Wissensartikel
11:22 Uhr, 04.09.2014

Chartanalyse als Hilfsmittel: Einfach anfangen!

Stefan Salomon ermuntert dazu, nicht zu viele innere Hemmschwellen vor dem Gang auf das Börsenparkett aufzubauen. Wenn Einsteiger einige Grundlagen beachten, können sie rasch an den Märkten partizipieren. Der Chartanalyse kommt hierbei eine besondere Rolle zu.

Sie sind Einsteiger? Dann möchte ich Sie auf das Herzlichste in der Welt der Börse und der Charttechnik begrüßen. Und keine Angst – Börse ist einfach! Insbesondere für Anleger, die sich noch gänzlich unbefangen an die Materie "Börse" und "Chartanalyse" heranwage. Denn eines vorab: Machen Sie sich die Börse nicht zu kompliziert. Steigt ein Markt, so versuchen Sie einfach mit dem Trend zu investieren. Fällt dagegen ein Wert, eine Aktie oder ein Rohstoff, meiden Sie einen solchen Markt. Und das ist eigentlich schon das ganze Geheimnis des Börsenerfolgs! Gehen Sie immer mit dem Trend. Lassen Sie sich mit der Börse treiben – aber versuchen Sie bitte nicht, gegen den Strom zu schwimmen.

Chartanalyse ist hierbei ausgesprochen hilfreich, um zu erkennen, in welche Richtung die Masse der Anleger strebt. Auch hier gilt: Keep it simple stupid! Oder auf Deutsch: Halten Sie die Sache so einfach wie möglich. Ich kenne Börsianer, die mit Bleistift und Lineal und ein wenig Geduld deutlich erfolgreicher agieren als so mancher Trader, der versucht, täglich dem Markt ein paar Punkte abzujagen.

Doch wie sollten Sie nun vorgehen? Schauen Sie sich einfach einmal einen Chart an und versuchen Sie, die grobe Richtung zu erkennen. Geht es eher auf- oder abwärts? Können Sie dann noch eine Trendlinie an den Kurs anlegen, erhalten Sie zudem ein Signal, wenn eine solche Trendlinie gebrochen wird – ihre ursprüngliche Annahme einer Richtung des Marktes also verlassen wird.

Letztlich sollten Sie also gleich zu Beginn ins kalte Wasser springen und eine eigene Analyse – vorzugsweise eine einfache Trendanalyse mit einem Linienchart – erstellen.

Wie erstellt man eine Chart-Analyse?

Private Anleger begehen in der Regel den Fehler, zu Beginn ihrer Börsen-Karriere keine eigenen Analysen zu erstellen und auch über keine klaren, widerspruchsfreien Handelsregeln zu verfügen.

Eine kleine Hilfestellung, wie man eine Analyse erstellen kann, sei Ihnen mit der folgenden „Checkliste“ an die Hand gegeben. Ausgehend von der Methodik, mit der Anleger einen Markt oder einen Wert untersuchen, sind einige Grundregeln zu beachten.

1. Beschreibung des Kursverlaufes

Vorab steht die Beschreibung des Kursverlaufes – möglichst ohne Interpretation oder vorweggenommenen Folgen. Hier werden die meisten Fehler gemacht: Es wird versucht, die schon vorgefasste Meinung, das „Vorurteil“, mithilfe der Chartanalyse zu untermauern, ohne dass dem Markt „zugehört“ wird.

Beispiel einer bloßen Beschreibung des Kursverlaufes:

„Der Dax verharrt seit acht Handelstagen innerhalb einer Range zwischen 9.700 und 9.755 Punkten. Hierbei zeigen sich an der Unterstützung lange Lunten, am Widerstand dagegen usw.“ Aus dieser Beschreibung ergeben sich dann erste Signale oder eine Interpretation. Ein "Voruteil" hingegen gegenüber dem Markt würde sich derart ausdrücken:

Beispiel eines Vorurteils gegenüber dem Markt:

„Der DAX kann nicht weiter ansteigen. Die US-Notenbank ist hilflos, der Markt muss bald fallen. Der Chart zeigt mir Widerstand bei 9.755 Punkten an – deshalb verkaufe ich bei der nächsten Gelegenheit den DAX und setze auf fallende Kurse.“

Achten Sie nur auf die Signale! Gehen Sie nur mit dem Markt! Der Chart zeigt Ihnen, was zu tun ist! Handeln Sie keine Meinung!

2. Hauptaussage der Analyse

Die Hauptaussage sollte in Verbindung mit der technischen Beweisführung stehen, also weshalb eine bestimmte Annahme getroffen wird – z.B. Trendwendemuster, Trendkanäle, Shooting star etc. und daraus resultierende Kursziele.

Beispiel:

„Eine Trendwende kann angenommen werden. Der Bruch des Abwärtstrends in Verbindung mit dem vorherigen Trendwendemuster lässt gute Chancen für weitere Kurssteigerungen erkennen. Aus der vorherigen Schwankungsbreite lässt sich ein Kursziel bis mindestens.... ableiten.“

3. Alternativ-Szenario zur Hauptaussage

Die Hauptaussage ist das wahrscheinlichste Szenario. Da stets die Möglichkeit besteht, dass auch das unwahrscheinliche Szenario eintritt, sollte ein Stopp-Kurs oder eine Kursverlaufsmöglichkeit dargestellt werden, die das vorgestellte wahrscheinliche Szenario nicht mehr gültig erscheinen lässt.

4. Zeitbezug

Je nach Methodik kann auch versucht werden, einen Zeitbezug in der Analyse zu nennen für die Hauptaussage – oder dieses unterbleibt, wenn die entsprechende Methodik keine hinreichende Angabe (z.B. durch fehlende statistische Untersuchungen) ermöglicht.

5. Fazit

Das Fazit ist die Verknüpfung der unterschiedlichen Zeitebenen und daraus abgeleitet das wahrscheinlichste Szenario mit „Stoppkurs“. Beachten Sie bitte stets: Der Markt reagiert mitunter nicht so, wie man es erwartet oder vielmehr das wahrscheinlichste Szenario entsprechend der Chartanalyse verspricht. Bestimmen Sie daher einen Punkt oder ein Niveau, bei dem Sie "neu nachdenken" müssen und ein neues Szenario entwickeln sollten.

6. Methodik

Die gewählte Methodik sollte erprobt und in sich widerspruchsfrei sein. Üben Sie daher erst einmal ganz praktisch und führen Sie bitte ein "Tagebuch" über Ihre echten aber auch verpassten oder nur auf dem Papier bestehenden Kauf- und Verkaufsentscheidungen.

Anhand dieser Aufzeichnungen können Sie auch stets ihre Regeln und ihre Kenntnisse, ihre Methodik stets aufs Neue überprüfen und Fehlinterpretationen hinterfragen.

Ausgehend von den Grundannahmen der Technischen Analyse:

1. Kurse bewegen sich in Trends
2. Verhaltensmuster und deren Folgen wiederholen sich

sollten Sie jedoch zuerst mit einer Trendanalyse (Trendlinien, Kanäle, Widerstände / Unterstützungen) beginnen und diese auch verbinden mit dem Umsatzverhalten. Gleichberechtigt schließt sich die Formationsanalyse an (zu der auch im weiteren Sinne Candlesticks oder Point&Figure-Formationen gehören). Aufbauend auf diesen „Grundanalysetechniken“ können dann zur weiteren Entscheidungshilfe oder Zustandsbeschreibung des Marktes auch Indikatoren unterstützend angewendet werden. Viel Erfolg!

Stefan Salomon arbeitet als Technischer Analyst für GodmodeTrader. Er ist Spezialist für Candlesticks in Verbindung mit der Trend- und Formationsanalyse. Mit fast 20 Jahren Erfahrung ist Stefan Salomon gefragter Medienpartner und Vortragsredner. Einem breiten Publikum ist er darüber hinaus als Analyst bei nt-v und DAF bekannt. In Seminaren und Webinaren sowie auf seinem Guidants-Stream vermittelt er sein Wissen an Börsen-Einsteiger, Fortgeschrittene und Profis

(geschrieben von Stefan Salomon)

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