Kommentar
10:38 Uhr, 22.02.2018

Auf auf zum Arbeitskampf!

Arbeitsniederlegungen sind heute so selten wie nie. Viele sehen das als Grund dafür, dass die Löhne nicht mehr steigen. Also auf in den Arbeitskampf?

Gewerkschaften verlieren bei uns ebenso wie in den USA Mitglieder. Wegen weniger Mitgliedern wird aber auch nicht notwendigerweise gleich weniger gestreikt. Es gibt in Deutschland einen leichten Abwärtstrend. Dieser ist in den USA allerdings sehr viel stärker ausgeprägt.

Grafik 1 zeigt dazu die jährliche Anzahl an Arbeitsniederlegungen in den USA, bei denen mindestens 1.000 Personen beteiligt waren. Die Anzahl sinkt seit Jahrzehnten. Seit Beginn der Datenerhebung im Jahr 1947 geht der Trend nach unten. Der bisherige Spitzenwert wurde im Jahr 1952 mit 470 Arbeitsniederlegungen registriert.


Stellt man den Arbeitskämpfen nun das Lohnwachstum gegenüber, kann man eigentlich keinen Zusammenhang feststellen. Das Lohnwachstum war früher höher, aber das lag vor allem auch an höherer Inflation. Die Reallohnentwicklung (Grafik 2) lässt bis zu einem gewissen Grad sogar den Schluss zu, dass Arbeitsniederlegungen und Lohnwachstum negativ korreliert sind.

Die Daten lassen keinen belastbaren Schluss darüber zu, ob die Korrelation negativ oder positiv ist. Auch aus logischen Gesichtspunkten gibt es für beides Argumente. Wer nicht für seinen Lohn auch einmal auf die Straße geht, kann nicht erwarten, dass Unternehmen freiwillig mehr zahlen. Andererseits drohen Stellen gestrichen und ins Ausland verlagert zu werden, wenn permanent gestreikt wird und die Löhne zu stark steigen.

Die Globalisierung macht es Unternehmen immer leichter Arbeitsplätze zu verlagern. Das muss nicht einmal eine Verlagerung auf einen anderen Kontinent sein. Die östlichen EU-Länder haben ein teils deutlich geringeres Lohnniveau als Arbeitnehmer in Deutschland. So ähnlich sieht es in den USA mit dem Nachbarland Mexiko aus.

Die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer ist durch die Globalisierung sicherlich begrenzt worden. Wer überzeichnete Forderungen stellt, bekommt am Ende möglicherweise gar nichts und riskiert, dass Arbeitsplätze unwiederbringlich verschwinden. Genau davor haben viele Angst.

Ob es im Einzelfall wirklich dazu kommt, darf man bezweifeln. Die meisten Jobs sind heute nicht mehr in der Produktion von einfachsten Gegenständen, für die man keine Qualifikationen braucht. Auch lassen sich viele Dienstleistungsjobs nicht so einfach verlegen, wenn das Personal vor Ort sein muss, um die Arbeit zu erledigen.

Es gibt genug Gründe, weshalb Arbeitsniederlegungen heute noch genauso erfolgreich sein können wie vor 50 Jahren. Ob sie etwas nutzen, lässt sich jedoch hinterfragen. Es gibt keinen offensichtlichen Zusammenhang aus Lohnentwicklung und Streikgebaren. Dafür lässt sich ein vager Zusammenhang aus Streikaktivität und Lohnanteil ausmachen (Grafik 3).

Bis in die 80er Jahre hinein waren Arbeitsniederlegungen und Lohnanteil am Gesamteinkommen einer Volkswirtschaft eng miteinander verbunden. Die Reallöhne stiegen deswegen zwar nicht notwendigerweise wie Grafik 2 zeigt, doch die Verteilung der Einkommen war gerechter.

Ob sich daraus nun schließen lässt, dass die Einkommensverteilung ungerechter geworden ist, weil niemand mehr kämpft, sei dahingestellt. Geholfen hat es wohl nicht. Die Angst vor Arbeitsplatzverlust ist vermutlich auch deutlich überzogen. Vielleicht wird es einmal wieder Zeit, dass Amerikaner die Arbeit niederlegen. Es ist ja nicht so, dass nicht fast die Hälfte der Bevölkerung unzufrieden wäre.

Clemens Schmale

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Über den Experten

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Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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