Kommentar
14:39 Uhr, 14.12.2005

Aktienmärkte 2006: Chancen und Risiken

In den letzten zweieinhalb Jahren erzielten die Aktienmärkte beeindruckende Kursgewinne. Dadurch ist ein Teil des Schadens, den die Baissephase am Anfang des Jahrzehnts ausgelöst hat, wieder gutgemacht worden. Was bedeutet dies aber für die Märkte, wenn wir unseren Blick auf das Jahr 2006 richten? Wie nicht anders zu erwarten, gibt es Argumente, die sowohl für als auch gegen Aktien sprechen.

Gewinnwachstum hält Aktien auf günstigem Niveau

Ein eindeutig positiver Faktor ist der Trend bei den Unternehmensgewinnen. Wir haben in den letzten Jahren wiederholt eine Anhebung der Prognosen für Unternehmen festgestellt, die ein kräftiges Wachstum und höhere Gewinne vorgelegt haben als von den Märkten erwartet wurde. Die aktuelle Gewinnsaison für das III. Quartal weist das gleiche Muster auf. Unternehmen ernten im Zusammenhang mit steigenden Umsätzen die Früchte eines hohen operativen Hebels. Außerdem waren auch die Maßnahmen der Unternehmensleitungen zur Kostenkontrolle beeindruckend. Wir haben zuletzt unsere Gewinnprognose für eine Vielzahl bedeutender Märkte für das Jahr 2006 angehoben. Darüber hinaus ist das Bewertungsniveau nach wie vor sehr attraktiv. Das globale Kurs-/Gewinnverhältnis liegt nahe an seinem günstigsten Niveau der letzten 15 Jahre. Der Grund ist schlicht und einfach: Neben dem kräftigen Anstieg der Märkte war auch das Gewinnwachstum sehr hoch.

Ferner macht das wirtschaftliche Umfeld einen recht vernünftigen Eindruck. So erwartet man für das nächste Jahr ein ordentliches Weltwirtschaftswachstum sowie einen leichten Rückgang des jüngsten Inflationsdrucks. Die wahrscheinliche Beendigung des US-Zinsanhebungszyklus im Jahr 2006 sollte von den Märkten ebenfalls begrüßt werden.

Freier Cashflow und wichtige Katalysatoren

Ein bemerkenswertes Kennzeichen aller großen Märkte ist der enorm hohe freie Cashflow, den die Unternehmen generieren. Als Folge davon sind die Bilanzen derzeit sehr stabil und die Dividenden sind großzügig angehoben worden. Im letzten Jahr lag das durchschnittliche Dividendenwachstum an den großen Märkten deutlich im zweistelligen Bereich. Wir gehen davon aus, dass das Wachstum 2005 erneut zweistellig werden wird. Dies ist im Vergleich zum Inflationsniveau ein enormer Anstieg. Darüber hinaus hat dieser Cashflow in Verbindung mit dem zunehmenden Vertrauen auf Unternehmensleitungsebene dazu geführt, dass die M&A-Aktivitäten anzogen. So gab es in Großbritannien im Jahr 2005 beispielsweise bis jetzt 6 Übernahmeangebote für FTSE 100-Unternehmen - im Vergleich zu nur einem Angebot im letzten Jahr und keinem in den beiden Jahren zuvor. Diese Übernahmeangebote betrafen z. B. den Hersteller von Pflastersteinen BPB, den Mobilfunkanbieter O2 sowie das Logistik-Unternehmen Exel und wirken unterstützend für das derzeitige Kursniveau. Aufgrund des hohen Cashflows, der preiswerten Kredite und des attraktiven Bewertungsniveaus von Aktien gehen wir von anhaltenden Übernahmeaktivitäten aus. Übernahmeangebote, die durch freie Liquidität und Aktienrückkäufe finanziert werden, werden in diesem Jahr sogar zu einem Schrumpfen des breiten europäischen Aktienmarktes führen. Die Stimmungslage gegenüber Aktien ist im Allgemeinen jedoch nach wie vor recht zurückhaltend. Die Käufe von Privatanlegern fielen in den letzten Jahren sehr begrenzt aus, da es nach dem Baissemarkt noch dauert, bis sich das Vertrauen wieder erholt. Wenn es sich wieder verbessert hat, könnten die Mittelzuflüsse, die den Markt stützen, jedoch ansteigen.

Inflation immer noch eine Gefahr

Trotz des beträchtlichen Potenzials gibt es natürlich auch Risiken. Die Volkswirtschaften sind mit den steigenden Rohstoffpreisen bis jetzt zwar klargekommen, aber diese könnten sich auf das Wachstum und die Inflation negativer auswirken, als wir es erwarten. Auch die höheren US-Leitzinsen und der Zinsanstieg, den wir in Europa erwarten, können sich unerwartet negativ auf die Konsumausgaben auswirken.

Der US-Konsum ist bis jetzt eine entscheidende Triebfeder für das globale Wirtschaftswachstum. Angesichts der sehr hohen Verschuldung müssen wir anerkennen, dass ein unerwartet deutlicher Rückgang der Konsumneigung in den USA eine Gefährdung darstellt. Eine Schwäche am Immobilienmarkt wäre der wahrscheinlichste Auslöser für solch einen Rückgang. Außerdem sind die Gewinnmargen aufgrund des kräftigen Gewinnwachstums stark angestiegen. Es besteht also die Gefahr, dass die steigenden Kosten die Margen unter Druck setzen werden.

Wägt man all diese Faktoren ab, so erwarten wir, dass die Chancen an den Aktienmärkten deutlich größer als die Risiken sind. Im Hinblick auf die Risiken sind wir jedoch sicherlich selbstkritisch und werden diese genau im Auge behalten. Wir sehen an den Märkten jedoch weiteres Wachstumspotenzial und halten es deshalb für richtig, unsere Übergewichtung in Aktien auch im nächsten Jahr beizubehalten.

Quelle: Threadneedle

Die im Jahre 1994 gegründete Investmentgesellschaft Threadneedle Investments ist heute die drittgrößte Publikumsfondsgesellschaft Großbritanniens und zählt mit einem verwalteten Anlagevolumen von 88,6 Milliarden Euro - davon 19,2 Milliarden Euro in Publikumsfonds - zu den namhaftesten Investmentgesellschaften in Europa (Stand: 31.12.2004). Threadneedle konzentriert sich ausschließlich auf die Verwaltung von Kundengeldern. Ziel ist es, effektive Investmentlösungen anzubieten, die überdurchschnittliche Erträge und einen hervorragenden Kundenservice kombinieren.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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