Kommentar
08:40 Uhr, 05.04.2005

Anleiherenditen gehen deutlich zurück

Die Anleiherenditen sind in der verkürzten Handelswoche nach Ostern deutlich zurückgegangen. Die Inflationsgefahren in Erwartung einer dynamisch wachsenden Konjunktur haben sich verringert, wie die überwiegende Zahl der jüngsten Veröffentlichungen anzeigt. Allerdings blieb der Rohölpreis in der vergangenen Woche auf seinem hohem Niveau.

In den USA sind die Inflationssorgen und damit auch die Ängste um künftig kräftiger als bisher steigende Leitzinsen wieder etwas zurückgegangen. Dazu trug neben anderen Indikatoren insbesondere am Freitag der Arbeitsmarktbericht für März bei, der deutlich unter den Erwartungen der Marktteilnehmer blieb. Den tatsächlich 110.000 neu geschaffenen Stellen standen Erwartungen von über 200.000 Jobs gegenüber. Die Prognosen waren sicherlich noch von den robusten Februarzahlen mit 243.000 (revidiert, zuerst wurden 262.000 gemeldet) geprägt gewesen. Die amerikanischen Unternehmen stellen also wieder vorsichtiger ein. Unterstützung erhielten die Rentenmärkte darüber hinaus von den im März nur mäßig gestiegenen Stundenlöhnen, was den Auftrieb für die Inflation momentan ebenfalls im Zaum hält. Im Blickfeld der Teuerung stehen dafür nun die Rohstoffpreise, vor allem der für das Rohöl. Nach Einschätzung der Investmentbank Goldman Sachs könnte für ein Barrel (159 Liter) in den kommenden Jahren in der Spitze durchaus das Doppelte bezahlt werden müssen. Das Fundament für einen anhaltend hohen Ölpreis ist damit noch massiver geworden. Es ist noch nicht lang her, da setzte die Internationale Energieagentur ihre Prognosen zum weltweiten Energieverbrauch herauf. Eine tendenziell anziehende Inflation ist im laufenden Jahr also wahrscheinlich, weshalb US-Anleihen weiter unter Druck bleiben dürften.

In der Eurozone hat sich die Tendenz fallender Renditen nach Ostern fortgesetzt. Eine Handvoll konjunktureller Indikatoren (u.a. der DZ BANK EURO-INDIKATOR) bestätigte die Marktteilnehmer in ihrer Einschätzung, dass sich ein kräftiger und selbst tragender Aufschwung alsbald nicht abzeichnet und das die Europäische Zentralbank damit die Zinsen eher später als früher anheben wird. Außerdem zwingt die monetäre Entwicklung die EZB derzeit nicht zu Zinsschritten. Die Geldmenge M3, die Bargeld, Sichteinlagen, Geldmarkpapiere und kurzfristige Schuldverschreibungen umfasst, ist im Februar im Vergleich zum Vormonat zurückgegangen. Auch die Kreditvergabe hat im Februar nicht weiter zugelegt sondern blieb leicht unter dem Wert des Januar. Somit ist auf der EZB-Sitzung am kommenden Donnerstag nicht mit einer Zinsentscheidung zu rechnen. Interessant wird allerdings der "Ton" der konjunkturellen und monetären Einschätzung sein. Davon versprechen sich Beobachter Hinweise, wann die EZB von dem seit Juni 2003 geltenden Zinsniveau abrückt. Entsprechend ist auch hierzulande von steigenden Renditen auszugehen.

In Japan wurde vergangene Woche der Tankan-Bericht vorgelegt. Darin spricht die Bank of Japan von einer getrübten Stimmung. Besonders große Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes blickten weniger optimistisch in die Zukunft. Die Hauptgründe dafür seien die gestiegenen Rohstoffpreise und die schleppende Nachfrage sowohl im Inland als auch in den Nachbarländern. Die BoJ geht allerdings für die nächsten Monate von einem Anstieg der Wirtschaftsleistung aus. Zudem erwartet sie ein Ende der Deflation. Zuletzt deuteten die Grundstückspreise in diese Richtung, deren Verfall in den großen japanischen Städten stoppte. Mit Zinserhöhungen ist hier allerdings alsbald nicht zu rechnen - die Renditen der Staatsanleihen sind zuletzt sogar deutlich zurückgegangen.

Ausblick: Bedeutend in der laufenden Woche ist am Mittwoch die Veröffentlichung der Auftragseingänge in der deutschen Industrie. Hier wird zwar mit einem Rückgang gerechnet, der jedoch nach den Großaufträgen des Vormonats lediglich eine Normalisierung der Eingänge darstellen sollte. Am Donnerstag folgen dann die Industrieproduktionen in Deutschland und Großbritannien für den Februar.

Quelle: Union Investment

Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 113,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende März 2004. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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