Analyse
14:16 Uhr, 09.08.2019

AMARIN - Folgt nach der Explosion die Implosion?

Amarin war 2018 der Liebling der US-Biotech-Szene. Fischölkapseln sollen die neuen Hoffnungsträger für Herzkreislaufpatienten sein. Zweifler gab es schon immer. Nun kündigt die FDA überraschend ein Expertenpanel an, was zugleich eine Verzögerung der Zulassung von Amarins Anwendung Vascepa bedeutet. Der Anfang vom Ende?

Erwähnte Instrumente

  • Amarin Corp. PLC Reg.Shs(Sp.ADRs)/1 LS-,50 - WKN: A0NBNG - ISIN: US0231112063 - Kurs: 17,809 $ (NASDAQ)

Wenn mir jemand vor einigen Jahren gesagt hätte, dass ich mich bei der Besprechung von Biotech-Aktien auch einmal um das Thema "Fischölkapseln" kümmern muss, ich hätte ihn wohl für verrückt erklärt. Aber nein, Sie lesen richtig. Denn exakt aus diesem Fischöl gewonnene Omega-3-Fettsäuren sollen die neuen Hoffnungsträger für Herz-Kreislaufpatienten sein, geht es nach dem US-Biotech-Unternehmen Amarin.

Dieses sorgte im vergangenen Jahr für Aufsehen. Denn eine groß angelegte Studie (REDUCE- IT) mit dem bereits zur Behandlung von Cholesterinpatienten zugelassenen und auf Fischöl basierenden Medikaments Vascepa zeigte bei 8.179 Patienten, die an erhöhten Bluttfettwerten litten, dass bei regelmäßiger Anwendung von Vascepa (knapp 5 Jahre Testzeitraum) das Risiko eines kardiovaskulär herbeigeführten Todes, eines Herzinfarkts oder eines Schlaganfalls um 25 % gegenüber der Placebo-Gruppe reduziert werden konnte.

Doch wenn Sie als Fan von Fischölkapseln jetzt jubeln, muss ich Sie leider enttäuschen. Die hierzulande vertriebenen Kapseln enthalten Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). Auch für diese Kombination testete Amarin in der Studie VITAL bei über 25.000 über 50-Jährigen Anwendern den Nutzen. Und sie fiel enttäuschend aus. Einzig beim sekundären Endpunkt "Häufigkeit von Herzinfarkten" gab es ein Signal eines möglichen Nutzens. Vascepa wiederum enthält EPA in reiner Form, also nicht, wie sonst üblich, in Kombination mit DHA. Derartige Monokapseln gibt es in Deutschland bislang nicht.

Kritische Stimmen werden wieder lauter

Die bis dato eher am Boden liegende Aktie von Amarin schoss nach den Daten von REDUCE IT regelrecht durch die Decke. Notierte sie vor der Meldung noch bei Kursen um 3 USD, markierte sie in der Folge Kurse von fast 24 USD. Das Management von Amarin plant eine Zulassungserweiterung von Vascepa, so dass die Anwendung nicht nur Cholesterinpatienten, sondern auch Herz-Kreislauf-Patienten verabreicht werden darf.

Kritik an den Studiendaten gab es zuhauf. Größter Kritikpunkt war, dass die Vergleichsgruppe anstelle von Vascepa Kapseln mit Mineraöl verabreicht bekommen hatte. Einige Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Vorgehensweise den Abstand von Vascepa vergrößert habe. Vascepas Vorteile könnten durch das Mineralöl herbeigeführte gesundheitsschädliche Nebenwirkungen künstlich "aufgebläht" worden sein.

Die Kritik nimmt nun wieder zu, nachdem das Management gestern nachbörslich gemeldet hat, dass die US-Zulassungsbehörde FDA statt des ursprünglich für 28. September angesetzten Zulassungstermins am 14. November ein Expertengremium zu Vascepa befragen werde. Deren Votum soll als Hilfe für den Zulassungsentscheid dienen. Diesen erwartet Amarin nun für Dezember 2019. Die Konstellation ist hochspannend. Beide Termine dürften für enorme Volatilität in der Aktie sorgen. Und selbst ein negatives oder positives Votum des Expertenpanels führt nicht zwingend zu einer Ablehnung oder Zulassung des Medikaments. Biotech-Fans werden sich vielleicht an das Beispiel Vanda Pharmaceuticals erinnern. Dort gab es ein negatives Votum des Expertenpanels, die FDA winkte den Zulassungsantrag schlussendlich aber völlig überraschend doch noch durch. Die Aktie verzehnfachte sich am Folgetag.

Verluste von 75 % oder mehr möglich

Angesichts dieser wichtigen Termine rückt die Chartanalyse bei Amarin selbstverständlich in den Hintergrund. Der Wert dürfte heute rund ein Viertel an Marktkapitalisierung einbüßen. Als Unterstützung dient das Kursniveau bei 11,80 USD. Der Support bei 16,10 USD wird nun zum Widerstand umfunktioniert. Sollte das Expertengremium sich gegen eine erweiterte Zulassung von Vascepa entscheiden, dürfte die Aktie den Kurssprung aus dem Vorjahr wieder rückabwickeln. Das Kursrisiko beläuft sich auf Verluste von 75 % aufwärts. Eine Zulassung wiederum könnte Kurse über 24 USD mit sich bringen.

Biotech ist auch immer etwas Gefühlssache. Ich habe mich in der Vergangenheit gerade auch bei vielen deutschen Biotech-Unternehmen geirrt und war zu optimistisch. Diese Fischölstory bei Amarin überzeugt mich persönlich nicht. Mir wären die Risiken in der Aktie zu hoch. Allen, die dennoch an einen Erfolg von Vascepa glauben und investiert sind, drücke ich für November/Dezember selbstverständlich die Daumen.

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