Nachricht
17:24 Uhr, 14.05.2024

Wunsch: EZB sollte sich nicht gleich auf Juli-Senkung festlegen

FRANKFURT (Dow Jones) - Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) sollte nach Aussage von EZB-Ratsmitglied Pierre Wunsch im Juni keine voreiligen Aussagen zum weiteren Zinskurs machen. "Wir sollten davon absehen, uns auf eine zweite Zinssenkung bereits im Juli festzulegen", sagte der Gouverneur der Belgischen Nationalbank dem Handelsblatt. Seiner Meinung würden die Märkte dann davon ausgehen, dass die EZB eine Serie von Zinssenkungen einleite.

Wunsch plädiert dafür, die Zinswende "schrittweise und nicht zu schnell" anzugehen. "Außer bei einem plötzlichen Schock in den kommenden Monaten müssen wir beim ersten halben Prozentpunkt an Zinssenkungen nicht mehr lange überlegen", sagte er. Nach den ersten beiden Zinssenkungen werde es schwieriger und es sei unsicher, wo die EZB am Ende mit den Zinsen landen werde.

Der Belgier sieht in einer verzögerten Zinswende in den USA mögliche Folgen für die EZB. "Höhere US-Zinsen können zu einem starken Dollar und damit zu importierter Inflation, also höheren Preisen bei uns führen", sagte Wunsch. "Das könnte dazu führen, dass wir unsere Leitzinsen langsamer senken."

Kritisch sieht Wunsch den Beschluss des EZB-Rats, Anleihekaufprogramme dauerhaft nach Klimakriterien zu gewichten. "Wir rücken vom strikt risikobasierten Ansatz ab und bewegen uns Richtung einer grünen Ausrichtung unserer Anleiheportfolios, die mit sekundären Zielen zusammenhängt", sagte Wunsch. Er befürchtet einen "Präzedenzfall", der zu einer stärkeren Politisierung der EZB führen könnte.

Kontakt zum Autor: hans.bentzien@dowjones.com

DJG/hab/sha

Copyright (c) 2024 Dow Jones & Company, Inc.