Wissensartikel
15:46 Uhr, 08.11.2013

Achtung: Verlieren steigert Ihre Bereitschaft zum Risiko!

Uralte Instinkte zwingen Trader dazu in schwierigen Situationen mit dem Kopf durch die Wand zu wollen. Wie gefährlich dieses Bauchgefühl ist und warum Sie unbedingt auf Ihren Verstand vertrauen sollten, erläutert Trading-Experte Stefan Salomon.

Trader kennen es zur Genüge: Nach einer Reihe von Verlusten wird die Brechstange rausgeholt. Statt diszipliniert nur ein oder zwei Kontrakte zu handeln, wird „geistesabwesend“ das Risiko höher geschraubt. Es wird nicht nur mit höherem Risiko, höherem Kapitaleinsatz gehandelt, nein, es wird in der Regel auch schneller gehandelt.

Je mehr Verluste an einem Handelstag oder über eine ganze Reihe von Handelstagen entstehen, desto größer wird die Versuchung, einfach in den Markt zu gehen nach Bauchgefühl, um die Verluste mit einem einzigen „großen“ Trade wieder hereinzuholen. In der Regel klappt das allerdings nicht und die Verluste werden derart schmerzhaft, dass entweder das Konto leer ist oder der Trader sich eine zeitlich ausgedehnte Pause gönnt, um wieder er selbst zu werden.

Doch was passiert da eigentlich? Das „Brechstangen-Problem“ ist angeboren! Sie können nichts dafür! Trösten Sie sich bitte mit dem Gedanken, dass alle Trader dieses Problem kennen. Der eine mehr, der andere weniger ausgeprägt. Bei dem nächsten Fiasko in dieser Art brauchen Sie sich daher keine Selbstvorwürfe zu machen. Sie sind ein Mensch – und Menschen haben nun einmal angeborene Verhaltensmuster.

Verantwortlich für das „Brechstangen-Problem“ ist ein Gehirnabschnitt namens „anteriore gyrus cinguli“. Ein übrigens aus Sicht der Gehirnentwicklung sehr alter Gehirnabschnitt, der verantwortlich ist für mentale Flexibilität, Aufmerksamkeit, Überwachung von Motivation, er funktioniert wie ein Frühwarnsystem und ändert bei Gefahr unser Verhalten. Bei emotionalen Konflikten oder schwierigen Entscheidungen stimmt er uns optimistischer.

Was hilft nun gegen das „Brechstangen-Problem“? Einerseits natürlich das Verständnis über dieses angeborene Verhaltensmuster. Sie können dagegen einfach nicht an und es abschalten. Sie können sich jedoch aufmerksam beobachten. Unter anderem über ein Trading-Journal. Schreiben Sie nicht nur Ihre Trades mit Ein- und Ausstiegen auf. Sondern halten Sie auch fest, ab wann Sie Ihre Disziplin nicht mehr aufrechterhalten können. Ab welchem Punkt das Programm „Brechstange“ aktiv wird. So wissen Sie irgendwann, wann der Punkt erreicht ist, um Stopp zu sagen. Dann hilft in der Regel nur noch aufstehen, den Trading-Arbeitsplatz zu verlassen und den Computer auszuschalten.

Interessant für mich war einmal die Begegnung mit einer Traderin, die einen meiner „Mental-Workshops“ besuchte. Sie berichtete, wie sie nach einer Reihe von Verlust-Trades wie in Trance weiter gehandelt hätte und – das war dann das eigentliche Drama – nicht mehr aufhören konnte. Sicherlich ein extremes Beispiel. Das Risiko jedoch, das gesamte Depot zu verzocken, ist vorhanden. Achten Sie deshalb auch auf Ihre mentale Vorbereitung für einen Handelstag! Achten Sie darauf, sich stets wohlzufühlen, nicht überoptimisch oder überpessimistisch an einen Handelstag heranzugehen. Und achten Sie auf den kleinen Mann im Ohr, der Ihnen nach einer Reihe von Verlusten die Brechstange überreichen möchte.

Wer noch genauer wissen möchte, wie autonome Prozesse im Unterbewusstsein Gewinnchancen verringern, kann hier einen interessanten Beitrag in der Welt nachlesen.

(geschrieben von Stefan Salomon)

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