Kommentar
07:48 Uhr, 07.02.2023

Abschuss eines chinesischen Ballons durch die USA ist Auslöser, nicht aber die Ursache für Gewinnmitnahmen bei S&P500, Nasdaq, DAX und Euro

Die Aktienmärkte hatten nicht lange Zeit, um den starken US-Arbeitsmarktbericht vom Freitag zu verdauen. Zum Start in die neue Handelswoche gab es neuen Gegenwind. Könnte es zu einer Trendwende nach unten an den Märkten kommen?

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Mit Gewinnmitnahmen sind S&P 500 (4.111,08  -0,61 %), Nasdaq-100 (12.464,52  -0,87 %)und DAX (15.345,91  -0,84 %)in die neue Woche gestartet. Auslöser war der Abschuss eines angeblichen chinesischen Spionageballons durch die USA. Damit nehmen die Spannungen zwischen den beiden Weltmächten weiter zu, nachdem viele Investoren zuvor trotz zahlreicher gegenteiliger Signale gehofft hatten, dass sich die Lage entspannen würde.

Damit trüben sich die Aussichten für die Weltwirtschaft ein, woraufhin Investoren beim DAX mit seinen vielen Zyklikern den Verkaufen-Knopf drücken. Die größten Verlierer im DAX sind Zalando , Porsche AG Covestro und adidas .

Bemerkenswerterweise flüchten Investoren aber nicht in den sicheren Hafen US-Anleihen. Vielmehr werden sie weiter verkauft – woraufhin die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen erneut nach oben schießen - , nachdem der überraschend starke US-Arbeitsmarktbericht vom vergangenen Freitag, 3. Februar die Sorge schürt, dass die Fed die Zinsen in den nächsten Monaten stärker anheben könnte als erwartet. So war die Terminal Rate für Juni am Freitag um herbe 13 Basispunkte (0,13 Prozentpunkte) auf 5,03 Prozent nach oben geschossen, während der Leitzins für die Fed Funds-Futures im Dezember 2023 sogar um 23 Basispunkte auf 4,58 Prozent explodiert ist.

Heute steigen die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen kräftig und sorgen damit – neben den zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China – für zusätzlichen Gegenwind bei S&P500, Nasdaq und DAX.

S&P500 ist sehr hoch bewertet

Allerdings ist der Abschuss des chinesischen Ballons meiner Meinung nach nur der Auslöser, nicht aber die Ursache für die Gewinnmitnahmen an den Aktienmärkten. Die Ursache ist meiner Meinung nach, dass der S&P500 nach der vorherigen Rally noch viel stärker überbewertet ist als zuvor. So liegt das KGV bei horrenden 18,4! Und das in einem Umfeld, in dem die Sorgen vor einer Rezession der USA und der Weltwirtschaft in den nächsten Wochen und Monaten zügig zunehmen sollten.

S&P 500
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Dass der gestrige Kursrückgang bei den Indizes aber nur so gering ausfällt, deutet für mich darauf hin, dass viele Investoren weiterhin Sorge haben, einen möglichen weiteren Anstieg an den Aktienmärkten zu verpassen, was sie auf dem hohen Niveau hält. Wenn die Lage zwischen den USA und China also nicht überraschend eskalieren sollte, und die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen nicht weiter nach oben schießen sollten, könnte sich die Lage an den Aktienmärkten allmählich beruhigen und eine deutliche Kurskorrektur erst einmal ausbleiben.

Die zunehmenden Spannungen zwischen den USA und China belasten auch den Euro gegenüber dem Dollar, hätte doch die Gemeinschaftswährung davon profitiert, wenn exportstarke Unternehmen, gerade aus Deutschland, im Fall einer kräftigen Belebung der chinesischen Wirtschaft mehr Güter dorthin ausgeführt hätten. Hingegen belasten Sorgen um die mögliche Konjunkturentwicklung in China und damit der Weltwirtschaft den Euro.

Warten auf Diskussion mit Powell

Umso gespannter warten Investoren auf die Diskussion zwischen Fed-Chef Jay Powell und David Rubenstein im Economic Club of Washington, die am morgigen Dienstag um 18.40 Uhr (deutscher Zeit) beginnt. Sollte sich Powell diesmal überraschend falkenhaft geben, was nach der Fed-Sitzung vom 1. Februar extrem überraschend wäre, dürften die Zinsen für zehnjährige US-Anleihen deutlich steigen und damit den Dollar nach oben ziehen. Das könnte gerade die US-Indizes deutlich belasten. Im umgekehrten Fall würde die Party an den Aktienmärkten neue Nahrung bekommen.

Im Fokus der Investoren stand gestern der weltgrößte Goldförderer Newmont Corp. (47,6000 $ -4,51 %).

Newmont Corp.
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Die Aktie des US-Konzerns bricht ein, nachdem er ein Übernahmeangebot für den australischen Konkurrenten Newcrest Mining Ltd. (15,784 € 1,34 %) für 17 Mrd. Dollar vorgelegt hat. Falls der Deal zustande käme, würde das Produktionsvolumen von Newmont bei Gold deutlich steigen, während der Konzern gleichzeitig stärker im Kupferbereich engagiert werde. Der Rohstoff erfreut sich nicht zuletzt aus dem Bereich E-Autos stark steigender Nachfrage.

Eine bemerkenswerte Kehrtwende nach oben hat der Ölpreis gegen 17 Uhr hingelegt. Grund war die Meldung, dass Saudi-Arabien den Preis für Asien ab März überraschend um 0,20 Dollar je Barrel anheben wird. Der Hintergrund dürfte sein, dass mit der Abschaffung vieler Corona-Maßnahmen in China die dortige Wirtschaft deutlich anspringen soll. Hingegen waren viele Experten von einer Preissenkung um 0,20 bis 0,30 Dollar ausgegangen.

Zudem warten Investoren auf eine Reihe von Konjunkturdaten, gerade aus den USA, und die nächsten Quartalszahlen aus den USA und Deutschland.

Deutschlands Industrieproduktion im Fokus

Am Dienstag um 8 Uhr werden die Zahlen zu Deutschlands Industrieproduktion veröffentlicht. Laut den Schätzungen der Volkswirte soll die Produktion im Dezember um 0,6 Prozent gegenüber dem Vormonat gesunken sein.

Zahlen von Uber und Disney auf der Agenda

Um Mittwoch um 12 Uhr legt der Fahrdienstleister Uber Technologies Inc. (33,90 $ 2,45 %)die Quartalszahlen vor, um 14 Uhr beginnt die Analystenkonferenz.

Uber Technologies Inc.
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Um 16.30 Uhr werden die Daten zu den US-Öllagervorräten vorgelegt. Von ihnen wird abhängen, ob sich die Notierung des Rohstoffs erholt, oder ob er schnell wieder nach unten in Richtung des 52-Wochen-Tiefs drehen sollte.

Nach Börsenschluss in den USA präsentiert The Walt Disney Co. (109,87 $ -0,76 %) die Ergebnisse.

Inflationsdaten für Deutschland im Blick

Am Donnerstag um 14 Uhr werden die zuletzt verschobenen Inflationsdaten für Deutschland veröffentlicht. Nach dem Auslaufen der Sondereffekte sollen die Verbraucherpreise im Januar um 1,0 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen sein. Gegenüber dem Vorjahr soll die Inflationsrate im Januar auf 9,1 Prozent klettern, nach 8,6 Prozent für Dezember. Sollten die Zahlen besser ausfallen als erwartet, könnten die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen einknicken und damit auch jene für US-Anleihen mit nach unten ziehen. Das würde der Rally bei S&P500, Nasdaq und DAX weiteren Rückenwind geben.

Nach Börsenschluss in den USA präsentiert PayPal Holdings Inc. (82,33 $ -3,73 %)die Ergebnisse.

China-Inflation und US-Verbrauchervertrauen im Fokus

Am Freitagfrüh kommen aus China die Daten zu Inflation und Produzentenpreisen.

Um 16 Uhr schließen die Zahlen zum US-Verbrauchervertrauen der Universität Michigan den Datenreigen dieser Woche. Laut den Volkswirten soll das Verbrauchervertrauen im Februar bei niedrigen 65 Punkten stagnieren.

In meiner Sendung "Euer Egmond" analysiere ich wöchentlich die Märkte!

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