Kommentar
07:20 Uhr, 14.11.2018

Aktienmarkt: Dieses Jahr ist alles anders

Eine kleine Rally gab es, aber von einer großen Jahresendrally sind wir immer noch weit entfernt. Das ist sehr untypisch.

Dieses Jahr war für Anleger alles andere als leicht. Fast sämtliche saisonalen Muster wurden gebrochen. Es begann damit, dass Sell in May die schlechteste Idee seit Jahren war. Eigentlich sollte man ja im Mai verkaufen und erst wieder im Oktober zurück an die Börse kommen. Historisch ist die Performance im Sommerhalbjahr einfach nicht gut. Der S&P 500 gewann in dieser Zeit 10 %. Das lag auch daran, dass die besonders schwachen Monate Juli, August und September in diesem Jahr stark waren. Wer das Motto „Sell in May but remember to come back in September“ beherzigte, war selber schuld. Der September war nicht schlecht, dafür aber war der Oktober grottenschlecht.

Im Oktober kommt es häufig zu einer Korrektur. Immerhin passte das in diesem Jahr. Was nicht passte, war die Gesamtperformance. Im Durchschnitt ist der Oktober unterm Strich immer noch ein starker Monat, trotz der Korrekturanfälligkeit.

Mit saisonalen Mustern hat man in diesem Jahr nichts gewonnen. Das liegt auch daran, dass sich der Markt nicht an das hält, was ihn normalerweise treibt. Die Kurse werden am Ende des Tages von den Gewinnen der Unternehmen bestimmt. Steigen die Gewinne, steigen die Kurse.

Grafik 1 bringt das auf den Punkt. Es zeigt die Veränderung des S&P 500 auf Jahressicht parallel zum Gewinnwachstum. Die Linien sind nicht deckungsgleich, aber hochgradig korreliert. In manchen Perioden steigt der S&P 500 schneller als die Gewinne, manchmal langsamer. Beides weist aber den gleichen Trend auf.

Ausnahmen zu dieser Regel gibt es. Anfang der 90er Jahre fielen die Gewinne, der S&P 500 konnte aber zulegen. Den umgekehrten Fall (Gewinne steigen und Kurse fallen) wie jetzt, gab es zumindest in den letzten 30 Jahren nicht. Man muss schon ins Jahr 1986 zurückgehen (Grafik 2).

Seit 1914 gab es so ausgeprägte Divergenzen wie jetzt nur in drei Fällen. In diesen drei Fällen kam es dazu, dass Aktien nicht nur einfach nicht performten, sondern stark fielen. Bevor sich die Divergenz auflöste, endete der S&P 500 bei einer negativen Performance von mindestens 20 %.

Davon sind wir heute noch ein Stück entfernt. Vom jetzigen Niveau aus müssten die Kurse noch einmal 20 % fallen, um die historische Mindestanforderung für ein Ende der Korrektur zu erfüllen.

Drei Vorkommnisse sind jetzt keine Stichprobe, die hohe Sicherheit gibt, dass es auch so kommt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Korrektur noch nicht vorüber ist, scheint allerdings hoch. Im Idealfall würde der S&P 500 Richtung 2.200 Punkte fallen. Was das dann für den Dax bedeutet, kann man sich vorstellen. Werte über 10.000 Punkte sind dann ein ferner Traum.

Autor: Clemens Schmale

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