Analyse
09:26 Uhr, 29.09.2014

Allianz: Schnäppchen nach Kursrutsch?

Des einen Freud des anderen Leid: Der Anleihenkönig Bill Gross verlässt die Allianztochter PIMCO und bringt den Aktienkurs unter Druck. Die Gelegenheit?

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  • Allianz SE
    ISIN: DE0008404005Kopiert
    Kursstand: 129,75 € (XETRA) - Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung
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  • Allianz SE - WKN: 840400 - ISIN: DE0008404005 - Kurs: 129,75 € (XETRA)

Bill Gross wechselt zu Janus Capital. Deren Aktienkurs ist nach Veröffentlichung der Meldung um 40% in die Höhe geschossen. Der Unternehmenswert stieg um 600 Mio. USD. Auf der anderen Seite verloren dafür Allianzaktien. Diese gingen um 5% zurück. Es wurden 3 Mrd. an Börsenwert vernichtet. Das sieht fast nach einer Überreaktion aus. Für Allianz hat sich ja nicht wirklich fundamental viel getan.

Bill Gross ist ein großer Name, keine Frage. Er hat die Allianztochter PIMCO sicherlich zu dem gemacht, was sie heute ist – einem der größten Vermögensverwalter weltweit. Mit 2 Billionen an Assets under Management spielt sie in einer eigenen Liga. Das Prestigeobjekt, der PIMCO Total Return Fund, mit dem der Name Bill Gross sehr eng verwoben ist, hatte zuletzt allerdings deutlich Federn gelassen.
Der Total Return Fund hatte zu seinen besten Zeiten ein Anlagevolumen von 293 Mrd. USD. Dieser Rekordwert wurde 2013 erreicht. Seitdem wurden an die 70 Mrd. bereits abgezogen, obwohl Bill Gross noch das Ruder in der Hand hielt. Ob der Fonds jetzt ohne Gross noch deutlich mehr Assets verliert, bleibt abzuwarten.
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Der Total Return Fund (TRF) ist nicht das einzige, was PIMCO zu bieten hat. Während der TRF viel Geld verlor, flossen anderen Fonds Mittel zu. In absoluten Zahlen konnte der Mittelzufluss in andere Fonds den Abfluss beim TRF nicht ganz ausgleichen. Dafür sind die Gebühren, die andere Fonds nehmen, deutlich höher. Der TRF hat eine jährliche Kostenquote von 0,46%. Auf ein Volumen von 220 Mrd. USD sind das über eine Milliarde USD, die der Fonds an Gebühren einbringt. Andere Fonds haben Kosten im Bereich von 0,7 bis 1%. Fließt denen nur die Hälfte dessen zu, was dem TRF abhanden kommt, dann verliert die Allianztochter unterm Strich keine Einnahmen.

Allianz-Schnäppchen-nach-Kursrutsch-Chartanalyse-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-2

So gesehen ist der Weggang von Bill Gross kein großes Thema. Betrachtet man das Gesamtunternehmen Allianz, dann ist nicht zu befürchten, dass der Wechsel von Gross zu Janus Capital einen großen Effekt haben wird. Eventuell geht ein wenig Umsatz bei PIMCO kurzfristig verloren. Dem Gesamtkonzern schadet das allerdings nicht. Das Wachstum ist hier robust und kann das ausgleichen.

Würden alle Investoren ihr Geld aus dem TRF abziehen, so könnte Allianz 4% ihres operativen Ergebnisses einbüßen. Das operative Ergebnis stand 2013 bei knapp 10 Mrd. EUR. Die Allianz würde 400 Mio. EUR verlieren. Das ist allerdings ein worst-case Szenario. Kommt es überhaupt zu Verlusten, dann wahrscheinlich eher im Bereich von 50 bis 100 Mio. Der Markt hat nun aber 3 Mrd. EUR an Börsenwert vernichtet. Das steht in keinem sinnvollen Verhältnis.

Die Allianz hat ein KGV von 9,2. Der Rückgang des Gewinns um z.B. 100 Mio. müsste dann einen Rückgang der Marktkapitalisierung von 920 Mio. zur Folge haben. Es sind aber 3 Mrd. verloren gegangen. Das heißt nichts anderes, als dass der Markt mit einem Rückgang von 326 Mio. EUR beim Gewinn rechnet (3 Mrd. dividiert durch 9,2). Das ist schon sehr nahe am worst-case Szenario.

Fundamental wäre der Kurssturz jetzt eine Einstiegsmöglichkeit. Technisch ist der Chart nun aber angeschlagen und der Kurs kann noch weiter fallen. Hält die 200 Tageslinie nicht, dann ist mit Abgaben bis 112 EUR zu rechnen. Hält die Linie, dann kann Allianz bald wieder zu den alten Jahreshochs steigen.

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1 Kommentar

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  • Hellseherin
    Hellseherin

    Ihrer Meinung in Bezug auf diese Überreaktion schließe ich mich vollinhaltlich an. Wer eben richtig recherchiert, ist klar im Vorteil.

    Ihre Analystenkollegen haben dagegen nur oberflächlich und völlig überzogen reagiert und keine realistischen Fakten in ihren Aussagen einfließen lassen.

    Ich bin gespannt, wie verblüfft etliche Ihrer Analystenkollegen demnächst sein werden, wenn es für einen günstigen Einstieg in dieses Papier zu spät ist und sie die demnächst von der Allianz veröffentlichten Zahlen kommentieren und zu erklären versuchen werden.

    Wer sich ohne Kenntnis aller Fakten ausschließlich auf Chartanalysen verlässt, liegt m.E. mit der Kerzen-Analyse und den diversen Tageslinien in diesem Fall sowieso daneben, da die langen dunklen Kerzen lediglich auf einem Kursrutsch basieren, der durch fehlende Hintergrundinformationen derart überzogen ausgefallen ist.

    19:34 Uhr, 03.10.2014

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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