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16:35 Uhr, 28.12.2010

Zinsen sollten 2011 nicht signifikant steigen

München (BoerseGo.de) - Auf die jüngte Entwicklung an den Anleihenmärkten geht Alessandro Bee, Ökonom bei der Bank Sarasin, in seiner aktuellen Analyse ein. In den letzten Wochen war ein scharfer Anstieg der Zinsen auf US-Staatsanleihen zu beobachten. Der Katalysator für die höheren Zinsen war die Ankündigung der US-Regierung die Steuern zu senken, erläutert Bee. Der Zinsanstieg beschränkte sich jedoch nicht nur auf die USA, sondern auch in Deutschland und der Schweiz sind die Renditen von Staatsanleihen seit diesem Sommer stark gestiegen. Der breit abgestützte Anstieg lege laut Bee nahe, dass hinter den höheren Zinsen mehr steckt als nur die Fiskalmaßnahmen in den USA.

Tatsächlich hätten die Rezessionsängste, welche zu Beginn des Sommers im Anleihemarkt Einzug hielten, der Hoffnung auf robustes Wachstum im Jahr 2011 Platz gemacht. Es dränge sich laut Bee die Frage auf, ob mit besseren Konjunkturdaten in den letzen Wochen auch die Tiefzinsphase des Sommers zu Ende geht und der Investor sich auf eine weitere Korrektur auf dem Anleihemarkt im kommenden Jahr einstellen muss.

Drei Faktoren seien für die Zinsentwicklung im nächsten Jahr entscheidend. Der Gang der Wirtschaft, die Entwicklung der Inflation und die Geldpolitik, erläutert Bee. Die Wirtschaftsentwicklung wird seiner Meinung nach im nächsten Jahr gemäßigter ausfallen als noch in diesem Jahr. Die hohe Arbeitslosigkeit in den USA und die Sparanstrengungen der Regierungen in weiten Teilen Europas werden die Wirtschaftsaktivität im Jahr 2011 dämpfen, analysiert Bee. Dieses schwächere Wirtschaftswachstum werde sich auch in den Realzinsen widerspiegeln. Diese dürften nach Ansicht des Sarasin-Ökonomen in den USA - aber auch in Europa - auf einem eher tiefen Niveau bleiben.

Aufgrund der tiefen Auslastung der Wirtschaft in den meisten Industrienationen werde auch die Inflationsentwicklung im nächsten Jahr stark gedämpft. Zwar erwarten Bee und sein Team keinen weiteren Rückgang oder gar eine deflationäre Entwicklung - doch sie gehen davon aus, dass die Inflation 2011 wahrscheinlich auf dem derzeit rekordtiefen Niveau verharren wird. Das bedeute für die USA und den Euroraum Inflationsraten von circa einem Prozent. Auch in der Schweiz wird weiterhin Preisstabilität herrschen, fügen die Experten hinzu.

Moderates Wirtschaftswachstum und eine Inflationsentwicklung, die deutlich unter dem Zielband der Zentralbanken liegt, dürften diese dazu veranlassen auch 2011 mit ihrer Tiefzinspolitik weiterzufahren ist Bee überzeugt. Zudem habe die US-Notenbank im November angekündigt Staatsanleihen zu kaufen mit dem Ziel das Zinsniveau in den USA tief zu halten. Eine solche Bekenntnis zu einem tiefen Zinsniveau kann als eine Art Absicherung gegen einen möglichen, übermäßigen Zinsanstieg betrachtet werden, erklärt der Ökonom weiter.

Moderates Wachstum, rekordtiefe Inflation und eine weiterhin lockere Geldpolitik der wichtigen Zentralbanken deuten für das Jahr 2011 seiner Ansicht nach nicht auf signifikant höhere Zinsen hin. Deshalb ist der Zinsanstieg der letzten Wochen wohl eher eine Übertreibung als der Anfang einer größeren Korrektur, schließt Bee seine Einschätzung ab.

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Über den Experten

Christian Zoller
Christian Zoller

Christian Zoller studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Regensburg sowie an der WU Wien, mit den Schwerpunkten Investmentbanking und Corporate Finance. Seit 1995 ist er in den Bereichen Fundamentalanalyse und Technische Analyse tätig. Seine berufliche Laufbahn führte Zoller unter anderem zur Austria Presse Agentur (APA-Finance), zu BörseDaily und stock3. Zudem verfasste er Fachartikel für den Newsletter „Trendwatch“ des Heikin-Ashi-Experten Dan Valcu und ist Autor des Fachbuchs „Behavioral Finance bei Technischer Analyse“. Für die Finanzmarktanalyse verwendet Zoller unter anderem gerne Saisonalitäten, die Sentimentanalyse, Fundamentaldaten und die Charttechnik.

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