Kommentar
16:20 Uhr, 04.02.2005

Auftragseingänge – Jahresausklang mit Paukenschlag

1. Die Auftragseingänge im Dezember stiegen um 7,1 % im Vormonatsvergleich an. Mit diesem gesamtdeutschen Rekordanstieg hatten weder die von Bloomberg befragten Volkswirte (Median: 1,5 % mom) noch wir (1,2 % mom) gerechnet. Das Vorjahresniveau wird damit ebenfalls kalender- und saisonbereinigt um 7,1 % überschritten.

2. Der Einkaufsmanagerindex hatte schon einen guten Dezemberwert angekündigt, doch ein solcher Anstieg lässt sich nicht aus der Konjunktur oder aus einem Rückpralleffekt auf den schlechten November (-2,4 % mom) erklären. Es war eine ungewöhnliche Häufung von Großaufträgen sowohl aus dem Inals auch aus dem Ausland: Die Inlandsaufträge stiegen um 8,8 % mom, die Auslandsaufträge um 5,3 % mom.

3. Der Blick auf die Hauptgruppen zeigt das Ausmaß der Großaufträge noch deutlicher. Die Investitionsgüterproduzenten schrieben im Vergleich zum Vormonat 12,8 % mehr Aufträge in ihre Bücher, davon 17,8 % mom aus dem Inland und immerhin 8,9 % mom aus dem Ausland. Die anderen Hauptgruppen zeigten sich stark, aber nicht außergewöhnlich (Vorleistungsgüter 1,5 % mom, Konsumgüter 1,8 % mom).

4. Wie ist also der Dezember einzustufen? Zunächst muss man festhalten, dass er auch ohne Großaufträge ein guter Monat gewesen ist. Man sollte sich aber von den Großaufträgen nicht blenden lassen. Erstens wird es schon im kommenden Monat – trotz des erneut guten Einkaufsmanagerindex – zu einem bedeutenden Rückgang kommen. Der Rückprall wird mit Sicherheit bei den Investitionsgüterproduzenten zu sehen sein, die anderen Hauptgruppen könnten durchaus gute Ergebnisse liefern. Zweitens setzen sich Großaufträge nicht sofort in Produktion um. Diese werden je nach Produktionsfortschritt auf die folgenden Monate verteilt werden, in denen sie aber immerhin ein gewisses Fundament bilden. Für die in der kommenden Woche zu veröffentlichende Produktionstätigkeit im Dezember wird aber auch ein Brocken abfallen, weshalb wir ein Plus von 1,7 % mom erwarten.

5. Mit den Dezemberdaten liegt nun nicht nur das vierte Quartal, sondern auch das Jahr vollständig vor. Aufgrund der Großaufträge muss man bei der Interpretation der Daten zwar Vorsicht walten lassen, aber einiges lässt sich dennoch sagen. Zunächst zeigte sich auch im vierten Quartal trotz des starken Dezembers eine schwache Auslandsnachfrage: Sie sank um 0,1 % qoq, nachdem sie schon im dritten Quartal nur um 0,4 % qoq zugenommen hatte. Dies ist enttäuschend, da sich die Weltwirtschaft im Quartalsvergleich in diesem Quartal sogar etwas stärker gezeigt hatte. Die Inlandsnachfrage konnte dagegen um starke 3,1 % qoq expandieren, wobei allein 2,9 Prozentpunkte auf den durch Großaufträge beflügelten Dezember entfallen.

6. In der Jahresdurchschnittsbetrachtung zeigt sich die Konsumschwäche in Deutschland. Aufgrund rückläufiger Inlandsaufträge nahmen die Auftragseingänge in der Konsumgüterindustrie nur um 0,3 % zu. Den größten Anstieg verzeichneten die Investitionsgüterproduzenten, die von der starken weltwirtschaftlichen Entwicklung spürbar profitierten. Aus Sicht der Industrie war 2004 mit Sicherheit kein schlechtes Jahr: Die Auftragseingänge nahmen kalender- und saisonbereinigt seit 1992 nur in drei Jahren (1994, 1997, 2000) stärker zu. Dass die deutsche Volkswirtschaft nicht mehr daraus machen konnte, muss der Bauwirtschaft und den Dienstleistungsbereichen zugeschrieben werden.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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