Kommentar
16:09 Uhr, 11.11.2003

Zurückhaltung bei sämtlichen Aktienfonds

In den vergangenen drei Jahren konnten sich Energieaktien besser halten als die bekannten, großen Standardwerte - auch wenn die ehemaligen Shooting Stars der Neuen Energien arg gebeutelt wurden. Wir fragten Ute Speidel, die beim Fondsanbieter dit den Energiefonds verantwortet, wie es weitergeht.

Frau Speidel, der dit Energiefonds hält in den zwei größten Positionen rund 20 Prozent des Fondsvermögens. Wo bleibt da die Risikostreuung?

Die Benchmark des Fonds, MSCI Energy und MSCI Utilities, enthält einige sehr große Positionen. Zum Beispiel ExxonMobil mit 15 Prozent in der Benchmark, BP und Royal Dutch/Shell mit jeweils knapp neun Prozent. Da ich aufgrund des KAGG [gesetzliche Grundlage: Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften, kurz KAGG] nur maximal zehn Prozent in einem Titel haben kann, bin ich schon gezwungenermaßen in Exxon signifikant untergewichtet. Aus Risikoüberlegungen liegt es nahe, nicht noch weitere Titel massiv unter zu gewichten, außer, ich hätte eine negative Einschätzung.

Das Portfolio setzt sich aus lediglich 32 Werten zusammen, die zudem sehr öllastig sind. Gibt es nicht mehr aussichtsreiche Titel und Branchen?

Wie bereits erwähnt hat die Benchmark des Energiefonds einige Titel mit sehr hohen Gewichtungen, so dass konsequenterweise - wenn die Benchmark nicht vollkommen ignoriert wird - tendenziell eher weniger Titel im Fonds sind. Im Portfolio sind wir eher `gaslastig´ als `öllastig´, da wir derzeit für den Gaspreis in Amerika sehr positiv gestimmt sind. Dies ist zum Beispiel EnCana, kanadischer Gasförderer, oder Devon, aber auch die Gaspipelineunternehmen Enbridge und Transcanada.

Welche Vorteile bieten Titel aus der Energiebranche? In wie weit hängt die Entwicklung mit der Konjunktur zusammen?

Ein Anstieg der Konjunktur ist in der Regel mit einem Anstieg der Nachfrage nach Rohöl und den verwandten Produkten verbunden. Die wesentlichen Bewegungen des Ölpreises waren aber in der Vergangenheit eher vom Angebot ausgegangen. Wichtige Stichwörter sind hier zum Beispiel das Ölangebot der OPEC und Nicht-Opec, Angebotsschocks, Produktionsausfall Irak, Streik in Venezuela etc.

Welche Rolle spielt ein Portfolio wie der Energiefonds in der Asset-Allokation, der Vermögensaufteilung? Wo ist es in Bezug auf Risiko und Chancen einzuordnen?

Die Asset Allocation für den privaten oder institutionellen Anleger ist ausschließlich Aufgabe des jeweiligen Anlageberaters, der Anlageuniversum und Risiko- sowie Laufzeitpräferenzen seines Kunden kennt. Aus meiner Sicht könnte ich mir derzeit ein Übergewichten der Branche gut vorstellen.

Ende der Neunziger Jahre standen Erneuerbare-Energie-Aktien hoch im Kurs. Heute sind einige Unternehmen nahe an der Pleite. Welche Rolle spielen diese im Portfolio? Von welchen Unternehmen halten Sie Anteile?

Derzeit - wie auch in der Vergangenheit - sind keine alternativen Energien im Portefeuille vertreten. Grund ist zum einen die viel zu geringe Marktkapitalisierung der meisten Titel, zum anderen sind in der Vergangenheit oft sehr viel Zukunftserwartungen eingepreist worden, die sich nicht oder zumindest nicht schnell genug erfüllt hatten. Aus dieser Erkenntnis mussten alle im Markt Lehren ziehen. Ballard Power zum Beispiel, dessen Marktkapitalisierung groß genug wäre, ist derzeit nicht im Fonds vertreten, weil wir in für die kommenden zwölf Monate keine Outperformance erwarten.

Was halten Sie generell von den verschiedenen Formen der erneuerbaren Energien? Gibt es Chancen, dass sie sich behaupten können?

Ein Problem stellt unsere Erfahrung aus der Vergangenheit dar, dass diese Unternehmen sehr stark von nicht vorher einschätzbaren politischen Entscheidungen sowie von Subventionen abhängen.

Die Investmentindustrie ist sehr zyklisch, seit einiger Zeit sind etwa Branchenfonds kaum noch gefragt. Spüren Sie diese Zurückhaltung auch beim Fondsvermögen?

Sämtliche Aktienfonds, nicht nur Branchenfonds, haben - im Gegensatz zu Rentenfonds - in den letzten Jahren Zurückhaltung gespürt.

Welche Rolle spielt der Vergleichsindex? Müssen Sie alle Werte kaufen, die dort enthalten sind? Gibt es Grenzen, wie weit Sie abweichen dürfen?

Der Vergleichsindex spielt eine Rolle, kann aber schon aufgrund des KAGG wie erläutert nicht vollständig abgebildet werden. Es gibt keine expliziten Abweichungsgrenzen.

Wie schätzen Sie die weitere Entwicklung des Sektors ein? Welche Chancen und Risiken gibt es?

Die Faktoren, die weiterhin für einen über den Erwartungen liegenden Ölpreis sprechen, sind nach wie vor intakt. Der vom Markt völlig unerwartete Beschluss der OPEC, sehr frühzeitig die Produktionsquoten zu senken, erhöht die Aussicht auf einen kräftigen Anstieg des Ölpreises in den nächsten Monaten. Nach wie vor ist sehr unsicher, wie viel der Irak in den nächsten Monaten produzieren wird. Wir schätzen die Aussichten für Energieaktien auf Sicht der nächsten Monate als positiv ein. Die Wahrscheinlichkeit eines deutlich höheren Ölpreises und die weiterhin noch nach oben zeigenden Gewinnrevisionen sind in den Notierungen von Energieaktien noch nicht ausreichend berücksichtigt. Die Bewertung der Aktien ist ausgesprochen interessant.

Quelle: Morningstar

Die Aufgabe der Fonds-Ratingagentur Morningstar ist es, leicht zugängliche Informationen und Anwendungen anzubieten um den Anlegern eine objektive Hilfe zu den mehr als 6.000 in Deutschland zugelassen Fonds zu geben. Als Teil des europäischen Netzes lancierte Morningstar seine Dienste in Deutschland am 23.05.2001 unter www.morningstarfonds.de

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