Ausblick 2. Halbjahr 2020 – Wo sind Alpha-Quellen bei Anleihen?
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Nachranganleihen – Europäischer Finanzsektor im Allzeithoch
Grégoire Mivelaz, Manager der GAM Star Credit Opportunities Strategie: „Die europäische Zentralbank (EZB) agiert nach wie vor äußerst zurückhaltend, was offensichtlich gut für europäische Kredite ist. Gleichzeitig haben wir zuletzt einige der stärksten Unternehmensgewinne seit einem Jahrzehnt gesehen. Der europäische Finanzsektor befindet sich im Allzeithoch, mit entsprechend positiver Auswirkung auf Liquidität und Solvabilitätsquote. Das hat sich aber auch sehr unterstützend für Inhaber nachrangiger Schuldtitel im Finanzsektor ausgewirkt. Während des zweiten Quartals haben wir also trotz des steigenden Zinsumfelds eine gewisse Spreadstraffung und positive Performance gesehen.
Auch für das dritte Quartal sind wir äußerst optimistisch eingestellt, da es unseres Erachtens ein Quartal mit Einkommens- und Preissteigerungen sein wird. Die Kombination aus starken Fundamentaldaten, attraktiven Bewertungsniveaus und technischen Daten dürfte sehr unterstützend auf die Preise wirken. Wenn wir uns das zweite Quartal ansehen, gab es in technischer Hinsicht ein ziemlich starkes Angebot an Vermögenswerten. Wären diese ein oder zwei Transaktionen pro Woche nicht auf den Markt gekommen, wäre die Nachfrage noch deutlich stärker gewesen als das Angebot. Wir glauben, dass dies während des Sommers passieren wird.
Für Investoren, die ihr Einkommen steigern möchten, ohne zusätzliches Kredit-, Zins- oder Liquiditätsrisiko einzugehen, bieten nachrangige Anleihen in Investment Grade-Unternehmen eine interessante Perspektive. Sie generieren Erträge ähnlich wie der von High Yield-Anleihen, aber mit der Bonität von Investment Grade-Unternehmen. Unter den aktuellen Marktbedingungen sind wir der Meinung, dass dies tatsächlich eine der attraktivsten Möglichkeiten ist, um Alpha zu generieren. Ebenfalls interessant: Legacy-Anleihen, die unter Basel 2 und Solvency 1 emittiert wurden. Sehr ineffizient für die Emittenten und attraktive Investitionen für die Anleger. Wir haben gesehen, dass Banken im letzten Quartal zum Beispiel einige dieser Anleihen mit einer Prämie von 5 % bis 15 % über dem Marktpreis zurückkaufen wollten.”
Markt für Cat Bonds erlebt Rekordwachstum
John Seo, Manager des GAM Star Cat Bond: „Der Markt für Cat Bonds hat im letzten Quartal ein Rekordwachstum verzeichnet. Eine beispiellose Anzahl neuer und bestehender Emittenten haben Katastrophenanleihen emittiert und auch der Zuspruch bei Investoren war enorm. Neben den insgesamt attraktiven Marktbedingungen für Investoren sehen wir auch einen Hauptantrieb hierfür in den ESG-Referenzen des Marktes, die neue Investoren aber auch neue Emittenten auf den Markt bringen. Der variable Zinssatz von Katastrophenanleihen scheint zudem jene Anleger anzusprechen, die versuchen, ihre Portfolios gegen unerwartete Inflationsbewegungen abzusichern.
Das dritte Quartal wird erneut geprägt durch die nordatlantische Hurrikansaison und diese stellt die größte Gefahr für unsere Portfolios dar. Das war schon immer so. Dies hat mit den Hurrikanaussichten zu tun und wie wir das Portfolio entsprechend positioniert haben. Prognosen sprechen zwar erneut davon, dass eine aktivere Hurrikansaison bevorsteht, was im Wesentlichen die Standardprognose für die letzten 15 Jahre war. Ja, das Wasser ist wärmer, dennoch glauben wir, dass dies nicht unbedingt einhergeht mit Hurrikans, die auf Land treffen – was für uns in Bezug auf den versicherten Verlust wichtig ist. Daher prognostizieren wir eine normale Hurrikansaison und haben das Portfolio entsprechend positioniert.
Wir gehen zudem davon aus, dass die größte Alpha-Quelle in unserem Markt in Zukunft die Mediendynamik sein wird. Wir sehen, dass insbesondere der Sekundärhandel, aber auch Erstemissionen, also die Reaktion der Anleger auf Primäremissionen, zunehmend von den Medien gesteuert werden. Das ist unsere größte Gelegenheit für die Alpha-Generierung, denn es ist nicht die Aufgabe der Medien, die Botschaft über die Bedrohung durch Naturkatastrophen zu kalibrieren. Die Berichterstattung erfolgt auf eine Weise, die einen gewissen Unterhaltungswert hat, dabei jedoch nicht die Diskrepanzen zwischen den Preisen von Anleihen im Sekundär- und sogar im Primärmarkt versus der Realität berücksichtigt. Diese Diskrepanz kann extrem sein.”
Stabiler US-Wohnimmobilienmarkt
Tom Mansley, Investment Director bei GAM: „In den USA macht die Einführung und Verabreichung des Impfstoffs weiterhin große Fortschritte und hilft nicht nur der Wirtschaft sondern auch der Beschäftigung. Die USA haben endlich ein Niveau unter 6 % bei der Arbeitslosigkeit erreicht, was sehr positiv ist. Der Immoblienmarkt verzeichnete eine anhaltende Beschleunigung der Preissteigerungsrate. Und die geringere Verschuldung der Haushalte in Verbindung mit niedrigeren Zinsen ermöglichte den amerikanischen Verbrauchern, ihre Hypotheken problemlos zurückzuzahlen.
Auch für das nächste Quartal erwarten wir, dass die Arbeitslosigkeit weiter sinken sollte. Haupttreiber: Seit der Corona-Pandemie gibt es einen Bundeszuschuss zum staatlichen Arbeitslosengeld. So erhält die arbeitslose Bevölkerung in den Vereinigten Staaten Schecks sowohl vom staatlichen Leistungsprogramm als auch vom Bundesprogramm. Dieses Bundesprogramm soll im September auslaufen. Mehr als die Hälfte der Staaten haben jedoch schon freiwillig aufgehört oder angekündigt, dass sie im Laufe des nächsten Monats aufhören werden. Denn es schafft Arbeitskräftemangel, wenn die Menschen mehr Arbeitslosengeld erhalten, als sie verdienen würden, wenn sie wieder arbeiten gingen. Die Aussichten für die Arbeitslosigkeit sind also sehr positiv. Am Wohnimmobilienmarkt sehen wir die anhaltenden Auswirkungen von einer viel höheren Nachfrage als es Wohnangebot gibt. Daraus ergibt sich eine deutliche Unterstützung für die Preisentwicklung innerhalb des Marktes.
Aufgrund der aktuell lockeren Geldpolitik und der massiven staatlichen Stützungsausgaben haben die Märkte derzeit mit steigenden Inflationsraten zu kämpfen. Sollte sich ein inflationäres Marktumfeld durchsetzen, dürften unter anderem steigende Zinsen und anziehende Preise für reale Vermögenswerte die Folge sein. Aus MBS-Perspektive (Mortgaged Backed Securities) bereiten uns jedoch die Auswirkungen einer Inflation wenig Sorgen. Steigen die Preise für reale Vermögenswerte und Immobilien, erhöht sich der Wert der MBS-Sicherheiten, wodurch sich die Kreditpositionen aus Sicht der Kreditgeber verbessern.”
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.