Kommentar
12:59 Uhr, 27.11.2025

Auslandsaktien: „Erwartungen übertroffen“

Die Rallye nimmt wieder Fahrt auf. Auch in Europa, wo die Unternehmensgewinne demnächst wieder deutlicher steigen könnten. Anlegerinnen und Anleger haben im November Aktien ins Visier genommen, die sonst nicht so stark im Rampenlicht stehen.

Erwähnte Instrumente

27. November 2025. FRANKFURT (Deutsche Börse). Die europäischen Aktienmärkte weisen im laufenden Jahr eine positive Bilanz aus. Der Stoxx Europe 600 (<EU0009658202>) liegt seit Jahresbeginn mit 13 Prozent im Plus und hat sich damit fast genauso gut entwickelt wie der US-amerikanische S&P 500. Dabei rechnen Analysten für die europäischen Unternehmen in 2025 nur mit einem durchschnittlichen Gewinnwachstum von 0,5 Prozent. In den USA werden dank des boomenden IT-Sektors zweistellige Zuwächse erwartet. Gerade vor diesem Hintergrund ist die Performance des europäischen Sammelindex sehr erfreulich.

Eine „attraktive Anlagemöglichkeit“

Ein möglicher Grund für die relativ gute Stimmung sind die vielversprechenden Prognosen. „Für die Jahre 2026 und 2027 rechnen Analysten mit einer signifikanten Erholung des Gewinnwachstums in Europa und prognostizieren ein jährliches Wachstum von rund 12 Prozent“, erklärt Ulrich Stephan von der Deutschen Bank. Vor dem Hintergrund dieser Perspektiven und einer „angemessenen Bewertung, die nur vier Prozent über dem 10-Jahres-Median liegt“, erscheinen dem Strategen europäische Aktien als eine „attraktive Anlagemöglichkeit“.

„Divergenz zwischen dem Renten- und dem Aktienmarkt“

Charttechnisch sehen die europäischen Indizes nach Einschätzung von Marc Richter aktuell besser aus als zum Beispiel der Nasdaq 100. „Der Hintergrund liegt auch darin, dass die europäischen Standardwerte weniger zinssensibel als die amerikanischen Technologieaktien sind“, erklärt der Leiter Skontroführung Aktien bei der Steubing AG. Der Experte sieht eine wachsende Divergenz zwischen dem Renten- und dem Aktienmarkt. „Während die Anleihenmärkte ein strukturell höheres Zinsumfeld einpreisen, handeln Aktien weiterhin auf Bewertungsniveaus, die ein günstiges Zinsumfeld einpreisen“.

Während der jüngsten Berichtssaison haben die meisten Unternehmen die Erwartungen zwar geschlagen. Für Richter stellt sich jedoch die Frage, ob das in den kommenden Quartalen bei zunehmenden wirtschaftlichen und politischen Risiken erneut der Fall sein wird.

Marc Richter

Deutlicher Kurssprung nach Zahlen von Viridien

Stark nachgefragt wurde in den vergangenen Wochen das Geowissenschafts- und Datenunternehmen Viridien (<FR001400PVN6>). Die Franzosen überzeugten im dritten Quartal mit einem profitablen Wachstum und starken Kennzahlen. „Investoren honorieren, dass das Unternehmen durch seine HPC-Sparte (High Performance Computing) und geospezifische Daten zukunftssicher ausgerichtet ist", nennt Richter die Hintergründe. „Aufgrund der Quartalsergebnisse fand am Markt eine Neubewertung der Aktie statt." Der Kurs schnellte an der Börse Frankfurt in wenigen Tagen von 76 Euro auf über 120 Euro hoch, gab im Zuge der ansteigenden Risikoaversion dann aber wieder auf aktuell 93 Euro nach.

„Beginnender charttechnischer Aufwärtstrend” bei Embla Medical

Aufmerksamkeit erregt auch die Aktie von Embla Medical (<IS0000000040>). „Das Unternehmen agiert wie das kürzlich erfolgreich an die Börse gestartete deutsche Familienunternehmen Ottobock im Bereich Prothetik und Orthetik und überzeugt mit solidem Wachstum und verbesserter Profitabilität“, erklärt Richter, der bei dem isländischen Konzern einen „beginnenden charttechnischen Aufwärtstrend“ analysiert hat. Seit Vorlage der Q3-Zahlen vor gut einem Monat konnte die Aktie um rund 11 Prozent zulegen.

Enel und Vodafone mit optimistischem Ausblick

Roland Stadler von der Baader Bank AG meldet starke Umsätze in den Aktien von Enel (<IT0003128367>) und Vodafone (<GB00BH4HKS39>). Vor allem der italienische Stromerzeuger hat seinen Börsenwert in den vergangenen Wochen deutlich gesteigert. „Enel konnte gute Ergebnisse vermelden und die Gesamtjahresprognose anheben“, schiebt der Händler als mögliche Begründung hinterher. Auch der Quartalsbericht von Vodafone sei gut aufgenommen worden. Stadler verweist zudem auch hier auf einen optimistischeren Jahresausblick („oberes Ende der EBITDA-Zielspanne“) sowie ein Rückkaufprogramm im Gegenwert von 500 Millionen Euro.

Von Thomas Koch, 27. November 2025 © Deutsche Börse AG

Über den Autor

Thomas Koch ist CEFA-Investmentanalyst, Investmentspezialist für strukturierte Produkte und geprüfter Zertifikateberater. Seit Anfang 2006 beschäftigt er sich als freier Journalist mit dem Geschehen an den Kapitalmärkten.

Feedback und Fragen an redaktion@deutsche-boerse.com