Kommentar
16:16 Uhr, 08.11.2023

Anleger unterschätzen die Bedeutung des Arbeitsmarktes für die Börse

In Europa kühlt sich der Arbeitsmarkt schon seit längerem ab. Die USA scheinen dem Trend langsam zu folgen. Das ist ein Problem.

Dass in den USA im Oktober weniger Stellen geschaffen wurden als erwartet, wurde von Anlegern gefeiert. Eine Abkühlung des Arbeitsmarktes ist willkommen. Zu schnelles Beschäftigungswachstum ruft lediglich die Fed auf den Plan, die am Ende eine Rezession erzwingen könnte.

Anleger sehen nur das Positive (keine Zinserhöhungen und Hoffnung, dass dadurch eine Rezession ausbleibt). Es gibt eine Kehrseite in der Vorstellung der Anleger. Ein sich abschwächender Arbeitsmarkt ist aber der Beginn eines Abschwungs. Zwar gibt es keine Zinserhöhungen mehr, aber dafür gibt es einen guten Grund, der nicht besser als die Kombination aus Zinserhöhungen und möglicher Rezession ist.

Noch steigt die Beschäftigung in den USA. Wie dringend die Börse das braucht, zeigt die Entwicklung des Konsums, der zwei Drittel der US-Wirtschaftsleistung trägt. Ohne Konsumwachstum kann auch die Wirtschaft nicht wachsen. Auf den ersten Blick steigen die Konsumausgaben geradlinig an. Die realen Konsumausgaben sind da weniger dynamisch (Grafik 1).

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Betrachtet man nicht die Konsumausgaben insgesamt, sondern den Konsum pro Beschäftigten, ergibt sich ein anderes Bild. Der Konsum pro Beschäftigten stagniert seit geraumer Zeit (Grafik 2). Anders formuliert: Steigt die Beschäftigung nicht, steigt auch der Gesamtkonsum nicht mehr.

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Der Konsum kann pro Beschäftigten aus mehreren Gründen steigen. Haben Konsumenten Erspartes, wie aus den Pandemiejahren 2020 und 2021, können sie auf dieses zurückgreifen. Der Konsum steigt schneller als die Beschäftigung und damit auch der Konsum je Beschäftigten. Ebenso kann der Reallohn steigen, z.B. wegen höherer Produktivität. Dies erlaubt den Konsum von mehr Waren und Dienstleistungen.

Derzeit steigt der Konsum je Arbeitnehmer nicht mehr. Vereinfacht kann man sagen, dass die US-Wirtschaft so schnell wächst wie der Konsum und damit so schnell wie die Beschäftigung. Je nach betrachteter Zeitspanne wächst der Konsum je Beschäftigten noch minimal (kurzes Zeitfenster) oder ist rückläufig (18 Monate, Grafik 3).

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Im abgelaufenen Quartal wurde kurzfristig mehr konsumiert. Dieser Trend bleibt nicht bestehen. Je langsamer der Stellenaufbau in Zukunft ist, desto langsamer wächst die Wirtschaft. Wirtschaftswachstum und Kursentwicklung sind über weite Strecken nicht voneinander zu unterscheiden (Grafik 4).

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Ein sich abkühlender Arbeitsmarkt bedingt zukünftig geringere Kursgewinne. Das ist genau das Gegenteil dessen, was Anleger nach den Daten zelebrierten. Die Kurse sprangen nach oben und haben innerhalb von Stunden ein ganzes Quartal Wachstum eingepreist. Die Reaktion ist zwar wegen der Zinsstory nachvollziehbar, doch auf Basis der Konsequenzen der Arbeitsmarktentwicklung eine merkwürdige Reaktion. Der Arbeitsmarktbericht unterstützt nicht schneller steigende Kurse, sondern einen sehr viel langsameren Trend, der sich zudem noch umzukehren droht.

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  • Riccardo90
    Riccardo90

    Wurde von Markus Koch alles schon vor Wochen und Monaten prophezeit. Kurzfristig ist die aktuelle Lage bullisch für die Märkte, anschließend negativ.

    16:21 Uhr, 08.11.2023

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
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Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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