Aus Stärke ist bei den osteuropäischen Währungen Schwäche geworden
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Über viele Jahre hinweg kassierten die in Osteuropa engagierten Anleger nicht nur Aktienkursgewinne, sondern oft auch noch Währungsgewinne. Denn die lokalen Landeswährungen profitierten von der Annäherung an die EU und den damit verbundenen Zustrom an ausländischem Kapital in Form steigender Notierungen.
Doch wie bei so vielen Dingen an den Finanzmärkten hat die Kreditkrise auch in dieser Hinsicht viel verändert. Denn in der Regel steigen die Kurse der osteuropäischen Währungen inzwischen nicht mehr, sondern sie fallen. Das Phänomen ist dabei nicht nur auf die zuletzt am stärksten gebeutelten Währungen, den russischen Rubel und der ukrainischen Griwna beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf die Wechselkurse der zentralosteuropäischen Staaten sowie auf andere Randwährungen in Osteuropa. So hat der polnische Zloty seit einem im Juli noch markierten Rekordhoch schon 29 Prozent gegenüber dem Euro verloren und die tschechische Krone hat in den vergangenen sechs Monaten 15 Prozent verloren.
Verändertes Risikodenken lenkt Augenmerk auf die Schwachstellen
Interessant ist die Entwicklung auch deshalb, weil die meisten dieser Länder bisher noch immer deutlich stärker wachsen als die westeuropäischen Volkswirtschaften. Doch in Zeiten geringer Risikobereitschaft ziehen die Anleger eben aus Vorsichtsgründen Gelder aus allen Regionen ab, die nicht als erstrangig und vor allem liquide gelten. Zumal es bei der Kapitalrückführung auch nicht selten darum geht, Verlustlöcher in der Heimat zu stopfen. Verstärkt wird der Kapitalexodus aber auch durch hausgemachte Schwachstellen. Sorgen bereiten vor allem die oft zu hohen Leistungsbilanzdefizite, die ohne ausländische Mittelzuflüsse nicht mehr zu finanzieren sein werden.
Zu schaffen macht das Problem vor allem Südosteuropa und dem Baltikum. In Lettland ist deswegen trotz absehbarer IWF-Hilfe nicht sicher, ob der Lat seinen Wert verteidigen kann. Auch Länder wie Kroatien, Bulgarien und Rumänien weisen hohe kurzfristige Auslandskredite auf, die sie bald refinanzieren müssen. Aber auch in Zentraleuropa kriselt es gewaltig, wie die gewährte IWF-Kapitalspritze für Ungarn unterstreicht. Zunehmend kritisch zu werten ist zudem die starke Abhängigkeit der lokalen Geldhäuser von internationalen Eigentümern, weil diese unter der Kreditkrise ächzen. Im Zuge der Krise könnten nämlich internationale Finanzinstitute ihr Engagement in dieser Region verringern, befürchtet die. Zumindest zeigen historische Erfahrungen, dass Finanzdienstleister dann dazu neigen, die Liquidität ihrer Tochtergesellschaften zu verringern.
Neben der hohen Risikoaversion und den Leistungsbilanzdefiziten sind die Anleger auch deshalb skeptischer geworden, weil sie befürchten, dass in Osteuropa die konjunkturelle Delle zeitverzögert noch kommen wird. Für diese Annahme spricht, dass die Eurozone der wichtigste Absatzmarkt für die osteuropäischen Länder ist und viele Euro-Länder sich bereits in einer Rezession befinden. Vor diesem Hintergrund rechnet die auf die Osteuropa-Region spezialisierte Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung für das laufende Jahr nur noch mit einem Wachstum von 1,5 Prozent für Zentraleuropa und für das Baltikum nach 4,3 Prozent im vergangenen Jahr. In Südosteuropa wird sich das Wirtschaftswachstum voraussichtlich von 6,5 Prozent auf 3,1 Prozent halbieren.
Rückblickend dürften es einige Länder inzwischen bereuen, dem Euro-Verbund noch nicht beigetreten zu sein. Hat die Finanzmarktkrise doch deutlich gemacht, wie anfällig der Finanzsektor in den neuen EU-Ländern noch ist. Auch mussten viele Länder ihre Währungen durch hohe Zinsen stabilisieren, obwohl aus konjunktureller Sicht niedrigere Zinsen angezeigt wären. Angesichts der momentan vorherrschenden Kursvolatilität dürfte es damit in der Regel auch so schnell nichts werden mit der Euro-Einführung. Zumal die Schwankungen des Devisenkurses während der vor der Euro-Einführung nötigen zweijährigen Probephase nicht aus einem Band von 15 Prozent ausbrechen dürfen. Auch dürfte es bei einer deutlichen Konjunkturabkühlung wegen der niedrigeren Steuereinnahmen schwierig werden, das vorgeschriebene Haushaltsdefizit von unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts einzuhalten.
Währungen auf dem Baltikum und dem Balkan scheinen gefährdet
Laut den Devisenexperten von Goldman Sachs werden die türkische Lire, die tschechische Krone und der polnische Zloty in diesem Jahr besonders unter den genannten Belastungsfaktoren leiden. Erst wenn sich die bestehenden außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte deutlich verringert haben, könnte es dieser Prognose zufolge wieder besser werden.
Aus unserer Sicht sind vor allem die Währungen der baltischen Staaten und der Balkan-Länder gefährdet. Selbst die an den Euro gekoppelten Währungen wie der lettische Lat oder der bulgarische Lev erscheinen längst nicht mehr als sicher. Vielmehr sind es gerade diese beiden Länder, die enorm hohe Leistungsbilanzdefizite aufweisen.
Unter Druck dürfte nach unserer Lesart aber auch der rumänische Leu bleiben. Der Leitzins von aktuell noch 10,25 Prozent bewirkt zwar einen satten Zinsvorsprung gegenüber der Euro-Zone, insbesondere nachdem die EZB ihren Leitzins eben erst auf zwei Prozent gesenkt hat. In den vergangenen Wochen und Monaten hat das Zinsargument aber nicht ausgereicht, um den Leu zu schützen. Was schwerer wiegt, ist der hohe externe Finanzierungsbedarf des Landes bei gleichzeitig nachlassenden Mittelzuflüssen aus dem Ausland, woraus ein anhaltender Abwertungsdruck auf die Währung resultiert.
Wegen dieser Konstellation rechnet RZB-Analyst Martin Stelzeneder mit einem sich fortsetzenden Druck auf den Leu, wobei er abhängig von dem am Markt vorherrschenden Sentiment eine Erholung nicht ausschließt. Bei der Unicredit heißt es zu diesem Thema, die Anpassung des Leistungsbilanzdefizits dürfte zu einer deutlich nachlassenden Binnennachfrage und einer schwächeren Währung führen. Auch sei der Leu im Vergleich zum Pro-Kopf-BIP relativ überbewertet. Daher wird mit einer vergleichsweise nachhaltigen Währungsschwäche 2009 und 2010 gerechnet. Zu denken gibt auch die Vorhersage der Analysten von DB Research, wonach die Auslandsverschuldung Rumäniens bei einer ausbleibenden Korrektur der Leistungsbilanz bis 2014 auf 92,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes steigen soll, was höher wäre als der aktuelle Wert Ungarns.
Leider ist uns kein Produkt bekannt, mit dem Privatanleger einfach gestrickt auf einen schwachen Leu setzen könnten. Wir verfolgen die Entwicklungen im Devisenbereich aber genau weiter und warten vielleicht demnächst mit einer weiteren Neuvorstellung für das Musterdepot aus diesem Bereich auf.
Quelle: Ostbörsen-Report
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