Achterbahnfahrt am Bosporus
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Von Fortis Investments
Seit Jahresbeginn hat der türkische Aktienindex ISE 100 rund 30 Prozent verloren (Stand: 31.03.2008, Bloomberg). „Eine solche Abwärtsfahrt ist nicht ungewöhnlich für den türkischen Aktienmarkt. Wir gehen davon aus, dass es auch wieder Berg auf gehen wird“, sagt Eli Koen, Fondsmanager des Fortis L Fund Equity Turkey von Fortis Investments. „Es fühlt sich eben ein bisschen so an, als ob man Achterbahn fährt. Das wichtigste dabei ist, die Nerven zu behalten“.
Zwischen März und Juni 2006 beispielsweise hat der ISE 100 über 40 Prozent verloren und dann im März 2007 diesen Rückgang wieder aufgeholt. Im Vergleich zum Zeitraum zwischen 1988 und 1999, als sich der Kapitalmarkt mit kurzfristigen Aufs und Abs insgesamt seitwärts bewegt hat, ist seit 2002 ein Aufwärtstrend zu erkennen - die Volatilität ist geblieben.
Finanzwerte günstig bewertet
„Gerade jetzt ist der Zeitpunkt günstig, um in den türkischen Aktienmarkt einzusteigen. Denn das geschätzte diesjährige Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt derzeit bei sieben – das ist eine attraktive Bewertung im Vergleich zu anderen Schwellenländern wie in Asien oder Osteuropa“, sagt Koen. Besonders günstig bewertet ist der Finanzsektor mit einem KGV von 6,1 (Stand 31.03.2008, Merrill Lynch).
„Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand sind türkische Banken nicht in die Hypothekenkrise involviert, weil sie im Heimatmarkt deutlich höhere Zinsen als im CDO-Geschäft erhalten haben. Folglich sind sie nicht mit Abschreibungen belastet. Die meisten Anleger sehen das jedoch nicht und scheren die türkischen Finanzwerte mit den übrigen über einen Kamm, die stark unter der Finanzkrise leiden. Selbst wenn das Gewinnwachstum dieses Jahr noch stark zurückgehen würde, wären türkische Banken noch attraktiv bewertet“, sagt Koen.
EU-Annäherung entscheidend
Für den aktuellen Rückgang am türkischen Aktienmarkt sieht Koen vor allem zwei Gründe: Die verschlechterte weltweite Marktstimmung und die geringere Bereitschaft von Anlegern, Risiko in Ländern mit einem hohen Leistungsbilanzdefizits einzugehen. „Dies trifft den türkischen Kapitalmarkt deshalb besonders, weil rund 75 Prozent der Aktien in Händen ausländischer Investoren liegt und diese in unruhigen Zeiten schnell ihr Kapital abziehen“.
Für zusätzliche Unsicherheit sorgen die derzeitigen Auseinandersetzungen zwischen der islamischen Regierung und den säkularen Kräften. „Klar ist, dass ein politisches Risiko Gift für jeden Kapitalmarkt ist, also nicht nur für den türkischen“. Langfristig gesehen ist jedoch aus seiner Sicht eines am wichtigsten: „Die Türkei muss sich politische und ökonomisch immer weiter an Europa annähern – egal, ob sie letzt endlich einmal zur EU gehören wird oder nicht“.
Verbesserte Fundamentaldaten
Die Fundamentaldaten rechtfertigen nicht den Einbruch an der türkischen Börse. Die Inflation ist seit 1994 von 120 Prozent auf derzeit 9,15 Prozent gesunken (Stand: 31.03.2008, Bloomberg). Der Dreimonats-Zinssatz ist von 83 Prozent (1998) auf 15,5 Prozent heute gefallen (Stand 31.03.2008, Bloomberg). Das im historischen Vergleich niedrige Zinsniveauniveau setzt einen Kreislauf in Gang, der die türkische Wirtschaft stabilisiert. Banken können Unternehmen zu günstigeren Konditionen Kapital leihen, wodurch diese wiederum ihr Wachstum finanzieren können. Und für Endverbraucher bleibt aufgrund der gesunkenen Inflation mehr Geld übrig, um Konsumgüter zu kaufen und Geld zu sparen.
Dieser Aufholprozess wird im steigenden Wirtschaftswachstum wider gespiegelt: Zwischen 2002 und 2006 betrug das Bruttosozialprodukt durchschnittlich pro Jahr 7,2 Prozent. 2007 lag es bei 4,5 Prozent (Quelle: Türkische Zentralbank). Die Folge: Die Türkei wird für ausländische Investoren attraktiv. Ausländische Direktinvestitionen (netto) sind von 0,6 Mrd. Dollar (1998) auf 20 Mrd. Dollar (2006) gestiegen (Quelle: Fortis Investments, Deutsche Securities).
Aufwertung der türkischen Lira
Die türkische Lira hat in den letzten Jahren gegenüber dem Dollar an Wert gewonnen. Während sie in der Vergangenheit bis zu 50 Prozent, 70 Prozent oder sogar 80 Prozent abgewertet wurde, waren es letztes Jahr während der Hypothekenkrise nur noch zwölf Prozent gegenüber dem Dollar.
„Eine stärkere Lira ist einerseits gut, weil die Türkei auf dem Weltmarkt billiger einkaufen und günstiger ihre Schulden begleichen kann. Sie setzt aber gleichzeitig die Exporte unter Druck, weil die Waren und Dienstleistungen teurer werden“, sagt Koen. Die meisten türkischen Exporte gehen in die Europäische Union (56 Prozent). Nordamerika ist mit vier Prozent der Exporte aus der Türkei einer der kleinsten Handelspartner.
Quelle: Ostbörsen-Report
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