Kommentar
10:45 Uhr, 02.08.2005

Aktien und Renten im Gleichschritt nach oben

Renten-Hausse und kein Ende? Entgegen vieler Prognosen vom Jahreswechsel setzte sich im ersten Halbjahr 2005 der Renditerückgang auf den Anleihenmärkten fort und bescherte insbesondere in länger laufenden Papieren engagierten Investoren wiederum stattliche Kursgewinne. Die Aktienmärkte zeigten sich relativ volatil, aber überwiegend freundlich. Das gilt insbesondere für Schwellenländer-Aktien und Dividendenpapiere aus Euroland. Bei US-Dollar-Engagements profitierten in Euro rechnende Anleger von der wieder gewonnenen Stärke des Greenback gegenüber der europäischen Einheitswährung.

Ölpreis belastet

Den Aktiengesellschaften bot sich bei allen regionalen Unterschieden ein zwar etwas weniger dynamisches, aber immer noch gutes globales Konjunkturumfeld, in dem die USA und vor allem wachstumsstarke Schwellenländer wie China und Indien das Tempo vorgaben. Zudem stellte sich die Gewinnsituation in der Summe gut dar, wozu auch fortgesetzte Restrukturierungs und Kostensenkungsmaßnahmen beigetragen hatten. Dass die Aktienrechnung dennoch nicht immer wie erhofft aufging, lag in erster Linie am Ölpreis: Steigende Notierungen bis auf zeitweise nahe 61 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) drückten phasenweise auf die Stimmung und ließen zwischenzeitlich erreichte Kurssteigerungen teilweise wieder dahin schmelzen. Belastend wirkte zudem im Verlauf der ersten sechs Monate das muntere Wechselspiel von Zinssteigerungsängsten und Konjunktursorgen in den USA.

Lukrativstes Aktiensegment für in Euro rechnende Anleger waren im ersten Semester 2005 wiederum die Schwellenländer, die so genannten Emerging Markets. Zu der guten Wertsteigerung des entsprechenden Index von rund 17 Prozent auf Euro-Basis leistete die Dollar-Aufwertung einen Beitrag. Deutsche und Euroland-Aktien präsentierten sich ebenfalls von ihrer positiven Seite. Die Kurse in Japan entwickelten sich nicht ganz so dynamisch, für den Zeitraum von Anfang Januar bis Ende Juni stand aber immer noch ein ordentliches Plus zu Buche. Die neue Stärke des Greenback ließ auf Euro-Basis auch die Halbjahresbilanz für US-Aktien – trotz eines Minus im Dow Jones-Index – freundlich ausfallen. Hinsichtlich der Branchen traten die zuvor boomenden Rohstoffwerte etwas in den Hintergrund, Energie-, Technologie und zuletzt Pharmatitel rückten dagegen (stärker) in den Fokus der Anleger.

Rückzug statt Vormarsch

Die fast schon gebetsmühlenartig wiederholte Einschätzung, dass die Renditen dies und jenseits des Atlantiks fundamental, d.h. auf Grund der Wirtschaftslage, zu niedrig und Anleihen zu teuer sind, konnte die Rentenmärkte auch im ersten Halbjahr 2005 nicht beeindrucken: In Euroland markierten die Renditen neue Tiefststände; in Deutschland rentierte die richtungsweisende 10-jährige Bundesanleihe am 26. Juni zeitweilig auf dem Rekordtief von 3,105 Prozent. Auch in den USA setzte sich die Rentenhausse fort, woran auch die schrittweise Erhöhung der US-Leitzinsen in Richtung eines konjunkturneutralen Niveaus kaum etwas änderte. Offenbar folgte der Markt einem weit verbreiteten Konjunkturpessimismus und stellte zweifellos vorhandene Inflationsrisiken hinten an. Die hohen Ölpreise wurden dabei eher als Konjunkturbremse denn als Gefahr für die Preisstabilität betrachtet. In der Euro-Zone war die Konjunkturskepsis gut begründet, zumal sich die leichte Erholung des ersten Quartals in der Folge wieder abschwächte. Summa summarum war mit Staatsanleihen auch im ersten Halbjahr gut Geld zu verdienen. Bei Euroland-Staatsanleihen lag der Wertzuwachs bei durchschnittlich gut fünf Prozent. In US-Papieren engagierte und in Euro rechnende Investoren profitierten zusätzlich vom Währungseffekt.

Keine abrupte Rentenmarkt-Wende in Sicht

Wir gehen derzeit davon aus, dass es auf den Rentenmärkten angesichts des teuren Niveaus keine größeren Kursavancen mehr geben wird. Mit einer abrupten Wende rechnen wir vorerst aber nicht, zumal sich die Dynamik der Weltwirtschaft etwas abschwächen könnte. Nach einem globalen Wachstum von rund fünf Prozent im vergangenen Jahr erwarten wir für 2005 ein Plus von nur noch ca. vier Prozent. In Euroland verwundert es angesichts der Fragilität des Aufschwungs nicht, dass die Europäische Zentralbank immer stärker unter Druck gerät und sich Forderungen nach einer Leitzinssenkung gegenüber sieht. Zwar werden sich die Hüter der Gemeinschafswährung einem solchen Ansinnen unserer Meinung nach vor allem auf Grund der über die Maßen gewachsenen Geldmenge verweigern, die Rentenmärkte könnten sich aber von derlei Rufen bestärkt fühlen und Kurs halten. Allerdings kann sich die Euro-Zone nicht gänzlich von den US-Vorgaben abkoppeln. Aber auch jenseits des Atlantiks sehen wir derzeit keine Gefahren eines kräftigen Renditeanstiegs, zumal eine neuerliche Wachstumsbeschleunigung der US-Wirtschaft unserer Ansicht nach wenig wahrscheinlich ist.

Für weiterhin relativ niedrige Anleihenrenditen sprechen unserer Einschätzung nach auch die anhaltende Risikoscheu der Investoren, ein möglicherweise abnehmender Inflationsdruck in kommenden Jahr, die starke Nachfrage asiatischer Notenbanken nach US-Staatsanleihen sowie das Interesse institutioneller Anleger an lang laufenden Papieren.

Wenige Impulse bei Aktien

Auf den internationalen Aktienmärkten könnte es unserer Einschätzung nach unter Schwankungen moderat aufwärts gehen. Insbesondere europäische und asiatische Dividendenpapiere sind historisch gesehen günstig bewertet. Viel wird von der weiteren konjunkturellen Entwicklung in den USA und den Wachstumswunderländern“ wie China und Indien abhängen. Bei den Unternehmensgewinnen erwarten wir nach den teilweise sehr hohen Steigerungsraten der Vergangenheit eine Normalisierung, so dass von dieser Seite kaum mit stärkeren Impulsen zu rechnen ist. Als Damoklesschwert über den Aktienbörsen schwebt ein anhaltend hoher bzw. weiter steigender Ölpreis, der negativ auf Konsum und Investitionen durchschlagen könnte. Eine Faustregel besagt, dass ein Preisanstieg von zehn US-Dollar das Wirtschaftswachstum um 0,5 Prozentpunkte verringert – mit entsprechenden Konsequenzen für die Unternehmen und deren Aktienkurse.

Derzeit ist auf den Aktienmärkten eine gewisse Orientierungslosigkeit zu konstatieren, eindeutige Trends sind kaum erkennbar. Insofern kommt der Auswahl der „richtigen“ Einzeltitel die entscheidende Bedeutung für einen Anlageerfolg zu. Das ist mehr denn je die Zeit für professionelles Stock Picking – und damit entsprechend ausgerichtete Aktienfonds.

Quelle: DWS

Die im Jahr 1956 gegründete DWS (Die Wertpapier Spezialisten), Fondstochter der Deutschen Bank, ist im Publikumsfondsgeschäft mit einem verwalteten Vermögen von 95,2 Mrd. Euro Marktführer in Deutschland. Der Marktanteil in Deutschland liegt in etwa bei 24,3 % (per Ende März 2005). Allein in Deutschland zählt die DWS über 3 Millionen Kunden. Die DWS Fonds-Palette deckt alle Regionen und Branchen, viele Anlageformen und Anlagestile ab.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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