Werbung
Kommentar
09:53 Uhr, 25.11.2025

Aus dem ETF Magazin: "Fulminantes Comeback der Emerging Markets"

Aktien der Schwellenländer stehen wieder an der Spitze der Rendite-Liste. Doch nach jahrelanger Durststrecke haben die niedrig bewerteten Titel noch reichlich Luft nach oben, findet das ETF Magazin.

25. November 2025. MÜNCHEN (ETF Magazin). Zwischen 1987 und 2007 bewiesen sich Schwellenländeraktien als Kursraketen. Doch seitdem hinken sie deutlich hinterher: Nach der Finanzkrise hat der Welt-Aktienmarkt viermal so stark zugelegt wie die Aktien aus den Emerging Markets – obwohl die Unternehmensgewinne in den Emerging Markets ähnlich stark wuchsen wie in den Industrieländern. Doch jetzt scheint sich das Blatt zu wenden: Seit Jahresanfang liegen Schwellenländer-Aktien klar vorn. Auch die Gewinne der Schwellenländer-Unternehmen steigen inzwischen stärker. Diese Entwicklung könnte anhalten. Nachdme sie jahrelang gemieden wurden, sind nämlich Schwellenländeraktien noch immer ausgesprochen attraktiv bewertet.

Vor der Finanzkrise 2008 wurden Aktien der Emerging Markets mit einem ähnlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis wie der Weltmarkt gehandelt. Heute liegt ihre Bewertung fast ein Drittel darunter. Aktuell kommen die Aktien im MSCI Emerging Markets Index auf ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von rund 14. Im MSCI World Index beträgt das KGV 21. US-Aktien sind noch teurer. Beim langfristig erwarteten Gewinnwachstum liegen die Schwellenländer allerdings gleichauf. Analysten prognostizieren, dass die Gewinne der Schwellenländertitel mit knapp zehn Prozent pro Jahr genauso stark zulegen, wie die Unternehmensgewinne in den Industrieländern.

Bemerkenswert ist auch, dass der Anteil der Schwellenländeraktien an der globalen Marktkapitalisierung mit rund zehn Prozent heute genauso niedrig ist wie vor 30 Jahren – obwohl sich der Anteil der Schwellenländer an der Weltwirtschaftsleistung in diesem Zeitraum mehr als verdoppelt hat, auf heute 34 Prozent. Der Anteil der USA an der Wirtschaftsleistung erhöhte sich dagegen nur leicht von 25 Prozent auf 26 Prozent. Das Gewicht der US-Aktien im Weltmarkt verdoppelte sich jedoch fast, von 34 Prozent im Jahr 1995 auf heute rund 64 Prozent.

Das Comeback

„Jetzt ist es an der Zeit, die Allokation in Schwellenländeraktien wieder deutlich zu erhöhen“, appellieren vor diesem Hintergrund die Portfolio-Manager von Taunus Trust. Doch abgesehen von der wesentlich günstigeren Bewertung sprechen noch weitere Faktoren für ein Comeback der Schwellenländeraktien. Eine wichtige Rolle spielt etwa der schwächere US-Dollar. Historisch entwickelten sich die Emerging Markets bei fallendem Dollar überdurchschnittlich gut. Wenn der US-Dollar schwächer wird, hat das gleich mehrere Effekte, die Schwellenländer begünstigen. Viele Unternehmen und Staaten in den Emerging Markets nehmen Kredite in Dollar auf. Ein schwächerer Dollar reduziert automatisch ihre Schuldenlast. Gleichzeitig erhöht sich der Spielraum für Investitionen. Hinzu kommt der Kapitalfluss: Fällt der Dollar, verlieren US-Anlagen an relativer Attraktivität, während Investitionen in Schwellenländern gewinnen. Das führt zu höheren Kapitalzuflüssen, steigert die Liquidität an den dortigen Märkten und unterstützt die Aktienkurse.

Gleichzeitig bleibt der Binnenkonsum in vielen Schwellenländern stabil. In Indien etwa trägt er 60 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Das macht die indische Wirtschaft relativ immun gegen externe Schocks, wie beispielsweise die kürzlich erhöhten US-Zölle. Strukturreformen, Infrastrukturinvestitionen und Deregulierungen haben die indische Wirtschaft modernisiert. Viele indische Unternehmen überzeugen mit hohen Eigenkapitalrenditen und gutem Management.

Chinesische Aktien standen in den vergangenen Jahren unter Druck und bremsten damit auch die Entwicklung des breiten MSCI Emerging Markets Index. Aktien aus China kommen in diesem Index derzeit auf einen Anteil von fast 30 Prozent. Doch inzwischen hat sich an den Börsen in Shanghai und Shenzhen die Stimmung spürbar aufgehellt. Nicht ohne Grund: Chinas Aktien belasteten staatliche Eingriffe, die Immobilienkrise, schwache Konsumstimmung, Skepsis westlicher Investoren und natürlich der Handelskrieg mit den USA. „Doch die Ironie der Geschichte ist, dass die angestrebte Isolierung Chinas durch die USA das Gegenteil zu bewirken scheint“, sagen die Manager von Taunus Trust.
Während die USA zunehmend das globale Vertrauen in ihre Verlässlichkeit untergraben würden, habe sich China als Alternative positioniert. Das Land sei nun für viele ein wichtigerer Handelspartner als die USA. Seine Abhängigkeit von Rohstoffen und Technologien versuche China mit Investitionen und Partnerschaften abzuschwächen. Zudem würden sich in China oft Geschäftsmodelle finden, die denen der US-Marktführer ähneln, wobei jedoch die chinesischen Unternehmen deutlich günstiger bewertet seien.

China hat in der Tat seine einstige Rolle als „Werkbank der Welt“ längst hinter sich gelassen. Heute prägen dort innovative Unternehmen den Markt – von Plattformkonzernen im E-Commerce bis zu Anbietern von Cloud-Diensten und KI-Lösungen. Der chinesische Chatbot DeepSeek signalisiert, dass China auch beim Thema Künstliche Intelligenz mitreden will.

Auch Länder wie Taiwan und Südkorea sind längst nicht mehr nur Zulieferer, sondern stehen im Zentrum globaler Wertschöpfungsketten. Taiwan etwa produziert rund 90 Prozent der weltweit modernsten Halbleiter, die für Smartphones, Elektroautos oder Künstliche Intelligenz unverzichtbar sind. Auch in Südkorea sitzen führende Konzerne in den Bereichen Speicherchips, Displays und Batterien. Wer in Emerging Markets investiert, erhält also Zugang zu einem günstig bewerteten Technologie-Ökosystem, das für die Digitalisierung und die KI-Revolution unverzichtbar ist.

Die richtigen ETFs. Um eine sinnvolle Allokation in Schwellenländeraktien zu erreichen, kommen Anlegerinnen und Anleger mit einem Welt-ETF nicht ans Ziel. Der MSCI-World-Index enthält nur Aktien aus Industrienationen. Der MSCI-All-Country-World-Index (MSCI ACWI) beinhaltet zwar Aktien der Schwellenländer, doch sie bleiben auch in diesem Index mit insgesamt nur gut sieben Prozent Portfolio-Anteil deutlich unterrepräsentiert.

Am einfachsten lässt sich das Gewicht der Schwellenländer im Portfolio mit einem ETF auf den breiten MSCI-Emerging-Markets-Index erhöhen. Dieser Index umfasst knapp 1200 Aktien aus 24 Schwellenländern und deckt damit 85 Prozent der Schwellenländer-Marktkapitalisierung ab. Doch wie bei vielen anderen breiten Indizes bringt die große Anzahl von Titeln und Aktienmärkten nur begrenzte Diversifikation. 28 Prozent des Index-Portfolios stellen die zehn größten Aktien. Die Hälfte dieser Zugpferde sind wachstumsstarke Top-Titel aus China wie Tencent, Xiaomi und Alibaba. Ferner zählen zu den Top Ten einige erfolgreiche Technologie-Werte aus Taiwan und Korea: Taiwan Semiconductor, Samsung und SK Hynix. Ohnehin macht der Technologiesektor im MSCI Emerging Markets Index mit 25 Prozent inzwischen den größten Anteil aus. Damit liegt er heute knapp vor dem bislang am stärksten gewichteten Finanzsektor.

Von Uli Kühn, Oktober 2025, © ETF Magazin

Der Artikel stammt aus der aktuellen Ausgabe des ETF Magazins, dem Fachjournal für Profis und informierte Anleger*innen.