Kommentar
06:35 Uhr, 09.01.2020

Würgen Banken gerade den Aufschwung ab?

Ohne Kredit geht nichts und Kredit kommt nun einmal von den Banken. Diese halten sich derzeit auffällig mit der Kreditvergabe zurück.

Die Aufgabe von Banken ist die Kreditvergabe. Spätestens seit der Finanzkrise wissen wir, dass das nicht immer optimal funktioniert. Es wurden Kredite an Haushalte vergeben, die sich den Kredit für den Hauskauf gar nicht leisten konnten. Da diese Kredite verpackt und überall in der Welt verkauft wurden, kam es zu einer globalen Krise.

Seither sind Banken vorsichtiger geworden. Das hat direkt nach der Krise zu einer schleppenden Erholung geführt. Kredit ist immerhin das Schmiermittel des Wachstums. Banken müssen keinen Kredit vergeben, obwohl es ihre Aufgabe ist. Sie sind immer noch Unternehmen, die frei entscheiden können, was sie tun.

Aktuell entscheiden sie sich dafür weniger Kredit zu vergeben. Dadurch wird Kapital frei, das sie anderweitig einsetzen können. Vereinfacht ausgedrückt können Banken frei entscheiden, wofür sie ihr Kapital einsetzen. Sie können es nutzen, um Kredite zu vergeben oder andere Anlagen zu kaufen, z.B. Anleihen.

Letzteres geschieht gerade. Banken haben im letzten Jahr Anleihen im Wert von 500 Mrd. Dollar erworben. Die Kreditvergabe an Unternehmen bewegt sich im gleichen Zeitraum nicht vom Fleck (Grafik 1). Das ist kein neues Phänomen. Vergeben Banken weniger Kredit, wird Kapital frei, das anderweitig eingesetzt wird, meist zum Kauf von Anleihen.

Würgen-Banken-gerade-den-Aufschwung-ab-Kommentar-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-1

Es ist daher kein Zufall dass der Anleihebestand immer dann stark steigt, wenn die ausstehenden Kredite sinken oder stagnieren. Diese Umschichtung verläuft entlang des Konjunkturzyklus. Aktuell feiern Anleger schon den nächsten Aufschwung. Bei Banken ist die Feierlaune noch nicht zu spüren. Sie halten sich zurück und kaufen Anleihen als gäbe es kein Morgen mehr.

Das ist problematisch. Wachstum und Kreditvergabe sind eng miteinander verflochten (Grafik 2). Stockt die Kreditvergabe, stockt auch das Wachstum. Dabei ist es zugegebenermaßen nicht immer einfach zu sagen, was zuerst kommt: langsameres Wachstum oder langsamere Kreditvergabe.

Würgen-Banken-gerade-den-Aufschwung-ab-Kommentar-Clemens-Schmale-GodmodeTrader.de-2

Banken haben sich jedenfalls entschieden und werden restriktiver. Erstmalig seit der Finanzkrise werden die Kreditvergabestandards über alle Klassen hinweg verschärft. Das betrifft nicht nur Firmenkredite, sondern auch Kreditkarten und Autokredite.

Von einer Kreditknappheit kann man noch nicht sprechen. Damit der Aufschwung aber tatsächlich in die nächste Runde gehen kann, müssen Banken ihre Einschätzung bald ändern. Andernfalls dürfte es die wirtschaftliche Entwicklung erheblich bremsen.

Die Vorsicht der Banken sollte auch Anlegern zu denken geben. Ist wirklich alles so rosig und heile Welt wie der Aktienmarkt vermuten lässt?


Tipp: Testen Sie jetzt Guidants PROmax! Sie finden dort tägliche Tradinganregungen, direkten Austausch mit unseren Börsen-Experten in einem speziellen Stream, den Aktien-Screener und GodmodePRO inklusive. Jetzt das neue PROmax 14 Tage kostenlos testen!

49 Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen
  • grinder1337
    grinder1337

    zum artikel von herrn schmale: ich weiß nicht, was drin steht, aber ich weiß, was drin stehen müsste (original):

    This effectively means that China is fiscally unable to underwrite massive infrastructure projects and so any new world-economy-saving stimulus from China, as in 2015/2016, will be practically impossible.


    The end of the ‘Chinese Miracle’



    https://gnseconomics.com/en_US...

    13:57 Uhr, 10.01.2020
  • Schienenmann
    Schienenmann

    Nimmt eigentlich jemand die Essays von Herrn Schmale noch ernst? ich muss eigentlich schon immer lachen, wenn ich nur die Überschriften lese (hab keinen Pro Account). Das reicht in der Regel schon um zu erkennen, dass er tagtäglich Artikel postet, die sich zu 100% inhaltlich widersprechen. Heute ist Aufschwung, morgen wieder Rezession :-)

    13:48 Uhr, 10.01.2020
    1 Antwort anzeigen
  • trend-x
    trend-x

    die heute (abermals) geschönten US Arbeitsmarkdaten werden den Dow ca. 0,4 % im Plus schließen lassen. Die Billiglohn und Teilzeitjobs aus dem Hotel-/Gaststättengewerbe und Freizeitbereich steigen rasant weiter, zu Lasten der Festanstellungen.

    12:38 Uhr, 10.01.2020
    1 Antwort anzeigen
  • Lumpazi
    Lumpazi

    Übrigens: Ab heute müssen keine Reparationszahlungen mehr an die Siegermächte des 1. Weltkriegs (Versailler Vertrag von 1920) gezahlt werden. Seit 1953 waren das jährlich noch rund 5.1 Mio. EUR (10 Mio. DM).

    10:53 Uhr, 10.01.2020
    1 Antwort anzeigen
  • wolp
    wolp

    Wahrscheinlich gibt's keine große Nachfrage mehr. Jeder hat was er braucht. Merci

    20:38 Uhr, 09.01.2020
    1 Antwort anzeigen
  • Lumpazi
    Lumpazi

    ,,Die Aufgabe von Banken ist die Kreditvergabe." Aha! So wie: Die Aufgabe der Automobilhersteller ist es, für Fahrzeuge zu sorgen, ... der Bauern, Bäcker, Fleischer, den Hunger der Menschen zu stillen, ... der Musikproduzenten, Parfumiers und Bordellbetreiber Glückswünsche zu erfüllen?

    Wo bin ich hier? Welche Planungsbehörde ist aus dem Totenreich wiederauferstanden? Hat die schon Telefon?
    Die Aufgabe von Banken wie von jedem marktwirtschaftlichen Unternehmen ist es, Geld zu verdienen, und zwar mehr, als man hineinsteckt. Dazu bedienen sie eine Nachfrage. Sonst geht es wirklich ab ins Totenreich. ,,Vereinfacht ausgedrückt können Banken frei entscheiden, wofür sie ihr Kapital einsetzen." Sieh an, der Autor erinnert sich. Das ist schnöd-normale Marktwirtschaft, nicht ,,vereinfacht“.
    Die älteren Semester hier erinnern sich vielleicht an die berühmte Karikatur von 1973 oder 1974: Helmut Schmidt führt zwei Konjunkturgäule an den Geldbrunnen. Genscher schaut bedröppelt zu. Im Untertitel heißt es: Sie saufen nicht.
    Offenbar stagniert die Kreditnachfrage oder ist gar rückläufig, und der Zins auf Anleihen wirft mehr Gewinn ab. Das sagt etwas über die Konjunktur aus, und zwar nichts Gutes.

    16:19 Uhr, 09.01.2020
  • Der Sezessionär
    Der Sezessionär

    Ich kann Herr Schmales Artikel zu 1000% bestätigen !!!

    Habe gerade letzte Woche einen Kredit angefragt !

    Bei Smava ,den für -0,4 % !

    Ich hatte sogar angeboten Sonderrückzahlungen zu tätigen !

    Ich habe sogar eine Sofortrückzahlung über den Gesamtkredit abzüglich der - Zinsen angeboten !

    Trotzdem habe ich die 4 Billiarden € NICHT bekommen !!

    Ein Rotz ist das ..... Unverschämt!

    14:26 Uhr, 09.01.2020
    3 Antworten anzeigen
  • Takeprofit_01
    Takeprofit_01

    Ja genau, die gemeinen Banken, die vergeben schon wieder keinen Kredite. Was zeigen die Charts eigentlich? Europa, USA, Welt? Beim Chart-Labeling ist hier nach Platz nach oben.

    13:58 Uhr, 09.01.2020
    1 Antwort anzeigen
  • grinder1337
    grinder1337

    genau. auch ein perverses detail: die billigen kredite (zinsen = preis des gelds) bekommen nur solche, die eh schon genug haben. auf kosten derer, die eben nicht kreditwürdig sind oder nicht so leicht an kredite rankommen (z. b. KMU) und die zeche zahlen.

    12:45 Uhr, 09.01.2020

Das könnte Dich auch interessieren

Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

Mehr über Clemens Schmale
  • Makroökonomie
  • Fundamentalanalyse
  • Exotische Basiswerte
Mehr Experten