Auf Erholungskurs - Lateinamerikas Binnennachfrage
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Für global anlegende Investoren gehört Lateinamerika unseres Erachtens zu den attraktivsten Anlageregionen. Auch im nunmehr fünften Jahr mit starker Wertentwicklung besticht der lateinamerikanische Kontinent im Vergleich mit anderen Regionen durch eine Kombination aus niedrigeren Gewinnvielfachen und höherem Gewinnwachstum. Gleichzeitig nimmt auch das Binnenwachstum Fahrt auf. Und mit ihm erleben wir eine wieder auferstehende lateinamerikanische Mittelklasse, insbesondere in Brasilien und Mexiko.
Neugewonnene volkswirtschaftliche Stabilität
Lateinamerika erntet derzeit die Früchte einer stabilen Volkswirtschaft. Diese verdankt man nicht zuletzt dem strukturellen Wandel im öffentlichen Sektor, durch den viele Probleme der letzten Jahre nun der Vergangenheit angehören. Noch vor wenigen Jahren etwa schwankte der Wert lokaler Währungen wie ein Schiff im Sturm. Die Inflation erreichte, wohlgemerkt auf Monatsbasis, leicht zweistellige Werte. Ganz anders die Lage heute, in der niedrige Inflationsraten, gegenüber dem US-Dollar aufwertende Währungen und niedrige Schuldenniveaus im privaten und öffentlichen Sektor von volkswirtschaftlicher Stabilität zeugen.
Ein gutes Beispiel für die neue Ära ist Brasilien, wo nach Jahren der Hyperinflation eine erfolgreiche Zentralbankpolitik den Preisauftrieb auf Tiefstände drückte. Die Auswirkungen sind enorm: Neben einer sinkenden Arbeitslosigkeit und steigenden Reallöhnen führten niedrigere Zinsen zu einer besseren Kreditverfügbarkeit und günstigeren Konditionen, sodass die Wirtschaft am Zuckerhut schneller wachsen kann.
Brasiliens Zinslockerungen haben die breite Wirtschaft erreicht
Immer noch sehen viele Lateinamerika vor allem als einen riesigen Rohstoffmarkt. Zunehmend aber wird aus unserer Sicht auch die Binnenwirtschaft attraktiver. In Brasilen etwa kehren wegen sinkender Anleiherenditen inzwischen auch einheimische Anleger an die Aktienbörsen zurück. In den letzten Jahren gehörten die Zinssätze des Landes zu den höchsten der Welt, weshalb immer mehr inländische Investoren dem Binnenmarkt den Rücken kehrten. Im September 2005 aber läutete die brasilianische Zentralbank ihren aktuellen Lockerungszyklus ein, der sich wohl auch nächstes Jahr fortsetzen wird. Über drei Jahre dauernde Zinssenkungen dürften die Verbraucher schließlich dazu bewegen, wieder mehr zu konsumieren und damit den Weg für die wirtschaftliche Erholung des Landes freizumachen. Von diesem Aufschwung und wachsenden Mittelschichten dürften am stärksten einheimische Branchen wie Einzelhändler, Finanzdienstleister und Immobilienentwickler profitieren.
Handelsunternehmen kommt neue Mittelklasse zugute
Handelsketten wie Lojas Renner und Lojas Americanas profitieren aber nicht nur von steigenden Einzelhandelsumsätzen. Über Gemeinschaftsunternehmen mit Finanzinstituten versorgen sie ihre Konsumenten auch mit Kreditkarten. Für die Handelsunternehmen ist dies eine große Wachstumschance, ebenso wie für die kooperierenden Banken und Finanzdienstleister. Schließlich können Kunden in den Kaufhäusern nicht nur Kreditkarten erwerben, das Angebot ist erweiterbar auf andere Finanzprodukte wie Versicherungen und Vermögensverwaltungsdienstleistungen.
In Chile erzielen Einzelhändler schon heute 30 bis 40 Prozent ihres Nettogewinns über ihre Finanzsparten. Ähnliche Möglichkeiten zeichnen sich auch in Brasilien ab. Ein weiteres wichtiges Wachstumsfeld für Handelsunternehmen ist die landesweite Expansion. Lojas Renner, die größte Warenhauskette Brasiliens, hat ihre Verkaufsflächen über die bestehenden Standorte in Südbrasilien hinaus aggressiv erweitert. Die Expansion erfolgte zunächst in den Südosten des Landes, wo die Metropolen Sao Paulo und Rio de Janeiro liegen. Inzwischen betreibt der Handelskonzern auch Kaufhäuser im Nordwesten Brasiliens, wo er kaum auf ernsthaften Wettbewerb trifft. Vom Anstieg der Konsumausgaben profitieren aber auch Stahlhersteller wie Usiminas, die über 70 Prozent ihres Umsatzes in diesem Jahr auf dem einheimischen Markt erzielen werden. Zu den Kunden gehören Fahrzeug- und Haushaltsgerätehersteller, denen die steigende Verbrauchernachfrage und die größere Verfügbarkeit von Verbraucherkrediten zugute kommen.
Boom bei Verbraucherkrediten
Sinkende Zinsen machen sich in Brasilien zunehmend auch im Finanzsektor positiv bemerkbar, wo die Kreditvergabe seit einiger Zeit rasant wächst. Immer schneller wächst die Verbraucherkreditvergabe, die 2007 das dritte Jahr in Folge Wachstumsraten von 20 bis 25 Prozent erzielen dürfte. Aber immer noch macht das Kreditvolumen erst 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus. Bei Hypotheken beträgt die Quote sogar weniger als zwei Prozent. In den kommenden Jahren ist hier mit weiteren Zuwächsen zu rechnen. Lateinamerikanische Finanzdienstleister dürften also auch künftig starke Gewinne einfahren und ihre führende Position unter den Schwellenländerbanken in Bezug auf die Eigenkapitalrendite verteidigen.
Vor allem Hypotheken stehen im Fokus brasilianischer Banken. In Brasilien werden heute 20-jährige Hypotheken mit Zinsen um 13 Prozent angeboten. Auch wenn das nach wie vor sehr hoch ist, rückt es den Traum vom Eigenheim für viele Familien aus der Mittelschicht erstmals in greifbare Nähe.
Die Hypothekenzinsen könnten innerhalb der nächsten zwei Jahre sogar in den einstelligen Bereich fallen, und die Erfahrung aus Mexiko zeigt, dass dadurch die Nachfrage stark angeheizt wird. Entsprechend groß ist das Interesse am brasilianischen Immobilienmarkt.
Vor drei Jahren war noch kein einziger Immobilienwert am brasilianischen Aktienmarkt notiert, heute sind es mehr als 15 Titel, und viele andere erwägen Anteilsverkäufe. Derzeit hat kein Immobilienunternehmen einen hohen Marktanteil, weshalb mit einer gewissen Konsolidierung am Markt zu rechnen ist.
All diese börsennotierten Immobilienfirmen werden ihr Geschäft in diesem und dem kommenden Jahr verdoppeln können. In den Folgejahren sind immer noch Wachstumsraten von 30 bis 50 Prozent realistisch. Erst danach dürfte sich das Wachstum in den Bereich um die 15 Prozent abschwächen. Firmen wie Cyrela und Gafisa haben sich als führende Anbieter herauskristallisiert. Aber je stärker die Unternehmen in den Bereich der mittleren Einkommen vordringen, umso größere Geschäftschancen tun sich auf.
Wegen boomender Binnenwirtschaft bleiben Aktienbewertungen attraktiv
In Brasilien zeichnet sich eine Fortsetzung der starken makroökonomischen Entwicklung ab. So dürften die Zinsen weiter fallen, was sich positiv auf die Gesamtwirtschaft, aber auch auf Kreditverfügbarkeit und –konditionen auswirken dürfte. Bestärkt wurden die Investoren in ihrer optimistischen Einschätzung zum Ausblick Brasiliens unlängst auch durch die Meldung, dass die Ratingagentur Standard & Poor’s das Länderrating auf BB+ angehoben hat. Hiermit war zwar allgemein gerechnet worden. Für eine angenehme Überraschung sorgte indes, dass S&P den Ausblick Brasiliens bei „positiv“ beließ, statt ihn auf „neutral“ zurückzunehmen. Viele Marktteilnehmer hoffen nun, dass Brasiliens Länderrating bereits im ersten Halbjahr 2008 in die beste Kategorie hochgestuft wird.
Mit der neuen einkommensstarken Mittelschicht verfügt Brasilien in den nächsten Jahren über einen starken Wachstumstreiber.
Einheimische Investoren weiten ihr Engagement an den lokalen Finanzmärkten langsam, aber sicher wieder aus. Auf diese Weise entsteht vor allem in Brasilien und Mexiko eine stabile Käuferbasis an den Aktienbörsen, ähnlich wie zuvor schon in Chile.
Für Investoren bleibt Lateinamerika eine attraktive Anlageregion, die nicht nur vom starken Rohstoffzyklus, sondern zunehmend auch vom Binnenwachstum profitiert.
Quelle: Black Rock Merrill Lynch
BlackRock Merrill Lynch Investment Managers ist eine der größten börsennotierten Investment-Management-Firmen weltweit. Per Ende Juni 2006 beliefen sich die verwaltete Kundengelder von BlackRock und MLIM insgesamt auf 1,046 Billionen US-Dollar. Das Unternehmen verwaltet Vermögenswerte für institutionelle und private Investoren weltweit mit einer breiten Palette von Anlageprodukten aus den Bereichen Aktien, festverzinsliche Wertpapiere, Geldmarkt- und alternativen Investments.
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