Was ist ein IPO bzw. Börsengang eigentlich?
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In letzter Zeit mehren sie sich wieder, die sogenannten IPOs - also die Börsengänge, bei denen Unternehmen erstmals Aktien auf dem Kapitalmarkt anbieten. Alibaba jüngst mit dem größten Börsengang aller Zeiten, am 01.10.2014 der IPO des Online-Versandhandels Zalando, dicht gefolgt vom deutschen Internetinkubator Rocket Internet der Samwer-Brüder. Doch was sind IPOs eigentlich? Wie funktioniert ein Börsengang und was muss ein Unternehmen – und der Aktionär – beachten?
Definition IPO bzw. Börsengang
IPO ist eine Abkürzung für "Initial Public Offering" und bezeichnet das erstmalige Angebot von Aktien eines Unternehmens auf dem organisierten Kapitalmarkt. Die Bezeichnung IPO ist dabei identisch mit dem deutschen Pendant „Börsengang“, welches im weiteren Verlauf verwendet wird. Die erstmalige Ausgabe der Aktien, bei denen die Mittel dem Unternehmen zufließen, wird als Primary Offering (Erstplatzierung) bezeichnet und ist nicht zu verwechseln mit dem Secondary Offering (Zweitplatzierung), bei dem der Erlös lediglich den verkaufenden Aktionären zugutekommt.
Gründe für einen Börsengang
Die Gründe für einen Börsengang können vielfältig sein. Im Vordergrund steht jedoch meist die finanzielle Motivation, dem Unternehmen durch die Ausgabe der Aktie neue finanzielle Mittel zuzuführen, also das Eigenkapital zu erhöhen. Die Verwendung jener Mittel kann nun stark variieren. Wichtige Bereiche sind die Wachstumsfinanzierung des Unternehmens und die Verbesserung der Kapitalstruktur. Beispielweise plant ein Unternehmen sein Produkt zu internationalisieren und muss dazu weitere Fabriken bauen. Oder aber es möchte weitere Ressourcen in Forschung- und Entwicklung stecken, um später innovative und profitable Produkte verkaufen zu können. Auch kann jedoch das Ziel sein, durch eine Verringerung der Fremdkapitalkosten die Bonität langfristig zu verbessern oder gesetzlich geregelte Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen.
Ebenso kann der Börsengang jedoch aus der Motivation der bisherigen Eignern entspringen, die eigenen Anteile später im Handel zu einem attraktiveren Preis zu veräußern, als dies beim nicht börsennotierten Unternehmen der Fall wäre. Teilweise werden auf diese Weise auch Unternehmensabsplitterungen (Spin-Offs) geregelt, verbreiteter ist jedoch sicherlich die Intension der bisherigen Eigner (etwa die Gründer oder VC-Gesellschaften), sich von ihren Anteilen mit Gewinnerzielungsabsicht zu trennen bzw. diese zu versilbern (Exit). Um im letzteren Fall jedoch ein gewisses Ausmaß an Moral Hazard auszuschließen, wird zwischen Eigner, Emittent und Konsortialführer häufig eine sogenannte Lock-Up-Frist abgeschlossen, in der der bisherige Eigner seine Aktien nicht abstoßen darf.
Neben diesen Argumenten gibt es natürlich auch Begleitmotive wie bspw. die Steigerung des Bekanntheitsgrades, der gerade bei einer vorgesehenen internationaler Expansion des Unternehmens durch den Börsengang selbst nochmal beschleunigt wird. Seltener ist auch die Ermöglichung einer Mitarbeiterbeteiligung am Unternehmen ein Grund für den Börsengang.
Eigenkapital durch einen IPO? Warum eigentlich kein Fremdkapital?
Eine berechtigte Frage ist, warum sich ein Unternehmen den großen Aufwand macht, Geld über die Börse einzusammeln, anstatt einfach nur Fremdkapital bspw. in Form eines Darlehens aufzunehmen. Hier sind einige Unterschiede zu nennen, aus denen sich dann die Vorteile ableiten.
Beispielsweise wächst mit jedem weiteren Darlehen die Abhängigkeit gegenüber der Bank. Außerdem müssen die fälligen Zinsen regelmäßig und in jedem Fall zurückgezahlt werden, wohingegen die Dividende bei Aktien in wirtschaftlich schlechten Zeiten entfallen kann, sofern bspw. kein Gewinn erwirtschaftet wurde. Auch muss ein Kredit irgendwann getilgt werden – Aktionäre hingegen können ihr Geld nicht zurückverlangen. Sie müssen bei Bedarf ihre Anteile über die Börse an andere Anleger verkaufen.
Umsonst ist nichts! Nachteile eines Börsenganges
Natürlich bringt ein Börsengang auch einen hohen Aufwand mit sich, der den Vorteilen gegenüber gestellt werden muss. Dies beginnt schon bei der Entscheidungs- und Vorbereitungsphase. Zahlreiche Analysen müssen intern wie extern erstellt werden, geeignete Emissionsbanken bzw. das Konsortium müssen gewählt und bezahlt werden, hinzu kommen Kosten für juristische und steuerliche Beratung und Aufwendungen für Marketingmaßnahmen. In Summe kann somit durchaus von Kosten von ca. 2 % - 10 % des Emissionsvolumens ausgegangen werden, die sich jedoch je nach Branche oder Unternehmensgröße stark unterscheiden können.
Jedoch gibt es auch strategische Nachteile eines Börsenganges. Schließlich gehört ein Börsennotiertes Unternehmen letztlich den Aktionären, wodurch die alleinige Macht der Unternehmensführung bzw. der Eigner nicht mehr existiert. Was, wenn der Großteil der Aktionäre lieber kurzfristig hohe Dividenden bevorzugt, als auf den Gewinn zugunsten langfristig orientierter Forschungs- und Entwicklungsausgaben zu verzichten? Außerdem können börsennotierte Unternehmen je nach Listung einer erheblichen Informations- und Publizitätspflicht unterliegen, welche erstens weitere laufende Kosten mit sich bringt und zweitens teils kritische Einblicke in das Unternehmen zulässt.
Ablauf eines Börsenganges kurz und knapp
Der Börsengang ist ein weit angelegtes und langfristig zu planendes Unterfangen. Dabei lässt sich der Prozess bis zum Listing ganz grob in neun Schritte aufteilen.
- Auswahl der Konsortialbanken
- Annahme einer tauglichen Rechtsform (bpsw. AG, KGaA, etc.)
- Unternehmensanalyse
- Auswahl des Börsenplatzes und Analyse der Eintrittsbarrieren
- IPO-Kommunikation
- Marketing, Roadshows und Bookbuilding
- Festlegung der Preisspanne sowie des Emissionspreises
- Zeichnung und Zuteilung
- Listing und Settlement
Verschiedene Ligen, verschiedene Regeln – Die Marktsegmente in Deutschland
In Deutschland existieren grundsätzlich nur zwei gesetzlich geregelte Marktsegmente bezüglich der Listung von Aktiengesellschaften. Diese unterscheiden sich letztlich durch die unterschiedlichen Transparenzanforderungen.
- Regulierter Markt
- Freiverkehr
Innerhalb dieser gesetzlichen Marktsegmente existieren teilweise noch weitere Untergliederungen, so etwa an der Frankfurter Wertpapierbörse bspw. der General Standard und Prime Standard im Rahmen des regulierten Marktes sowie der Entry Standard im Segment des Freiverkehrs.
Der General Standard im Rahmen des regulierten Marktes muss zunächst den gesetzlichen Mindestanforderungen des regulierten Marktes entsprechen. Zudem muss nach Abschluss des Geschäftsjahres zeitnah ein Jahresfinanzbericht erfolgen, ein Halbjahresfinanzbericht sowie Zwischenmitteilungen für Quartal 1 und Quartal 3 des Geschäftsjahres sind ebenfalls zu veröffentlichen. Des Weiteren gilt die Ad-Hoc-Publizitätspflicht, die Offenlegung von Directors‘ Dealings, Einhaltung der Mitteilung von Meldeschwellen sowie ein zu unterbreitendes Pflichtangebot bei Kontrollwechsel.
Der Prime Standard, ebenfalls Bestandteil des regulierten Marktes, setzt als noch strengerer Transparenzlevel zunächst die Einhaltung aller Pflichten voraus, die sich aus dem General Standard ergeben. Darüber hinaus muss die Berichterstattung inkl. der Quartalsberichte auch in englischer Sprache erfolgen, ein aktueller Unternehmenskalender muss veröffentlicht sowie mindestens eine Analystenkonferenz pro Jahr durchgeführt werden.
Im Bereich des Freiverkehrs stellt der Entry Standard den geringsten Transparenzlevel dar. Hier müssen lediglich „bedeutsame Unternehmensnachrichten oder Umstände“ unverzüglich, ein Jahresabschluss spätestens nach sechs Monaten nach Beendigung des Berichtzeitraums sowie ein Kurzportrait und ein Unternehmenskalender veröffentlicht werden. Des Weiteren ist nur ein Zwischenbericht zum Halbjahr Pflicht.
Aus Unternehmenssicht bedeuten diese verschiedenen Level ein unterschiedliches Ausmaß an Kosten und Aufwand. Investoren bevorzugen natürlich eine höhere Informationsqualität. Der gewählte Standard kann somit letztlich auch eine Auswirkung auf die Bekanntheit und den Erfolg eines Börsenganges haben.
(geschrieben von Philipp Berger)
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