Alle Augen richten sich auf die Fed
- Lesezeichen für Artikel anlegen
- Artikel Url in die Zwischenablage kopieren
- Artikel per Mail weiterleiten
- Artikel auf X teilen
- Artikel auf WhatsApp teilen
- Ausdrucken oder als PDF speichern
Die Europäische Zentralbank hebt den Leitzins wie erwartet auf 3,0 Prozent an, die Bank of England überraschend auf 4,75 Prozent. Alle Augen richten sich in dieser Woche auf die amerikanischen Notenbanker, die über die US-Zinspolitik entscheiden. Der US-Dollar gab weiter nach, während sich das Britische Pfund auf breiter Front befestigte.
EZB setzt Zinserhöhungen fort
Wie allgemein erwartet wurde, hat die Europäische Zentralbank den als Leitzins fungierenden Hauptrefinanzierungssatz am vergangenen Donnerstag auf 3,0 Prozent festgesetzt. Die Zinserhöhungen seit Dezember 2005 belaufen sich damit nunmehr auf insgesamt 100 Basispunkte. Weitere Schritte werden in diesem Jahr noch folgen vermutlich im Oktober und Dezember. Anders lassen sich die Worte von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet jedenfalls nicht deuten. Er hat zum wiederholten Mal vor den nach wie vor bestehenden Inflationsgefahren gewarnt. Zudem sieht er die Wirtschaft des Euroraums weiterhin auf einem robusten Wachstumskurs, dem auch eine fortgesetzte Straffung der Geldpolitik nichts anhaben kann.
Allerdings scheinen gewisse Zweifel angebracht, was die Nachhaltigkeit des Wirtschaftsaufschwungs betrifft. Wie in der letzten Woche bekannt gegeben wurde, gaben die Einkaufsmanagerindizes für die Industrie und den Dienstleistungssektor nach und entfernten sich damit wieder von ihren Höchstständen. Dies spricht dafür, dass die Wirtschaftsleistung im Euroraum zwar vorerst noch auf vergleichsweise hohem Niveau wächst, dass in der ersten Jahreshälfte 2007 aber eine leichte Abschwächung durchaus im Bereich des Möglichen liegt. Am Rentenmarkt löste die Zinsentscheidung der EZB keine spürbaren Reaktionen aus. Die Zehnjahresrenditen sind momentan bei 3,9 Prozent wie fest gemeißelt. Kurzfristig ist weder ein Ausbruch nach oben noch nach unten in Sicht.
BoE mit überraschender Zinsanhebung
Die Bank of England (BoE) hat in der letzten Woche den Leitzins unerwartet um 25 Basispunkte auf 4,75 Prozent angehoben, nachdem die letzte Leitzinsanpassung bereits 12 Monate zurückliegt. Damit bleibt Großbritannien in Europa weiterhin mit großem Abstand an der Spitze, was das Zinsniveau anbelangt. Begründet wurde dieser Schritt mit dem kräftigen Wirtschaftswachstum, den geringen freien Kapazitäten, einem raschen Geldmengenwachstum und einer beschleunigten Inflation. Mit 2,5 Prozent lag der Anstieg der Verbraucherpreise im Juni deutlich über dem BoE-Zielwert von zwei Prozent. Sollte es hier zu keiner spürbaren Entspannung kommen, könnte unter Umständen sogar noch ein zusätzlicher Schritt nach oben folgen. Die BoE ließ alle Optionen offen.
Wie entscheidet sich die Fed?
An den Kapitalmärkten richtet sich der Blick in dieser Woche vor allem auf die amerikanische Notenbank. Wird sie der EZB und der Bank of England folgen und die Zielrate für die Fed Funds auf dann 5,5 Prozent erhöhen? Nach den Arbeitsmarktdaten vom Freitag ist dies auf jeden Fall unwahrscheinlicher geworden, wenn man der Einschätzung der Marktteilnehmer Glauben schenken darf. In ihrer Mehrheit erwarten sie keine weitere Straffung der Zinszügel mehr, nachdem im Juli die Zahl der Beschäftigten lediglich um 113.000 zugenommen hatte und die US-Arbeitslosenquote wieder auf 4,8 Prozent geklettert war. Allerdings sollte nicht ganz außer Acht gelassen werden, dass die Stundenlöhne im Monatsvergleich erneut um 0,4 Prozent (im Jahresvergleich: +3,8 Prozent) gestiegen sind.
Signale für nachlassende Inflationssorgen die Haupttriebfeder für die Zinserhöhungen in der Vergangenheit sehen indes anders aus. Die Währungshüter um Ben Bernanke könnten sich deshalb durchaus noch einmal veranlasst sehen, die Zinsen zu erhöhen, zumal eine Reihe von Konjunkturdaten zuletzt besser ausfiel als zunächst erwartet. Insbesondere der ISM-Einkaufsmanagerindex für die Industrie stieg im Juli wider Erwarten auf 54,7 Punkte an. Im Juni lag der entsprechende Wert noch bei 53,8 Punkten. Am US-Rentenmarkt haben die Renditen jedoch erneut nachgegeben. Zehnjährige Treasuries rentieren gegenwärtig mit 4,9 Prozent, was im Vergleich zum Jahresanfang zwar einen Anstieg um 50 Basispunkte bedeutet, im Monatsvergleich jedoch einen Rückgang um 20 Basispunkte. Die amerikanische Zinskurve hat sich dadurch weiter verflacht, was ein untrügliches Zeichen für eine nachlassende Wachstumsdynamik ist.
Am Devisenmarkt wendet sich die Stimmung weiter gegen den US-Dollar. In Erwartung einer verringerten Zinsdifferenz zwischen dem Euroraum und den USA näherte sich der Wechselkurs dem Wert von 1,29 US-Dollar je Euro. Ein baldiges Durchbrechen der 1,30-USD-Marke wird damit immer wahrscheinlicher. Die überraschende Zinserhöhung der BoE hinterließ auch am Währungsmarkt Spuren. Das Britische Pfund konnte in der letzten Woche gegenüber allen bedeutenden Währungen zwischen ein und drei Prozent an Boden gutmachen.
Ausblick
In einer ansonsten datenarmen Woche überragt die Zinsentscheidung der US-Notenbank vermutlich alle anderen Geschehnisse. Von noch größerem Interesse als die Zinsentscheidung selber dürfte das anschließende Statement von Fed-Chef Bernanke sein, sollte es doch Aufschluss über den weiteren geldpolitischen Kurs der wichtigsten Notenbank der Welt geben.
Quelle: Union Investment
Gegründet 1956, zählt Union Investment heute zu den größten deutschen Investmentgesellschaften. Rund 140,2 Mrd. Euro verwaltet die Gesellschaft per Ende November 2005. Die Produktpalette für private Anleger umfasst Aktien-, Renten- Geldmarkt- und Offene Immobilienfonds sowie gemischte Wertpapier- und Immobilienfonds und Dachfonds. Anleger erhalten diese Produkte bei allen Volksbanken, Raiffeisenbanken, Sparda-Banken und PSD-Banken. Rund 4 Millionen Anleger nutzen überdies die Depotdienstleistungen der Union Investment.
Keine Kommentare
Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.