Kommentar
12:06 Uhr, 14.05.2015

Athen kratzt die letzten Notgroschen zusammen

Die griechische Regierung hat ihre Notreserven angegriffen, um der drohenden Pleite zu entgehen. Um eine fällige Rate von 756 Mio. € an den Internationalen Währungsfonds (IWF) bedienen zu können, entnahm Athen seinem Notfall-Konto beim IWF rund 650 Mio. €. Da das Konto, das eigentlich für den Fall von Naturkatastrophen vorgesehen ist, im Juni wieder aufgefüllt werden muss, steigen die Verpflichtungen, die Griechenland allein an den IWF zu zahlen hat, auf knapp 2,2 Mrd. €. Angesichts dieser wiederholt unseriös anmutenden Finanzakrobatik griechischer Prägung erhöht sich die Unsicherheit an den Rentenmärkten. So rechnen die Akteure im Grunde mit zwei Szenarien:

Entweder wird weiterhin Geld in die Haushaltslöcher der Hellenen gepumpt, was keine nachhaltige, echte Lösung darstellen würde. Oder die Märkte werden eines Tages – etwa an einem Freitag nach Börsenschluss – mittels Eilmeldung mit der griechischen Staatspleite konfrontiert. Beides ist möglich.

Aber es wird verhandelt und der Druck auf Hellas nochmals erhöht. So will die Eurogruppe innerhalb der kommenden drei Wochen einen Kompromiss mit Griechenland über das verlangte Reformpaket erreichen. Da die Kassen in Athen leer sind und eine Abmachung noch in mehreren nationalen Parlamenten - wie dem Deutschen Bundestag - gebilligt werden muss, muss die Einigung bis Anfang Juni in trockenen Tüchern sein. Ein solcher Deal über die Reformliste ist Voraussetzung für die Auszahlung der blockierten 7,2 Mrd. € an Kredithilfen für Athen. Damit steht Athen – mal wieder – vor einem entscheidenden Datum und kommt täglich dem Abgrund einen Schritt näher.

Zu beachten ist aber auch, dass die Europäische Zentralbank (EZB) im Gegensatz zu 325 griechischen Bürgermeistern, die sich verweigerten, Ihre liquiden Mittel zu übertragen, immer noch mitspielt. Denn zum wiederholten Mal hat die Zentralbank die ELA-Notkredite („Emergency Liquidity Assistance") an griechische Banken erhöht – und zwar diesmal um 2 auf 81,0 Mrd. Euro. Eine erzieherische Maßnahme gegenüber der griechischen Regierung sieht sicherlich anders aus!

BaFin nimmt kleine Banken unter die Lupe

Die Finanzaufsicht BaFin plant einen Stresstest für kleinere Kreditinstitute. Nachdem die 20 größten deutschen Geldhäuser bereits im vergangenen Jahr von der Europäischen Zentralbank (EZB) einer Überprüfung unterzogen worden waren, kündigte BaFin-Präsident Felix Hufeld nun einen Stresstest für Sparkassen und Volksbanken sowie Versicherer an.

Hintergrund der neuen Stresstests, die für 2016 anstehen, sind die zunehmenden Belastungen durch die Minizinsen sowohl für kleinere Banken als auch für Versicherer. So haben zahlreiche Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken einen Großteil ihres Geschäftsmodells auf ihre Zinserträge aufgebaut, die angesichts der anhaltenden Niedrigzinsphase abzuschmelzen drohen. Traditionell macht der Zinsüberschuss bei den kleinen Instituten rund zwei Drittel ihrer operativen Erträge aus. Genau genommen hat die Übung nur „Stresstestcharakter“, weil keine Kriterien bekannt gegeben werden und es damit auch keine Durchfaller geben wird. Dennoch hat der Ansatz der BaFin seine Berechtigung, weil die Finanzmarktstabilität auf dem Spiel steht.

Die EZB beaufsichtigt seit November die führenden Banken im Euroraum direkt. Die BaFin ist als nationale Aufsichtsbehörde gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank für etwa 1.600 mittlere und kleinere Banken zuständig, vor allem für Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken.

Mit Blick auf die Versicherer sei es absehbar, dass diese die schärferen europäischen Kapitalanforderungen („Solvency II") nur mit erheblicher Anstrengung schaffen werden, sagte Hufeld. Und sollten die Zinsen weiter so niedrig bleiben, würde die BaFin mit mehreren Unternehmen das tun, was der FC Bayern in dieser Woche bei Lionel Messi erst gar nicht versucht hatte: Sie in Manndeckung zu nehmen – aufsichtsrechtlich, versteht sich. Dies dürfte nach seiner Einschätzung rund zehn Institute betreffen. Allerdings hält der BaFin-Chef die deutsche Versicherungswirtschaft weiterhin „als Ganzes für widerstandsfähig“. Ein anderes Fazit wäre allerdings auch fahrlässig und verheerend.

Fangen sich die Kurse von Bundesanleihen nur vorübergehend?

Die Talfahrt scheint vorerst gestoppt. Nachdem der für den Anleihemarkt richtungsweisende Euro-Bund-Future am vergangenen Donnerstag bis auf 151,44% abgestürzt war, konnte er sich im Verlauf des Tages auch wieder auf ca. 154,00% erholen. Diese ungewohnte Volatilität beim Sorgenbarometer setzte sich auch zu Beginn der neuen Handelswoche fort. So ergab sich eine Handelsrange zwischen 152,27% und 155,03%. Am gestrigen Mittwoch war das Geschehen an den Rentenmärkten von leichten Kursgewinnen bei den Bundesanleihen geprägt. Denn insbesondere die Nachrichten von einer überraschend starken Abschwächung des deutschen Wirtschaftswachstums im 1. Quartal 2015 sorgten nach dem jüngsten Absturz beim Bund-Future für diese ersten Stabilisierungstendenzen auf dem Niveau von 153,86 Punkten.

Allerdings sieht am heutigen Feiertag die Welt schon wieder ganz anders aus. Der Euro-Bund-Future notiert bei 152,70% und die zehnjährige Bundesanleihe rentiert aktuell mit rund 0,73%, nachdem dieser Wert vor knapp vier Wochen noch bei 0,05% lag. Man kann die Entwicklung durchaus als technische Gegenbewegung im Rahmen einer normalen Marktreaktion betrachten. Zu viele Akteure haben sich vielleicht bisher auf die Europäische Zentralbank (EZB) und ihre expansive Geldpolitik verlassen. Doch hierbei darf man nicht vergessen, dass die 60 Mrd. €, die seitens der EZB im Rahmen ihres Aufkaufprogramms monatlich in die Märkte gepumpt werden, angesichts eines Billionen schweren Volumens der Rentenmärkte insgesamt doch einen eher relativ kleinen Umfang darstellen und sich somit nur bedingt als Stütze eignen.

Als eine Ursache für den Abwärtstrend bei Staatsanleihen gilt die Erwartung, dass die Verbraucherpreise wieder stärker steigen werden und die Konjunktur anzieht. Mit anderen Worten, die Inflationserwartungen erhöhen sich und das nachdem noch in den vergangenen Monaten erwartet worden war, dass die Preise auf breiter Front und über einen längeren Zeitraum sinken könnten.

Vor diesem Hintergrund kann auch ein Absacken des Bund-Futures auf ein Niveau von 140% nicht kategorisch ausgeschlossen werden. Aus rein technischer Sicht würde dies einer technischen Reaktion auf 66,6% (Fibonacci) entsprechen. Die Rückkehr zu einem Zinsniveau, wie man es früher gewohnt war, ist mit der jüngsten Talfahrt der Anleihekurse freilich noch nicht eingeläutet. Zu hoch sind zahlreiche Staaten in Euroland verschuldet, um eine solche Situation verkraften zu können. Allerdings könnte ein Bund-Future bei 140% auch so manche Bank, deren Portfolio mit Bundesanleihen vollgestopft ist, zu Wertberichtigungen zwingen, die ihre Eigenkapitalstärke auf die Probe stellen würde.

Chinas Notenbank in der Zwickmühle

Die Notenbank in Peking steckt in der Zwickmühle. Einerseits will die People’s Bank of China der Konjunktur Impulse geben, andererseits muss sie der ausufernden Kreditvergabe Herr werden. So hat Chinas Notenbank den Leitzins innerhalb eines halben Jahres zum dritten Mal gesenkt, um die Wirtschaft anzukurbeln. Denn der Schlüsselzins ist erst jüngst von 5,35% auf 5,1% gesenkt worden. Die Währungshüter in Peking versuchen mit der geldpolitischen Lockerung eine harte Landung der chinesischen Wirtschaft nach den Boom Jahren zu vermeiden. Der Markt für Kommunalanleihen sollte es den chinesischen Kommunen eigentlich erlauben, teure Bankkredite zu umgehen.

Doch es finden sich kaum Käufer für die Anleihen der hochverschuldeten Kommunen. Somit plant die chinesische Regierung weitere Eingriffe ins Finanzsystem, um den Kommunen zu helfen. Diese sitzen auf einem Schuldenberg von rund drei Billionen Dollar (knapp 2,7 Billionen €), womit insbesondere zahlreiche Infrastrukturprojekte finanziert worden sind. Um allen Beteiligten mehr Spielraum zu verschaffen, sollen nun auch Kommunalanleihen bei der chinesischen Notenbank als Sicherheiten hinterlegt werden können, wenn sich Finanzinstitute frisches Geld von der Zentralbank holen wollen. Dies entspricht einer Aufwertung dieser Papiere, die damit attraktiver für Banken und Fonds werden.

Somit wandelt nun auch die People’s Bank of China auf den ausgetretenen Pfaden der westlichen Notenbanken!

Vorfreude auf den Vatertag lässt Primärmarkt austrocknen

Auch in dieser Woche kann die Emissionstätigkeit am Primärmarkt als sehr überschaubar bezeichnet werden. Dies ist sicherlich dem heutigen, bundesweiten Feiertag und der Möglichkeit eines verlängerten Wochenendes geschuldet. Denn um den Erfolg einer Neuemission nicht zu gefährden, werden solche Termine bei der Planung, die sehr langfristig ist, sinnvollerweise ausgeklammert.

Allerdings gab es auch Verwegene, die sich gegen diesen Trend stellten und von ihrer Platzierungskraft überzeugt waren. So emittierte Würth Finance, die Finanztochter der Würth Group einen 500 Mio. € schweren Bond (A1Z1P4) mit einer Laufzeit von sieben Jahren (19.05.2022). Das Papier bietet Investoren eine nominale Verzinsung in Höhe von 1% und wurde mit 99,738% gepreist, was einem Emissionsspread von +45 bps über Mid Swap entsprach. Für den Bond wurde eine kleinste handelbare Einheit von nominal 1.000 € gewählt, was ihn für Privatanleger interessant machen soll.

Ferner refinanzierte sich das in der Automobilzulieferindustrie tätige Unternehmen Mahle GmbH mittels einer Anleihe (A161HE) über 500 Mio. € ebenfalls für sieben Jahre (15.05.2022). Der Bond bietet bei einer Stückelung von nominal 1.000 € einen jährlichen Zinssatz in Höhe von 2,375%. Die Anleihe wurde bei +180 bps über Mid Swap gepreist. Dies entspricht einem Reoffer von 99,682%.

Beide beschriebenen Anleihen besitzen derzeit noch kein Rating und somit fehlt eine neutrale Aussage über die Bonität der Emittenten.

Klaus Stopp, Leiter Skontroführung Renten der Baader Bank

Rechtliche Hinweise/Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenskonflikten der Baader Bank AG:

http://www.baaderbank.de/disclaimer-und-umgang-mit-interessenskonflikten/

1 Kommentar

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  • Peter Zumdeick
    Peter Zumdeick

    Ich kann dieses Griechenland-Drama nicht mehr hören:

    die verarschen uns den ganzen lieben langen Tag: betrügen, tricksen, manipuliere, fälschen, lügen ... - können die eigentlich noch was anderes.

    Ich wäre froh an einem Freitag nach Börsenschluss endlich die Meldung zu lesen: Griechen land ist abgebrannt ... - pleite ... !!!

    Er fiebere diesem Tag sehnsüchtig herbei ... !!!

    07:23 Uhr, 15.05. 2015