der zweite Faktor ist Zeit. Die Tage fühlen sich lang an, wenn man auf etwas wartet. In diesem Fall ist das die zweite Abwärtsbewegung. Bärenmarktrallys dauern im Durchschnitt zwei Monate (Grafik 2). Die Kurse steigen dabei im Durchschnitt um 20 %. In Ausnahmefällen geht es auch mehr als 30 % nach oben.


Viele Anleger warten ungeduldig auf einen neuerlichen Abverkauf. Keiner weiß mit Sicherheit, ob dieser überhaupt kommt. Daher gehen die Meinungen auch weit auseinander. Argumente gibt es für beide Sichtweisen. Einerseits verteilen Notenbanken und Regierungen mit der Gießkanne Geld. Das spricht für steigende Kurse. Andererseits droht ein langer und zäher Aufschwung nach der Krise mit vielen Pleiten und Kreditausfällen. Das spricht für weiteren Korrekturbedarf.

Zu Beginn war der Abverkauf gar nicht zu stoppen, obwohl Notenbanken und Regierungen reagierten. Das alles zählte nicht. Der Markt fiel einfach weiter. Nun mehren sich die Anzeichen dafür, dass der wirtschaftliche Rebound nicht V-förmig verläuft. Anleger ignorieren das. All das ist nicht ungewöhnlich und ein normales Muster im Bärenmarkt.

Die Wahrscheinlichkeit bleibt unterm Strich hoch, dass der Markt wieder nach unten dreht. Den Zeitpunkt genau zu bestimmen ist genauso aussichtslos wie das Tief genau zu erwischen. Dies ist angesichts der beispiellosen Lage sogar noch schwieriger. Die Kurse werden aber am Ende immer noch von Menschen gemacht und Menschen tendieren zu Verhaltensmustern, die sich wiederholen.

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45 Kommentare

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  • creativo80
    creativo80

    carde blanche der FED, das ist die Garantie gegen stark fallende Kurse. Leichter gehen Kursgewinne kaum. Auch mal gut zu wissen, dass es Börse ohne große Risiken gibt.

    20:30 Uhr, 14.04.2020
  • Goethe63
    Goethe63

    Hätte, könnte, möglich und vielleicht und immer mit einem Fragezeichen, denn sonst käme womöglich heraus, dass man ja etwas weiss!

    Am Ende einer Schlacht werden die Toten gezählt, und nicht vorher.

    20:21 Uhr, 14.04.2020
  • Dr.Biohazard
    Dr.Biohazard

    Aktien können nur steigen, wenn auch gekauft wird. Ich frage mich, von welcher Seite die Anschlusskäufe auf Sicht von 6-12 Monaten kommen sollen, wenn die Staatshilfen und Zentralbankgelder doch für die Stützung der Unternehmen und Verbraucher gedacht ist und nicht für den Kauf von Unternehmensanteilen.

    19:45 Uhr, 14.04.2020
  • LongAndShort
    LongAndShort

    Short in May and go away, but im Herbst ist es vorbei, dann gehst du strong to buy

    Bleibt Gesund
    Gruss Long&Short

    18:24 Uhr, 14.04.2020
  • Mr. Deadpool.
    Mr. Deadpool.

    Jetzt startet die Dow Rally, watch out.

    17:32 Uhr, 14.04.2020
  • AndyBörse
    AndyBörse

    Bin gerade mit 500 Optionen SHORT in den Markt, Ziel 6900 (DAX nicht DOW) 😉

    17:07 Uhr, 14.04.2020
    2 Antworten anzeigen
  • Raschima
    Raschima

    Clemens, wenn die Bärenmarktrally in den nächsten Tagen neue ATHs erreicht, kann sie ja eigentlich keine solche mehr sein. Wie nennt man dann sowas?

    17:06 Uhr, 14.04.2020
    1 Antwort anzeigen
  • Mr. Deadpool.
    Mr. Deadpool.

    Jetzt long bei 760 bis 17.30 mit 8er Hebel.

    17:01 Uhr, 14.04.2020
    2 Antworten anzeigen
  • Fozzindex
    Fozzindex

    Danke. Gute Analyse. Hoffe Sie liegen richtig, da ich auch darauf setze. Und dann kommt da ja auch noch "sell in may and....." :-)

    16:47 Uhr, 14.04.2020
  • mkronen
    mkronen

    Das ganze errinnert mich langsam an Anfang Februar, als das Virus bereits die Chinesen lahmlegte, vieles nicht mehr lieferbar war. Kurse stiegen munter weiter. Tesla bei 1000USD. DejaVu.

    Dann kam März.

    16:44 Uhr, 14.04.2020
    1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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