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09:56 Uhr, 27.01.2006

Aufschwung in Japan geht weiter

Für Lilian Haag, seit September 2004 wieder Fondsmanagerin des DWS Japan Fonds, geht der Aufschwung am Kabuto-Choauch 2006 weiter. Smaller Caps dürften dabei weiterhin die Nase vorn haben:

e-fundresearch: Japanische Aktien entwickelten sich dieses Jahr besser als alle anderen entwickelten Weltregionen. Wird dieser Trend auch 2006 noch weitergehen?

Lilian Haag: Japan hat viele strukturelle Probleme aus den 90er Jahren in den Griff bekommen, Überkreuzbeteiligungen wurden abgebaut und das marode Bankensystem saniert, der Anteil fauler Kredite erheblich gesenkt und die Bankbilanzen bereinigt. Erfolgreiche Restrukturierungs- und Kostensenkungsprogramme führten zu deutlichen Profitabilitätssteigerungen innerhalb des Unternehmenssektors. Die gute Ertragslage zeigt sich in Dividendenerhöhungen, Aktienrückkaufprogrammen und erhöhten M&A-Aktivitäten. Sinkende Arbeitslosigkeit und erstmals seit Jahren wieder steigende Löhne sollten sich positiv auf den privaten Konsum auswirken.

Ferner prognostiziert die Bank of Japan für 2006 das Ende der langjährigen Deflation. Steigende Konsumnachfrage, weiterhin stabile Investitionen der japanischen Unternehmen und positive Sentimentindikatoren (Tankan Bericht) sprechen für eine weiter positive Entwicklung der japanischen Wirtschaft. Darüber hinaus profitiert Japan von der geografischen Nähe zu den Wachstumsregionen Asiens (z.B. China und Indien). Der Anlageraum Japan bleibt damit auch 2006 sehr attraktiv.

USA und China als Risikofaktor

e-fundresearch: Welche Rolle spielt bei dieser Entwicklung eigentlich das Faktum, dass die japanische Börse die niedrigste Korrelation zu globalen/US/europäischen Aktien weltweit aufweist?

Lilian Haag: Japan hat großen Nachholbedarf. Während der Neunzigerjahre steckte das Land permanent in der Deflation. Es erlebte die Bankenkrise und die Industrie wurde ausgehöhlt, weil immer mehr Tätigkeiten ins übrige Asien ausgelagert wurden. Dies hat der Nachfrage am Binnenmarkt enorm geschadet. Gute makroökonomische Daten, weitere politische Reformbestrebungen, strukturelle Veränderungen auf Mikroebene, gute und stabile Unternehmensgewinne sind klare Zeichen, das die Probleme der 90er Jahre hinter uns liegen und Japan sich nicht nur in einer zyklischen sondern auch in einer strukturellen Erholungsphase befindet. Diese Tatsachen lassen den Anlageraum Japan für Investoren weiterhin sehr attraktiv erscheinen. Ob sich Japan allerdings insbesondere von der wirtschaftlichen Entwicklung der USA völlig lösen wird ist fraglich. Historisch gesehen bleibt es bei einer wenn auch niedrigen Korrelation. Ein von einigen Marktbeobachtern immer wieder erwähntes Decoupling – Szenario sollte nicht durchkommen. So gehört zu Hauptrisiken des japanischen Aufschwungs mit Sicherheit eine Abschwächung der globalen Wirtschaft allen voran in den USA oder auch China.

e-fundresearch: Obwohl die fundamentale Situation der Unternehmen momentan sehr gut ist, steht das Land selbst zukünftig vor großen Herausforderungen (Budgetdefizit, Schuldenstand, Demografie, etc.). Wie wird sich das mittel/langfristig auf die Entwicklung japanischer Aktien auswirken und wo sehen Sie die Hauptrisiken für diese Assetklasse?

Lilian Haag: Bleiben wir erstmal beim Beispiel Demografie. Auf lange Sicht kann eine überalterte Gesellschaft ein Nachteil für die Wirtschaft sein, da sie hohe Kosten verursacht und die Leute sparen statt Geld auszugeben. Doch wer sich im Moment darauf konzentriert verpasst die Dynamik, die gegenwärtig am japanischen Konsummarkt herrscht. Die Generation, die jetzt in den Ruhestand geht, ist enorm reich und die Renten dieser Leute sind noch zu 100% sicher. Das ergibt eine riesige Kaufkraft, denn die über Sechzig- und Siebzigjährigen wollen einen angenehmen und sorglosen Lebensabend verbringen. Gleichzeitig macht die ältere Generation am Arbeitsmarkt Jüngeren Platz. In den nächsten Jahren werden 9% der Arbeiter und Angestellten im Inselreich in den Ruhestand treten. Das schafft viel Raum für die Zwanzig- und Dreissigjährigen, die nachdrängen.

Die Hauptrisiken liegen für 2006 neben einer globalen wirtschaftlichen Abkühlung insbesondere in den USA oder China vor allem in einer zu frühen geldpolitischen Straffung durch die Bank of Japan (BoJ). Die BoJ – Mitglieder haben sich zuletzt verstärkt optimistisch hinsichtlich der Konjunkturentwicklung und insbesondere bzgl. des nahenden Deflationsendes gezeigt. Der Konsensus erwartet Ende 2006 / Anfang 2007 das Ende der Nullzinspolitik. Ferner muss die Regierung die angesprochene Staatsverschuldung in den Griff bekommen und wird früher oder später Steuererhöhung durchsetzen müssen. Hier ist zu hoffen, dass die Regierung nicht den gleichen Fehler macht wie schon mal in den Neunzigern und wie damals die Steuern zu früh und zu kräftig anhebt und damit Konjunkturerholung erstickt.

"Raum für positive Überraschungen gegeben"

e-fundresearch: Mit welchem Gewinnwachstum rechnen Sie 2006 bei japanischen Aktien (etwa für den TOPIX)?

Lilian Haag: Konservative Schätzungen gehen für den Topix von einem Gewinnwachstum von 7% für 2006 aus. Dies lässt unserer Meinung nach in Unternehmensberichten aber noch einigen Spielraum für positive Überraschungen bzw. Gewinnrevisionen nach oben.

Langfristiger Turnaround eingeleitet

e-fundresearch: Sind nach den Kursanstiegen im dritten und vierten Quartal 2005 japanische Aktien jetzt nicht schon teuer und warum halten sich inländische Investoren im Vergleich zu ausländischen Anlegern noch zurück?

Lilian Haag: Auch wenn eine Korrektur nach der starken Aufwärtsbewegung der vergangenen Monate nicht auszuschließen ist, so sind die Fundamentaldaten im Gegensatz zu früheren zyklischen Erholungen Japans diesmal auf langfristigen Turnaround ausgerichtet. Sinkende Arbeitslosigkeit und erstmals seit Jahren wieder steigende Löhne sollten in steigendem Konsum resultieren. Ein Ende des Deflationsszenarios in Japan (und ein Ende der Null-Zins-Politik) wird Ende nächsten Jahres erwartet. Und auch die inländischen Investoren werden im kommenden Jahr verstärkt in den japanischen Aktienmarkt einsteigen. Die zu beobachtenden Handelsvolumina in Japan geben jedenfalls Anlass dafür, dass sich mehr und mehr Investoren der optimistischen Betrachtungsweise angesichts der Datenlage in Japan nicht mehr verschließen.

Finanz- und Immobilienwerte im Fokus

e-fundresearch: In welchen Sektoren finden Sie zurzeit die attraktivsten Unternehmen?

Lilian Haag: Von dem zu erwartenden Ende der Deflation sollten in erster Linie Finanz- und Immobilienwerte profitieren. Ferner sollten insbesondere Aktien der Investitionsgüterindustrie und ausgewählte Konsumwerte an der japanischen Konjunkturerholung partizipieren. Um von der Wachstumsregion Asien zu profitieren investieren wir in die entsprechenden Exportwerte.

Smaller Caps: Die Outperformance geht weiter

e-fundresearch: Small Caps waren auch 2005 wieder die großen Gewinner in Japan. Wie lange wird diese starke relative Outperformance vs. Large Caps noch weitergehen?

Lilian Haag: Wir glauben an eine strukturelle & inländisch gestützte Erholung der japanischen Volkswirtschaft und dann muss der Unterschied zu den bisherigen zyklischen Erholungen in Japan in einer vom Mittelstand getriebenen Erholung liegen, was bedeuten würde, dass mid/small caps, aufgrund ihres größeren „Hebels“ auf der Unternehmensgewinnseite Large Caps tendenziell weiter outperformen könnten. Der letzte Tankan bestätigte die positive Entwicklung im japanischen Mittelstand. Auch wenn sich durch die starke Kursentwicklung der Small und Mid Caps die Bewertungsabschläge zu den Blue Chips deutlich verringert haben, so sollten die konjunktursensibleren kleineren Werte in den kommenden Monaten von der strukturellen und wirtschaftlichen Erholung Japans genau wie Large Caps weiter profitieren.

e-fundresearch: Mit welcher langfristigen Performance können Anleger bei japanischen Standardwerten rechnen und welches Outperformanceziel haben Sie? (in den letzten 13 Jahren erzielte der DWS Japan Fonds eine Rendite von 8% bei einer Standardabweichung von 21 Prozent / TOPIX: 3 Prozent bei 16 Prozent Vola).

Lilian Haag: Unser Ziel ist es unsere Benchmark, in diesem Fall den Topix, wie in der Vergangenheit klar zu schlagen. Um dieses Ziel zu erreichen, investiert der Fonds in attraktive Qualitätstitel mit bewährtem Geschäftsmodell, gutem Management und Aktien deren Wachstumspotenziale noch nicht vollständig von den aktuellen Bewertungen widergespiegelt werden.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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