Kommentar
11:35 Uhr, 25.08.2022

AdBlue-Gigant in Gefahr ? Der Gaspreis MUSS runter!

Freier Markt war gestern, Deutschland kann seine Industrie nicht sterben lassen. Ein wichtiger Düngemittelhersteller steht kurz davor, die Produktion ganz einzustellen.

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  • BASF SE
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  • BASF SE - WKN: BASF11 - ISIN: DE000BASF111 - Kurs: 41,855 € (XETRA)

Die Einschläge kommen näher. Ein Großhandelsgaspreis, der 8 mal so hoch ist wie in den USA, kann die deutsche Industrie natürlich nicht unberührt lassen.

Irgendwann laufen Lieferverträge aus, man muss kaufen - egal zu welchem Preis.

Oder auch nicht egal: Einer der größten Düngemittelhersteller Deutschlands, die SKW Piesteritz, sieht sich selbst mit dem Rücken zur Wand. Im Oktober droht Kurzarbeit und vorerst auch die Produktionseinstellung. Alleine die Gasumlage würde das Unternehmen (bei Vollauslastung) rund 30 Mio. EUR pro Monat kosten! Das ist unmöglich zu erwirtschaften.

Brandbriefe an Berlin wurden schon geschrieben, unter anderem von den Lokalpolitikern in Wittenberg, wo SKW seinen Sitz hat. Mindestens die Gasumlage soll der Industrie erlassen werden, lautet die Forderung. Doch das wird nicht reichen.

SKW, eine Tochtergesellschaft des tschechischen Konzerns Agrofert, ist auch ein bedeutender Hersteller des Dieselzusatzes AdBlue, der aus Harnstoff hergestellt wird. Jeder LKW braucht AdBlue. Gas ist im Produktionsprozess unersetzbar. Energetisch theoretisch ja, aber stofflich nein.

Hält der jetzige Zustand länger an, ist das langsame industrielle Sterben in Deutschland vorprogrammiert. Es ist unmöglich, auch nur annähernd mit ausländischen Wettbewerbern mitzuhalten, die sehr viel geringere Energie- und Rohstoffkosten haben. Großkonzerne mit Standbeinen auf mehreren Kontinenten, wie BASF, können solche Situationen sicherlich auch länger meistern. Aber jeder muss sich irgendwann überlegen, ob die Produktion in Deutschland noch tragbar ist.

Es ist völlig klar: Der Gaspreis muss runter - koste es, was es wolle. Und zwar deutlich. Ein Deckel kann nicht auf dem aktuellen Niveau ansetzen.

Nur wie? Dazu scheint noch niemand in Berlin eine konkrete Idee zu haben. Zur Not kann der Staat eine Obergrenze festlegen und für die Differenz zum Marktpreis selber gerade stehen - aber das ist kein tragfähiges Modell auf Dauer. So macht es Frankreich übrigens mit dem Strom für den Endkunden. Der französische Bürger hat keinerlei Sparmotivation und zahlt Preise, von denen wir nur träumen können. Das ist aber sicherlich nicht der richtige Weg. Ein Preissignal ist wichtig, um Sparpotenziale zu heben. Der Preis kann etwas weh tun, aber er darf kein Killer sein.

Jetzt sind Ideen gefragt, die tabulos Wege aufzeigen. Alles muss auf den Tisch - neben natürlich nötigen Einsparungen müssen das auch Themen wie Fracking in Deutschland sein. Wir können nicht chronisch Umweltprobleme in andere Länder verlagern. Wir dürfen nicht mehr zulassen, dass Anwohnerproteste Lösungen verhindern.

Auf eines können wir sicher nicht verlässlich setzen: Dass Russland wieder deutlich mehr Gas liefert. Im Kreml freut man sich wahrscheinlich schon auf den kommenden Winter - und alle Konflikte, die uns nun drohen. Dieses Problem löst niemand für uns, wir müssen es selbst in die Hand nehmen.

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3 Kommentare

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  • Ex-Seemann
    Ex-Seemann

    Dem kann ich nur zustimmen. Die USA haben schon lange probiert Nord Stream 2 zu stoppen um ihr eigenes Gas zu verkaufen. Schliesslich könne man sich doch nicht in die Abhängigkeit Russlands begeben... Jedoch hielt die Deutsche Regierung daran fest. Bis zum Krieg!

    Wie freiwillig Deutschland nun das Projekt Nord Stream 2 eingestellt halt oder aber unter dem Druck von Uncle Sam seine Wirtschaft lieber gegen die Wand fährt wird man wohl nie erfahren. Aber in diesem Rahmen gibt es eine sehr interessante Frage: Wer profitiert von diesem Krieg? Russland sicher nicht. Ukraine auch nicht. Ich bezweifle, dass Europa aufgrund des Krieges sicherer, stärker und wohlhabender wird. Den Amerikanern war nebenbei ein zu starkes Europa schon immer ein Dorn im Auge. Dieses Problem haben sie zur Zeit wohl nicht mehr...

    08:59 Uhr, 27.08.2022
  • opi48
    opi48

    „Ein Großhandelsgaspreis, der 8 mal so hoch ist wie in den USA, kann die deutsche Industrie natürlich nicht unberührt lassen.“ - „Es ist unmöglich, auch nur annähernd mit ausländischen Wettbewerbern mitzuhalten, die sehr viel geringere Energie- und Rohstoffkosten haben.“ Der entscheidende ausländische Wettbewerber hat einen Namen - USA. Es war die US-Regierung, die Deutschland unter allen Umständen von Nordstream II abschneiden wollte. Damit ist das deutsche Geschäftsmodell (und das europäische!) erledigt, das auf preisgünstiger Energie, industrieller Produktion und aufnahmefähigen Märkten (1,4 Billionen Chinesen!) bei funktionierenden Lieferketten beruhte. Bei der ruinierten Wettbewerbsfähigkeit macht es schon keinen großen Unterschied mehr, dass Deutschland sich nun auch - wiederum im Gefolge der USA - an militärischen Gehässigkeiten gegen seinen wichtigsten Handelspartner China beteiligt (sechs Eurofighter zu Manövern in den Indopazifik). His Master’s Voice is calling…

    15:50 Uhr, 25.08.2022
  • angola_murksel
    angola_murksel

    Zu spät. Kritiker der deutschen Energiepolitik seit 2011 wurden in eine bestimmte poöitische Ecke geframt und unmöglich gemacht. Nun ist es so, wie es ist. Die Generation " Macht kaputt, was Euch kaputt macht !" hat gewonnen und zieht es durch. Rio Reiser wird´s freuen. Der ideologiebefreite, faktenorientierte und rationale Anleger hat seit spätestens Anfang 2021 die Auswirkungen dieser Politik in seinem Portefolio akzeptiert - alle deutschen Aktien bis auf jene mit Erneuerbare-Energienbezug eliminiert und umgeschichtet in internationale Rohstoffwerte. Uran, Kohle, Lithium - das volle Programm. Euro in Schweizer Franken getauscht und ins Schließfach gelegt und ansonsten die Barquote erhöht. Nun schauen wir halt mal, wo der Laden hinläuft..................

    11:56 Uhr, 25.08.2022

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Chefredakteur

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der vielseitig interessierte Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Seit 2012 leitet Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader)
Besondere Interessenschwerpunkte des überzeugten Liberalen sind politische und ökonomische Fragen und Zusammenhänge, Geldpolitik, Aktien, Hebelprodukte, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie generell neuere technologische Entwicklungen.

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