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13:55 Uhr, 02.05.2007

Abgeltungssteuer bedarf Verbesserungen

Die geplante Abgeltungssteuer führt zu erheblicher Bürokratie, verschlechtert die Bedingungen für die private Altersvorsorge und führt zu einer Ungleichbehandlung vergleichbarer Anlageformen. Zu dieser Einschätzung kommt der BVI Bundesverband Investment und Asset Management. Damit die auch vom BVI grundsätzlich befürwortete Abgeltungssteuer ihre Ziele – Entlastung der Bürger, Finanzbehörden und depotführenden Stellen von bürokratischem Aufwand, höhere Akzeptanz der Besteuerung und damit Stärkung des Finanzplatzes Deutschland – erreicht, bedürfe es noch einiger Verbesserungen.

Die Investmentbranche fordert deshalb drei wesentliche Anpassungen: Erstens sollten Erträge aus Investmentfonds systemkonform besteuert werden, wenn sie ausgeschüttet werden oder der Anleger seine Investmentanteile veräußert. Würde an der jährlichen Besteuerung thesaurierender Investmentfonds und damit der Zuflussfiktion festgehalten werden, müssten zur Verhinderung einer Doppelbesteuerung die bereits vom Anleger jährlich versteuerten Erträge bei der Rückgabe von Fondsanteilen aus dem Veräußerungsgewinn herausgerechnet werden. So sieht es der Gesetzentwurf der Bundesregierung vor. Das hierfür erforderliche Verfahren würde zu einem enormen Bürokratieaufbau führen und den Vereinfachungseffekt der Abgeltungssteuer stark in Frage stellen, erklärt der BVI.

Zweitens müsste die Besteuerung langfristiger Veräußerungsgewinne gemildert werden, um der Geldentwertung und den Bedürfnissen der Bürger in Sachen Altersvorsorge Rechnung zu tragen. Die Folgen der Abgeltungssteuer für Vorsorgesparer macht die Investmentbranche an folgendem Beispiel deutlich: Bei einem Sparplan, bei dem der Vorsorgende 30 Jahre lang jeden Monat 100 Euro in Aktienfonds anlegt, kann der Sparer nach 30 Jahren durchschnittlich ein Endvermögen von rund 150.000 Euro erreichen. Bis lang bekam er diese Summe komplett ausgezahlt, in Zukunft müsse er auf den Wertzuwachs in Höhe von 114.000 Euro 25 Prozent Abgeltungssteuer zuzüglich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag zahlen. Ein Steuerbescheid von rund 32.000 Euro wäre die Folge. "Dies stellt eine erhebliche Beeinträchtigung der privaten Altersvorsorge dar und erschwert es, die wachsende Versorgungslücke zu schließen", sagt Stefan Seip, Hauptgeschäftsführer des BVI.

Zudem käme es ohne Abmilderung der Abgeltungssteuer auf Langfristanlagen zu einer Besteuerung inflationärer Scheingewinne: Bei einer angenommenen Inflationsrate von 2,34 Prozent für die nächsten 30 Jahre entspricht die Kaufkraft von 10.000 Euro heute einer Kaufkraft von 20.000 Euro in 30 Jahren. Wenn ein Anleger heute 10.000 Euro anlegt und seine Anlage in 30 Jahren auf 20.000 Euro wächst, hat er kaufkraftbereinigt keinen Gewinn erzielt, hat also keine Leistungsfähigkeit hinzu gewonnen. Dennoch ist vorgesehen, dass der "inflationäre Scheingewinn" von 10.000 Euro mit der Abgeltungssteuer belastet wird.

Drittens sollte für Anleger, die vor dem 1. Januar 2009 Sparverträge abgeschlossen haben, Bestandsschutz hinsichtlich der steuerlichen Behandlung von Veräußerungsgewinnen gewährt werden. Der BVI tritt dafür ein, dass hinsichtlich der Veräußerungsgewinne für die gesamte Laufzeit diejenigen steuerlichen Rahmenbedingungen anzuwenden sind, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses eines Investment-Sparplans galten.

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Über den Experten

Thomas Gansneder
Thomas Gansneder
Redakteur

Thomas Gansneder ist langjähriger Redakteur der BörseGo AG. Der gelernte Bankkaufmann hat sich während seiner Tätigkeit als Anlageberater umfangreiche Kenntnisse über die Finanzmärkte angeeignet. Thomas Gansneder ist seit 1994 an der Börse aktiv und seit 2002 als Finanz-Journalist tätig. In seiner Berichterstattung konzentriert er sich insbesondere auf die europäischen Aktienmärkte. Besonderes Augenmerk legt er seit der Lehman-Pleite im Jahr 2008 auf die Entwicklungen in der Euro-, Finanz- und Schuldenkrise. Thomas Gansneder ist ein Verfechter antizyklischer und langfristiger Anlagestrategien. Er empfiehlt insbesondere Einsteigern, sich strikt an eine festgelegte Anlagestrategie zu halten und nur nach klar definierten Mustern zu investieren. Typische Fehler in der Aktienanlage, die oft mit Entscheidungen aus dem Bauch heraus einhergehen, sollen damit vermieden werden.

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