Kommentar
09:09 Uhr, 15.06.2004

Anzeichen einer Zinserhöhung verdichten sich

Nach einer ruhigen Handelswoche - am Freitag blieben die US-Börsen wegen der Bestattungsfeierlichkeiten für Ronald Reagan geschlossen - verdichten sich in Amerika die Anzeichen einer Zinserhöhung zum Monatsende. Hiervon konnte der Dollar-Kurs merklich profitieren. In der Eurozone wurden Konjunkturindikatoren veröffentlicht, die leicht über den Erwartungen lagen, jedoch keinerlei Anlass für Zinsspekulationen bieten. Dagegen entschloss sich die Bank of England letzten Donnerstag zu einer weiteren Zinserhöhung um 25 Basispunkte, um die ungebremste Konsum- und Immobilienpreisentwicklung in Großbritannien einzudämmen.

In der abgelaufenen Woche hat die Diskussion um die weitere Zinsentwicklung die Sorgen um den Ölpreis in den Hintergrund gedrängt. Die Ölnotierungen haben sich wieder beruhigt, nachdem die OPEC ihre offizielle Ölförderquote ausgeweitet hat. Besonders aufmerksam wurden die jüngsten Aussagen von Seiten der amerikanischen Notenbank FED verfolgt. So gaben in den vergangenen Tagen gleich mehrere Vertreter der FED bekannt, dass sie moderate Zinsschritte bevorzugen, aber eine höhere Inflation keinesfalls tolerieren und vor entsprechenden Gegenmaßnahmen nicht zurückschrecken würden. Diese Erklärungen wurden von den Rentenmärkten als klares Signal aufgefasst, dass die FED die Zinszügel schon bald straffen dürfte. Das Gros der Marktteilnehmer rechnet mit einer Leitzinserhöhung bereits auf der kommenden FED-Sitzung am 29./30. Juni, welche sicherlich nicht die einzige in diesem Jahr bleiben dürfte. Offen bleibt die Frage über das Ausmaß der Zinssteigerungen. Der aktuelle US-Leitzins von nur 1 Prozent steht in krassem Widerspruch zu dem für 2004 erwarteten Wirtschaftswachstum von rund 4,5 Prozent und einer Teuerungsrate von etwa 2,4 Prozent. Insgesamt verdichten sich zunehmend die Anzeichen auf einen robusten, sich selbst tragenden Aufschwung, der inzwischen auch den Arbeitsmarkt erfasst hat. Hiervon profitierte zuletzt insbesondere der Wechselkurs des Dollar, der sich im Wochenvergleich um mehr als zwei Prozent auf 1,2006 Euro verteuerte. Als Achillesferse der amerikanischen Wirtschaft könnte sich in nächster Zeit jedoch die hohe Staatsverschuldung und das weiter ansteigende Handelsbilanzdefizit erweisen.

In der Eurozone bleibt die Konjunkturentwicklung weit hinter dem Wachstumstempo der USA zurück. Zwar sind zuletzt die Wirtschaftsdaten u.a. in Deutschland, Frankreich und Italien wieder besser als erwartet ausgefallen, doch ist der Abstand zu Amerika weiterhin groß. Das BIP-Wachstum im Euroraum dürfte 2004 deutlich unter 2 Prozent liegen. Als Hauptwachstumsträger erweist sich im laufenden Jahr wieder einmal der Export, während die Binnennachfrage nach wie vor verhalten bleibt. Auch auf den Arbeitsmarkt ist der Funke noch nicht übergesprungen. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass der Preisauftrieb per saldo gering ausfällt. Einzige Ausnahme stellen die negativen Effekte aus den Ölpreissteigerungen dar. Somit hält sich die EZB bislang in Bezug auf ihre Zinspolitik bedeckt. Da bislang nichts auf eine Beschleunigung der Inflation in der Eurozone hindeutet, wird auch nicht mehr mit einer Leitzinserhöhung in diesem Jahr gerechnet. Die Anleihemärkte stehen trotz dieser Vorzeichen zumindest am langen Ende im Bann der Zinsspekulationen in den USA. Für die Rentenmarktaussichten hat sich damit im Vergleich zur Vorwoche nichts geändert. Während in den längeren Laufzeiten ein weiterer Renditeanstieg möglich erscheint, sollte das kurze Ende vorerst weitgehend stabil bleiben. Vor diesem Hintergrund halten wir auch an unserer Empfehlung für Kurzläuferfonds fest.

Ausblick: In der kommenden Woche stehen mehrere wichtige Konjunkturdaten zur Veröffentlichung an. Besonders die Entwicklung der US-Verbraucherpreise, der Einzelhandelsumsätze sowie der Industrieproduktion im Mai dürften die Rentenmärkte bewegen. Zudem werden Inflationsdaten in der Eurozone veröffentlicht. Da ein Großteil der Teuerung in diesem Jahr von höheren Ölpreisen ausgeht, die Kerninflation jedoch weiterhin stabil bleiben sollte, erwarten wir hier keine großen Überraschungen.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 113,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende März 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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