Kommentar
10:06 Uhr, 15.02.2016

Bärenmarkt schon vorbei?

Anleger sind im Kaufrausch, rund um den Globus. Ganz besonders heiß begehrt sind Bank- und Rohstoffaktien. Man könnte fast das Gefühl bekommen, der Bärenmarkt wäre gerade abgesagt worden.

Ein guter Handelstag macht noch keinen neuen Aufwärtstrend. Soviel muss man bei aller Freude über einen sehr erfreulichen Handelstag festhalten. Dennoch sind die Kurssprünge, die wir zu Wochenschluss und nun zu Wochenbeginn beobachten konnten bemerkenswert. Bankaktien wurden zuletzt überall auf der Welt abgestraft. Zu Wochenschluss galt das Gegenteil, und heute geht´s weiter.

In den USA können die meisten Bankaktien nicht zweistellig zulegen, doch mit Kurssprüngen von 7 % bei Schwergewichten wie JP Morgan, Morgan Stanley und Citigroup müssen sich die Aktien nicht verstecken. JP Morgan CEO Jamie Dimon hatte sich gestern 500.000 Aktien seines Unternehmens gegönnt. Er gab dafür gut 26 Mio. Dollar aus. Heute ist er durch diesen Schachzug gleich um 1,8 Mio. reicher.

Dimon hatte am Donnerstag Aktien des Unternehmens gekauft, um das Vertrauen von Anlegern zurückzugewinnen. Anleger hatten Bankaktien rund um den Globus seit Jahresbeginn zwischen 15 und 50 % abstürzen lassen. Das war eine Verkaufspanik wie 2008. Der Markt war absolut davon überzeugt, dass die Welt kurz vor einer Katastrophe steht. Nachvollziehbar war diese Angst wirklich nicht mehr.

Am Freitag wurde die Verkaufspanik korrigiert. Ob man deswegen jedoch schon gleich ein Ende des Abwärtstrends erhoffen sollte, darf man bezweifeln. Wenn Aktien einzelner Sektoren zweistellig zulegen, dann kann man von einem Short Squeeze ausgehen. Der Markt war überverkauft. Die Kurse hatten in dieser Woche nur noch wenig mit der Realität zu tun.

Der Short Squeeze am Freitag wurde gewiss nicht allein durch US Manager ausgelöst, die Aktien ihrer eigenen Unternehmen aufkauften, sondern durch eine ganze Reihe an guten Wirtschaftsdaten. Trotz der Angst vor einem globalen Abschwung wuchs die Wirtschaft der Eurozone zu Jahresende 2015 ungebrochen stark. Stark ist natürlich Definitionssache, doch mit einer Jahresrate von 1,5 % muss sich die Währungsunion nicht verstecken.

Die Eurozone wuchs in den letzten Quartalen so stark wie seit vielen Jahren nicht mehr. Kurz nach der Finanzkrise, als die Wirtschaft auch dank großer Konjunkturpakete "zurückschnappte" wurde kurzzeitig höheres Wachstum erzielt. Lässt man diesen Effekt außen vor, dann war 2015 das beste Jahr seit 2007. Das sieht eigentlich nach einem großangelegte Abschwung aus.

Die Börse handelt die Zukunft und nicht das, was war. Da kommen frische US Daten wie gerufen. Die US Beschäftigung wächst nach wie vor mit einer Jahresrate von 2 % (Grafik 1). Grafik 1 zeigt neben dem Beschäftigungswachstum auch die Entwicklung der durchschnittlichen Stundenlöhne. Sie wachsen trotz nachhaltig niedriger Inflation so stark wie seit Vorkrisenzeiten nicht mehr. Steigen die Löhne bei niedriger Inflation, dann steigen die realen Einkommen.

Amerikaner haben heute deutlich mehr in der Tasche als vor einem Jahr. Dazu trägt nicht nur bei, dass mehr Amerikaner Arbeit haben als noch vor einem Jahr, sondern auch der niedrige Ölpreis und steigende Reallöhne. So langsam kommen Amerikaner deswegen in Kauflaune. Der Einzelhandelsumsatz stieg im Januar überraschend stark und wurde auch für Dezember nach oben korrigiert. Nach einem Abschwung im vergangenen Jahr legt der Konsum nun wieder richtig zu. Die Wachstumsrate auf Jahressicht liegt derzeit bei 3 %.

70 % der US Wirtschaftsleistung werden vom Konsum getragen. Wenn sich dieser wie im Januar weiterentwickelt, dann hat die US Wirtschaft für 2016 bereits ein Wachstum von 2,1 % in der Tasche. Die Bereiche, die die restlichen 30 % des BIPs ausmachen, müssten um 7 % schrumpfen, damit das Gesamtwachstum bei 0 % liegt. Das erscheint unwahrscheinlich.

Der Start ins neue Jahr ist wirtschaftlich geglückt. Die US Wirtschaft hat nach wie vor das Potential in diesem Jahr um 2 % zu wachsen. Eine andere Einschätzung geben die Daten nicht her. Die Angst vor dem großen globalen Abschwung und einer Finanzkrise wie 2008 ist durch Daten einfach nicht zu untermauern.

Der Abwärtstrend kann an den Aktienmärkten trotzdem weitergehen. Meiner ganz persönlichen Meinung nach hat dieser Abwärtstrend jedoch wenig mit der ökonomischen Realität zu tun. Insofern haben Anleger derzeit eine große Chance. Das wirtschaftliche Umfeld stimmt und Aktien sind so günstig zu haben wie seit Jahren nicht. Unternehmen mit starken Bilanzen sind bei weiteren Rücksetzern große Chancen.

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7 Kommentare

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  • Sascha Huber
    Sascha Huber Experte für Kryptowährungen

    Meine Rede seit Wochen. Alleine der Ölpreisverfall lässt den US-Konsumenten so viel mehr Geld in der Tasche, dass der US-Einzelhandel bald boomen wird. Da der Binnenkonsum rund 70% des US-BIP ausmacht, spricht mehr für Boom als Rezession. Ich habe daher schon seit Wochen in Kursschwäche Aktien wie Macy's, Dollar General oder TJX gekauft, die sich genau vor diesem Hintergrund eh besser halten konnten als der Gesamtmarkt. Hier wurden einfach nur die ängstlichen Kleinanleger von den Big Boys aus dem Markt gespült, um so die nächste Stufe der Kursrally einleiten zu können!!

    14:51 Uhr, 15.02.2016
  • netzadler
    netzadler

    der spass geht erst noch richtig los. EU löst ihre Probleme nicht, das sehen alle. so wie wir menschen heute ticken, stiftet die Nation den größten Gemeinschaftssinn, is leider so, auch wenn viele das nicht gern hören.

    Merkel unterschätzt die Auswirkungen und konsequenzen ihres handelns deutlich.

    die osteuropäer pfeifen auf das eu-geld, wenn ihnen die nationale Identität genommen wird.

    hat man in Jugoslawien, Sowjetunion mal versucht, Ergebnis ist bekannt.

    ausserdem ging das eu-geld für Osteuropa sowieso wieder retour an die großen Konzerne, die dort ihre billigwerkbänke errichteten.

    Merkel hätte sich in ihren 10 jahren mal lieber um die zukunftsfestigkeit des deutschen sozialsystems kümmern sollen, das nimmt man ihr irgendwann richtig übel.

    aber da wird sie alternativlos auf böse mächte verweisen, die ihr bei ihrer Politik keine andere Wahl ließen.

    also das jahreshoch haben wir anfang Januar gesehen, die 8350 werden auch nicht halten. die filialbanken werden negativzins und Digitalisierung nicht überleben, südeuropabanken mit ihren faulen Krediten noch viel schlimmer dran. Kursrückgang bei deutscher bank völlig berechtigt, auch wenn es ein bisschen schnell ging.

    bin aktuell noch Long, für mich aber nur Rebound.

    grundvertrauen in Politik und Zentralbanken momentan nicht gegeben. ich werde weiter Gold zukaufen.

    12:04 Uhr, 15.02.2016
  • whynot
    whynot

    stimmt, ich glaube, die liegt z. Zt. bei nur noch ca. 60%. Zudem gingen tendenziell full-time Jobs verloren, wodurch viele US Bürger dann 2 parttime Jobs benötigen. Gezählt werden die parttime Jobs genausso wie die fulltime Jobs. Man ersetze 1 fulltime Job durch 2 parttime und schon hat man als einen Arbeitsplatz geschaffen.

    11:09 Uhr, 15.02.2016
  • 1 Antwort anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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