Kommentar
14:40 Uhr, 31.03.2005

Arbeitsmarkt – Statistik, Witterung und Konjunktur

1. Die schlechten Nachrichten vom Arbeitsmarkt reißen nicht ab. Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen sank im März nur um 41 Tausend auf 5,176 Millionen. Saisonbereinigt stieg die Arbeitslosenzahl um 92 Tausend auf ein neues Allzeithoch von 4,967 Millionen Menschen. Die Arbeitslosenquote beträgt nun 12,5 %, saisonbereinigt stieg sie auf 12,0 %. Die Erwerbstätigenzahl verbesserte sich im Februar saisonbereinigt um 10 Tausend. Allerdings beruhte dies auf einem Anstieg von Zusatzjobs (Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung). Damit setzt sich die Entwicklung vom Vorjahr fort, in dem die Erwerbstätigenzahl stieg, die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aber sank. Der Anstieg der Erwerbstätigkeit suggeriert eine Besserung am Arbeitsmarkt, die faktisch nicht vorzufinden ist.

2. Erneut hat die Zusammenlegung von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe in Folge von Hatz IV die Arbeitslosenstatistik künstlich in die Höhe getrieben. Der Anstieg fiel aber geringer als in den Vormonaten aus: Während die Arbeitslosenzahl wegen der Ummeldungen im Januar um rund 240 Tausend höher aus gefallen war, waren es im Februar „nur noch“ rund 120 Tausend und im März sogar nur 10 bis 20 Tausend Personen, die die Statistik in die Höhe trieben.

3. Die Witterungsverhältnisse schließlich belasteten den Arbeitsmarkt ebenfalls erheblich. Der saisonübliche Rückgang der Arbeitslosenzahl im März fiel mit 41 Tausend so niedrig wie noch nie in gesamtdeutscher Rechnung aus. Wie stark der Witterungseinfluss war, zeigt die ifo-Umfrage für die Bauindustrie: 67% der befragten westdeutschen Bauunternehmen meldeten witterungsbedingte Behinderungen der Bautätigkeit, das ist der höchste Wert seit 1987. Solche extremen Witterungsschwankungen können von der Saisonbereinigung nicht mehr vollständig herausgerechnet werden. Die Bundesagentur für Arbeit geht davon aus, dass die saisonbereinigte Arbeitslosenzahl um rund 50 Tausend Personen überzeichnet wurde.

4. Konjunkturell bedingt stieg die Arbeitslosenzahl im März – Schätzungen der BA zufolge – um rund 20 Tausend Menschen an. Nimmt man die jahresdurchschnittlichen Anstiege der Arbeitslosenzahlen in den vergangenen Jahren zum Maßstab, so ist das ein unverändert schlechter Wert.

5. Als Fazit bleibt festzuhalten: Weiterhin bleiben Impulse für den Arbeitsmarkt von Seiten der Konjunktur aus. Aber woher sollten sie derzeit auch kommen? Das Wachstum im vierten Quartal 2004 war schwach, und die Absatzperspektiven bleiben ungewiss. Weder von der Binnennachfrage noch von der Auslandsnachfrage können die Unternehmen derzeit mit einer sicheren Nachfrage rechnen. Doch solange die Unternehmen nicht davon ausgehen können, dass neue Investitionen in der Zukunft ausgelastet und neu eingestellte Mitarbeiter beschäftigt werden können, werden sie zurückhaltend bleiben. Vor dem Jahreswechsel sind daher konjunkturelle Impulse für den Arbeitsmarkt nicht auszumachen. Wenn die Arbeitslosenzahl im Jahresverlauf sinkt, dann wird das überwiegend auf statistische Effekte oder arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zurückzuführen sein. Für das erste sind Abmeldungen aus der Statistik aufgrund fehlender Vorraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld II verantwortlich, für das zweite in erster Linie Ein-Euro-Jobs.

Quelle: DekaBank

Die DekaBank ist im Jahr 1999 aus der Fusion von Deutsche Girozentrale - Deutsche Kommunalbank- und DekaBank GmbH hervorgegangen. Die Gesellschaft ist als Zentralinstitut der deutschen Sparkassenorganisation im Investmentfondsgeschäft aktiv. Mit einem Fondsvolumen von rund 130 Mrd. Euro gehört die DekaBank zu den größten Finanzdienstleistern Deutschlands. Im Publikumsfondsgeschäft hält der DekaBank-Konzern einen Marktanteil von etwa 20 Prozent.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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