Kommentar
16:28 Uhr, 08.01.2021

2021: Das Jahr mit dem Motto „Sell the facts“ am Aktienmarkt

An der Börse gilt häufig das Motto: Buy the rumor, sell the fact. Man soll in Erwartung eines positiven Ereignisses kaufen und verkaufen, wenn es eintritt. Dieses Motto dürfte das Jahresmotto 2021 werden.

An Erwartungen hat es 2020 nicht gemangelt. Erst erwarteten Anleger im März den Weltuntergang, dann freuten sie sich auf immer mehr Konjunkturhilfen und zuletzt auf den Impfstoff. All diese Erwartungen haben die Kurse in den Himmel wachsen lassen. Nun kommt die Zeit, in der sich die Erwartungen erfüllen. Die Frage, ob mit Entstehung der Fakten verkauft wird, ist absolut berechtigt, ja sogar notwendig. Eine Entwicklung gibt nämlich zu denken. Als Anfang November Moderna und BioNTech/Pfizer die hohe Wirksamkeit ihrer Impfstoffe vorstellten, schossen die Kurse nach oben. Für BioNTech ging es von 90 auf 130 Dollar nach oben. Bei Moderna ging es von 75 auf 170 Dollar. Zwischenzeitlich stand die Aktie von Moderna 40 % unter dem Hoch. Bei BioNTech waren es ebenfalls fast -40 %. Besser kann man „buy the romor, sell the fact“ gar nicht beschreiben. In Erwartung der Zulassung und Impfbeginn konnten die Aktien starke Zugewinne verzeichnen. Kurz vor Auslieferung der Impfstoffe begannen die Kurse zu purzeln und sie tun es immer noch. Die Kurse stiegen in Erwartung der Zulassung und des Impfbeginns. Verkauft wurde mit dem Beginn der Auslieferung, also dem Zeitpunkt, ab dem die Fakten galten. Da inzwischen viele Branchen von der Erwartung profitiert haben, fragt man sich, ob die Kurse 2021 halten. Ein Beispiel: die Flugindustrie.

Die meisten Ländern sind fleißig dabei zu impfen. Begrenzt wird die Kampagne durch Lieferengpässe und Logistik. Theoretisch, wenn nun wirklich alles nach Plan läuft, erreichen die USA im Frühsommer Herdenimmunität. Zusammen mit den bereits erkrankten und genesenen Menschen dürften 60-80 % der Bevölkerung geimpft sein müssen, bevor Herdenimmunität entsteht. Je nach Land wird dieser Wert zu einem anderen Zeitpunkt erreicht (Grafik 1).


Spätestens ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Fakten. Um beim Beispiel der Flugindustrie zu bleiben: in den USA ist das Passieraufkommen derzeit 55 % unter Vorjahr (Grafik 2). Die Kurse des Airline ETFs (Kürzel JETS) hat sich bereits kräftig erholt (Grafik 3). Er ist den Zahlen vorausgeeilt.

Mit 22 Dollar ist der Kurs so hoch wie auch in den Jahren 2015 und 2016. Der Kurs steht auch nur noch 20 % unterhalb der unteren Bandbreite, die vor der Krise galt. Da ist viel Fantasie in den Kursen. Es wurde eben in der Erwartung einer Besserung gekauft. Jegliche Besserung ist inzwischen eingepreist. Wenn erst die Fakten in diesem Jahr geschaffen werden, dürften Gewinnmitnahmen einsetzen.

Das gilt nicht nur für Airlines, sondern auch für Hotels, Restaurantketten, Kinobetreiber usw. 2021 wird nicht das große Jahr der Aufholjagd von besonders hart getroffenen Branchen. Die erwartete Erholung ist bereits in den Kursen enthalten. Es ist stattdessen wahrscheinlicher, dass, sobald sich die Normalisierung manifestiert, die Kurse für eine Zeit lang abwärts tendieren.


Wann es soweit ist, kann man noch nicht sagen. Seit Mittwoch gibt es eine neue Erwartung. Mit einer Mehrheit im Senat können die Demokraten nun weitere Konjunkturhilfen beschließen. Das wird zumindest erwartet. Es ist eine neue Erwartung, die den Markt treibt – bis das Paket tatsächlich beschlossen ist. Das kann Monate dauern. Man muss also nicht sofort eine Hängepartie des Marktes befürchten.

Clemens Schmale


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5 Kommentare

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  • Tüskendör
    Tüskendör

    Ein jetzt ungebuchtes Hotel hat auch dann nicht mehr Zimmer, wenn der Boom ausbricht.

    Gleiches gilt für vernünftige Restaurants, Airlines, Flugzeugbauer, Reiseveranstalter, Kreuzfahrer, Kaufhäuser, Modeketten... all denen fehlt im Prinzip ein Jahr Umsatz, Profit. Der weltwirtschaftliche Schaden ist enorm und unterhalb der Börsennotiz zum Teil fatal. Es braucht viel Boom um das aufzuholen. Das zunehmende Heer der Kurzarbeiter und Arbeitslosen wird dafür kaum die beste Basis sein. Lufthansa und Co. werden auch nach zwei Jahren Boom noch Schulden abbauen.

    Herrje - wie viel war der Markt angeblich im Januar 2020

    UNTERBEWERTET ,

    um nach diesem weltwirtschaftlichen Horror-Schaden nun diese jetzigen Bewertungen zu rechtfertigen? Es ist kein Krieg gewesen, in dem eine halbe Welt heil bleibt und die andere neu aufgebaut wird. Es ist ein weltumspannendes Problem, dass historisch seinen Vergleich sucht.

    Die Welt von morgen gibt es keinesfalls kostenlos.

    22:21 Uhr, 10.01.2021
  • Icaro
    Icaro

    Hallo Clemens,

    über "buy the rumor, sell the fact" hab ich mich auch sehr gewundert bzw. schon fast geärgert;

    Wer verkauft denn eine Firma, die drauf und dran ist, eine neue Impf-Technology (mRNA) in der gesamten menschlichen Welt zu etablieren;

    Die Umsätze überschlagen sich , die Gewinne werden überfliessen . . .

    Da sprechen wir doch nicht nur von einem C-Impfstoff, sondern auch von anderen menschlichen Geisseln, die dadurch verhindert werden können.

    Würden Sie ein Start-up verkaufen, das Penicilin erfunden hätte, oder ein Mittel gegen die Pest ?

    Warren Buffett sagt dazu :

    " Wer nicht bereit ist ein wunderbares Unternehmen zehn Jahre zu halten, ist auch nicht würdig,

    dieses Unternehmen zehn Minuten zu besitzen !"

    Darauf besinnen sich anscheinend jetzt doch wieder einige wirkliche Beteiligungs-Unternehmer,

    denn der Kurs von BioNTech und Moderna dreht sehr wohl seit drei Tagen an einer

    unteren Begrenzungs Linie . . . und zwar nach Norden !

    Ich denke, dass wir uns in zehn Jahren gegenseitig den dümmsten Börsenspruch sagen können,

    den ich kenne :

    "Hätte ich damals nur gekauft" ;-(

    Dasselbe gilt für die Flug- Reise- Unterhaltungs- und Event-Industrie :

    In Winterberg sieht man, was die Menschen nach dem dritten Lock-Down

    (der wütet gerade in China!)

    für ein unbändiges Bedürfnis nach Freiheit , Bewegung und frischer Luft haben.

    Ich behaupte, sobald mehr als 50 % geimpft sind und/oder einen Frei Test haben,

    werden sich auch die Kurse , Umsätze und Gewinne

    über Jahre hinaus benehmen wie eine Flasche Champagner,

    bei der man den Korken entsichert hat.

    Explodieren wird Sie (die ganze Flasche) von alleine !

    Wobei der Champagner nicht gekühlt war, sondern auf dem Balkon in der prallen Sonne stand !

    Schon jetzt redet Jeder davon , wie sehr er es "Krachen lassen wird" , wenn der ganze Sch. . . . .

    endlich vorbei ist.

    Die Flug - und Reise Gesellschaften werden sich vor Andrang nicht retten können,

    das aufgesparte und aufgestaute Fernweh zu vermarkten und in bare Gewinne zu verwandeln.

    Ebenso die Event-und Konzert Firmen, wenn es Sie noch gibt -

    Das Spar Vermögen der deutschen ist auf Höchststand (mehrere Billionen )

    Noch steckt die Corona - Angst und Unfreiheit sowie die Skepsis in den Kursen ,

    denn explodiert schaut anders aus !!

    Da lasse ich mich doch nicht in einer kleinen Korrektur ausstoppen !

    Die goldenen Zwanziger nach einer Vollkatastrophe ( World War I) hatten wir bereits einmal.

    Ich denke wir können uns bereits jetzt auf die nächsten Zwanziger freuen.

    Das Jahr 20Null ist vorbei !

    -und -

    Hurra !, "Wir leben noch" ! ; Kein Betriebsvermögen wurde ausgebombt !!!

    Die grossen Konzerne baden immer noch im Champagner (Cash)

    Selbst wenn ein Drittel der Wirtschaft pleite geht, haben wir uns immer wieder schnell erholt,

    zahlen wir halt mit BitCoin , oder Arbeitsbescheinigungen . . .

    war eh mal fällig, die Gelddruckerei zu beenden und den Geld Adel ,

    die Gründer der FED in Pension zu schicken. (Krypto Spruch : "Be your own bank !"

    Die dadurch ausgelöste Inflation zu bezahlen , überlassen wir

    als Besitzer von Aktien, Goldminen und Immobilien

    erst mal wieder "den Anderen" , die zu faul sind, um IHRE ARTIKEL zu lesen ;-) ,

    oder in den vergangenen "goldenen Zeiten" keinen einzigen Euro auf die

    (betriebliche) Seite gebracht haben.

    Mani,

    Nickname

    Money

    18:38 Uhr, 08.01.2021
    2 Antworten anzeigen

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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