Kommentar
13:34 Uhr, 24.02.2007

3 am weitesten verbreiteten Mythen in der Tradingwelt

Meine Arbeit als Tradingpsychologe hat es mir ermöglicht, faszinierende Einsichten auf jene Faktoren zu nehmen, die erfolgreiche von nicht erfolgreichen Tradern unterscheiden, und zwar unter den verschiedensten Vorraussetzungen, wie etwa Proptradingfirmen, Investmentbanken oder Hedgefonds. In meinem persönlichen Aufeinandertreffen und Arbeiten mit mehr als 100 professionellen Tradern in den letzten Jahren, bin ich zu dem Rückschluss gekommen, dass die meisten der Verallgemeinerungen über Tradingerfolg ganz einfach unwahr sind. In diesem Artikel dachte ich, dass ich die drei am weitesten verbreiteten Mythen zusammenfasse, die es über Tradingerfolg gibt, und gleichzeitig meine persönliche, andere Sicht der Dinge schildere.

Mythos # 1: Emotionen sind die Wurzel aller Tradingprobleme. Ja es stimmt. Emotionen können der Konzentration und Performance in die Quere kommen. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie die tatsächliche Wurzel darstellen. Tatsächlich ist eine emotionale Notlage oftmals das Resultat schlechten Tradings. Wenn Trader es nicht schaffen ihr Risiko entsprechend zu managen, die Positionsgrößen also zu groß für ihr Konto sind, dann laden sie überproportionale Ausschläge ihrer Stimmungen förmlich ein, die sich dann wiederum überproportional auf ihren Gewinn/Verlust auswirken. Genauso verhält es sich, wenn Trader unbestätigte Muster handeln, die ihnen keinen Vorteil an den Märkten bieten. Dann kommt es nämlich unweigerlich zu langfristigen Verlusten, und der Level an Frustration beginnt immer weiter zu steigen. Ich kenne viele erfolgreiche Trader, die heftig wetteifern und hochemotional sind. Ich kenne auch viele erfolgreiche Trader, die hochanalytisch vorgehen, und keinerlei Emotionen zeigen. Trading ist ein Leistungsbereich, und unterscheidet sich dahingehend nicht von Sport oder darstellender Kunst. Erfolg ist eine Funktion von Talenten (angeborenen Fähigkeiten) und Fähigkeiten (angeeignete Kompetenzen). Kein Ausmaß emotionaler Selbstkontrolle kann eine Person in einen erfolgreichen Musiker, Footballspieler oder Trader verwandeln. Wenn eine Person erst einmal die notwendigen Fähigkeiten und Talente für Erfolg besitzt, dann werden psychologische Faktoren zu sehr wichtigen Einflussfaktoren. Die Psychologie bestimmt wie konsistent Sie mit den Talenten und Fähigkeiten umgehen, die sie haben; sie kann diese Talente und Fähigkeiten jedoch nicht ersetzen.

Mythos # 2: Jeder, der bereit ist genügend Aufwand zu betreiben, kann mit Trading seinen Lebensunterhalt verdienen. Dies ist absoluter Schwachsinn. Wie viele Personen können davon leben Schauzuspielen oder Musik zu machen? Welcher Prozentsatz aller Sportler kann tatsächlich seinen Lebensunterhalt durch diese Tätigkeit bestreiten? Viele Menschen spielen Schach oder Poker, doch wie viele von Ihnen schaffen es, davon zu leben? Vereinfacht ausgedrückt, ist es bei jeder Leistungsaktivität notwendig, dass man indem was man tut, konstant gut ist. Nicht jeder hat das Talent, die Fähigkeiten oder den Ehrgeiz um erfolgreich zu sein – egal in welcher Branche. Von all den Tradern, die ich kennen gelernt habe, und die unter den verschiedensten Rahmenbedingungen arbeiten, seien es unabhängige Trader, die von zu Hause aus arbeiten, oder professionelle Trader in Firmen, hat sich ein Erfolgsfaktor ganz klar herauskristallisieren können. Und zwar das zur Verfügung stehende Kapital sowie die dem Trader zur Verfügung stehenden Ressourcen. Wenn es eine Person schafft Jahr für Jahr konstant 25 % Rendite zu erwirtschaften, dann würde sie zu den erfolgreichsten Money Managern weltweit gehören. Die meisten Money Manager von Investmentfonds, Hedgefonds und Pensionsfonds schaffen es nicht solch eine Performance konstant zu bringen. Wenn ein Trader jedoch mit einem Kapital von 50000 $ beginnt zu traden, dann ist er mit einem Profit von 12500 $ wohl nicht ganz zufrieden. Dieser Umstand verleitet den Trader dazu, stark gehebelte Investmentvehikel zu verwenden, und ein Bankrottrisiko (risk of ruin) einzugehen, das unweigerlich auftreten wird, sobald eine Verlustserie einsetzt. Tatsächlich ist das Verwenden von solch starken Hebeln der Ursprung für emotionalen Stress beim Trading. Werfen wir einen Blick darauf, wie die Turtles ihr Geld verdient haben. Sie haben sich eine Tradingmethode angeeignet, haben gelernt konstant mit dieser Methode zu arbeiten, und es wurde ihnen von Richard Dennis genug Kapital zur Verfügung gestellt, was ihnen wiederum erlaubt hat eine Vielzahl an Märkten zu handeln und in jedem dieser Märkte Positionen langsam auf- und abzubauen. Selbst mit diesen Ressourcen schafften es nicht alle Turtles erfolgreich zu sein. Talent, Fähigkeiten und die

Möglichkeiten sind die Zutaten für Erfolg, und diese sind relativ normal unter der Tradingbevölkerung verteilt, genauso wie sie auch relativ normal unter der normalen Bevölkerung verteilt sind.

Mythos # 3: Der übergeordnete Grund von Tradingmisserfolg ist das Verlieren der Disziplin. Dieser Mythos wird von „Tradingcoaches“ und „Gurus“ aufrechterhalten, die a) nicht selbst traden und b) ein rechtmäßiges Interesse daran haben, dass Sie glauben, dass ihr Service der einzige ist, der zwischen Ihnen und dem Erfolg steht. Der übergeordnete Grund für Tradingmisserfolg ist der Mangel an einem objektiven Vorteil an den Märkten, und zwar das Trading von unbestätigten Mustern, die niemals auf Erfolg getestet wurden. Wir würden ein Auto niemals kaufen, wenn wir lediglich einen Blick darauf geworfen hätten. Wir würden mehr Informationen einholen, eine Probefahrt machen und einen Blick unter die Motorhaube werfen. Erstaunlicherweise sind viele Trader dennoch bereit, wesentlich mehr Geld zu riskieren, wenn sie Muster traden, über die sie keine Informationen besitzen oder die sie nicht getestet hatten. Oftmals ist der Grund dafür, dass sie von diesen Methoden abschweifen, ihr ganz intuitives Empfinden, dass diese Methoden nicht funktionieren. In jedem Leistungsbereich finden wir eine harte und schnelle Wahrheit: Die besten Performer investieren mehr Zeit in das Üben ihrer Performance, als in die tatsächliche Performance. Dies gilt sowohl für die Broadwayschauspielerin, als auch für den Olympioniken. Viele Trader denken dennoch, dass das Training, das sie aufgrund ihres Jobs abwickeln, ausreichend sei. Unglücklicherweise überleben ihre Konten oftmals nicht ihre Lernkurven. Eine leitende Führungskraft eines Tradingunternehmens hat mir letztes Jahr anvertraut, dass die durchschnittliche Zeitspanne, für einen durchschnittlichen Trader 7 Monate beträgt, bis er sein Konto vernichtet hat. Dies ist der Grund, warum Brokerunternehmen immer auf der Suche nach neuen Kunden sind. Es liegt nicht daran, dass all diese Trader einen Mangel an Disziplin aufweisen: Sie haben ganz einfach nicht genug geübt, um herauszufinden, wo die richtigen Märkte sind und wie die dazugehörigen Tradingstile aussehen, und haben ihre Fähigkeiten nicht entsprechend verbessert. In jedem anderen Leistungsfeld ist es relativ einfach einen Herausforderungsbereich ausfindig zu machen: Sie können einem örtlichen Theater beitreten, eine Runde Golf auf einem Par 3 Kurs spielen, oder den Schwierigkeitsgrad auf ihrem Schachcomputer einstellen. Es gibt jedoch keinen einfachen Schwierigkeitsgrad, wenn es ums Trading geht. Wenn Sie einen Trade auf einer der wichtigen Börsen platzieren, dann spielen Sie von Tag 1 an gegen die Profis. Kein Wunder also, dass es dermaßen schwer ist, erfolgreich zu sein! Disziplin ist eine Vorraussetzung für Tradingerfolg, doch es bedarf wesentlich mehr, um erfolgreich zu sein. Dieser Erfolg verlangt konzentrierte Übung und die Kultivierung von Fähigkeiten beim Erkennen von Marktmustern und dementsprechendem Handeln.

In einer idealen Welt wäre es nicht notwendig diese Mythen in Frage zu stellen. Es wäre Ihnen möglich sehr realistische Botschaften über Tradingerfolg von Brokergesellschaften, Verkäufern, Tradinggurus, Büchern und Magazinen zu erhalten. In der Realität sieht es jedoch so aus, dass die meisten dieser kommerziellen Einheiten rechtmäßiges Interesse daran haben, einen Traum aufrechtzuerhalten, der in Wahrheit nur eine grausame Fantasie darstellt: und zwar, dass es ohne tatsächlichen anhaltenden Aufwand möglich sei, als Trader erfolgreich zu sein.

Macht mich das zu einem Spielverderber, der „Bah, alles Humbug!“ zu den Erwartungen tausender Trader sagt? Ich denke nicht. Der Grund dafür, warum ich mein neuestes Buch „Enhancing Trader Performance“ geschrieben habe, liegt darin, dass es einen gleichartigen Prozess zwischen dem Entwickeln von Spitzenleistungen in jeglichem Feld gibt. Dieser Prozess umfasst mehrere Komponenten:

Finden einer Nische - Das Identifizieren eines Leistungsbereichs, das einen maximalen Vorteil für Ihre Fähigkeiten, Talente und Interessen bietet.

Bedachtes Üben – das Einstudieren von Fähigkeiten in immer realistischer werdenden Umständen, um sich für die Herausforderungen der tatsächlichen Performance vorzubreiten.

Konstantes Feedback – Intensive Rekapitulierung der Performance um Stärken und Schwächen zu identifizieren, damit sie von ersteren profitieren und letztere in Angriff nehmen können.

Autor: Brett N. Steenbarger, Ph.D. Dieser Fachartikel wurde im Tradersjournal veröffentlicht.

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Über den Experten

Harald Weygand
Harald Weygand
Head of Trading

Harald Weygand entschied sich nach dem Zweiten Staatsexamen in Medizin, einer weiteren wirklichen Leidenschaft, dem charttechnischen Analysieren der Märkte und dem Trading, nachzugehen. Nach längerem, intensivem Studium der Theorie ist Weygand als Profi-Trader seit 1998 am Markt aktiv. Im Jahr 2000 war er einer der Gründer der stock3 AG und des Portals www.stock3.com. Dort ist er für die charttechnische Analyse von Aktien, Indizes, Rohstoffen, Devisen und Anleihen zuständig. Über die Branche hinaus bekannt ist der Profi-Trader für seine Finanzmarktanalysen sowie aufgrund seiner Live-Analysen auf Anlegerveranstaltungen und Messen.

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