Kommentar
12:50 Uhr, 15.08.2011

Wo steht der DAX zu Jahresende?

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Die Kursziele vieler Banken und Analysten hatten in diesem Jahr lange Bestand. Seit zwei Wochen allerdings werden die Kursziele drastisch nach unten revidiert oder gar zunächst ganz ausgesetzt. Zu Beginn des Jahres lag die Konsensprognose bei ca. 7.500 Punkten. Nach derzeitigem Stand sind wir davon 25% entfernt. In den vergangenen Jahren haben Konsensprognosen vor allem dazu gedient zu bestimmen, wo der Dax nicht stehen wird. Die Extremwerte sind jedoch auch nicht besser. Diese lagen für 2010 im Bereich 5.300 und knapp 8.000 Punkten. Am Ende waren es um die 7.000 Punkte. Für 2011 lagen die Prognosen zwischen 6.000 und 9.000 Punkten. Irgendwo zwischen der Konsensprognose und dem oberen bzw. unteren Extremwert ist der tatsächliche Punktestand zu finden. In diesem Jahr ist es wohl eher unwahrscheinlich, dass es der Dax noch über 7.500 Punkte schafft. Für die verbleibenden viereinhalb Monate ist die Bandbreite von 6.000 bis 7.500 immer noch unbefriedigend hoch. Ich will hier den Versuch wagen, den Bereich deutlich einzugrenzen.

Bereits in meiner letzten Analyse (http://www.godmode-trader.de/nachricht/Dax-wie-geht-es-weiter-Wie-profitieren,a2612245.html) hatte ich auf die Parallelen zwischen Anfang 2008 und dem jetzigen Kurssturz hingewiesen. Auf dem ersten Chart sehen Sie die Kursverläufe von 2008 und 2011 überlagert. Die roten und weißen Kerzen sind von 2011 und die schwarz weißen von 2008. Die Ähnlichkeiten sind fast schon erschreckend. Der Abschlag in Punkten war ziemlich genau gleich hoch. Auch die Indikatoren haben einen fast identischen Verlauf. Während RSI und MACD derzeit etwas weniger negativ sind, ist der ADX Verlauf fast deckungsgleich. Der wesentliche Unterschied besteht bis jetzt darin, dass der zweite Rallytag vergangene Woche dynamischer war als jener von 2008. Auch die Volatilität ist ähnlich. Absolut gesehen ist der Volatilitäsindex V Dax mit einem Wert von über 50 zwar höher als damals mit 33, der prozentuale Zuwachs ist in beiden Fällen mit 100% jedoch übereinstimmend. Die entscheidende Frage ist, ob der weitere Verlauf auch so zuverlässig deckungsgleich sein wird. Das ist zugegebenermaßen sehr schwer einzuschätzen, denn die fundamentale Situation ist etwas diffiziler als vor drei Jahren. Ähnlichkeiten finden sich dennoch. Zu dem Kurseinbruch 2008 führten die ersten Anzeichen eines Kollaps des US Immobilienmarktes. Ebenso war abzusehen, dass einzelne Banken in Schieflage geraten könnten. Das löste massive Angst aus und führte zu einem Verlust von 1.700 Punkten im Dax. Danach konnte eine volatile 1.000 Punkte Erholung gestartet werden. Damit ist die grundlegende Dynamik eines Crashs bereits beschrieben: es tauchen Anzeichen für eine Katastrophe auf, die rasch eingepreist wird. Nach einigen Tagen bis wenigen Wochen wird erkannt, dass die Befürchtungen sich (noch) nicht mit Daten belegen lassen, sodass eine Erholungsrally gestartet werden kann. Spannend wird es eigentlich erst nach diesem immer wieder auftauchenden Muster in einem Zeitraum von 1-3 Monaten nach dem Crash. Dann zeigt sich durch Daten, ob die Angst begründet war oder nicht. Der wesentliche Unterschied zu 2008 ist das Ausmaß der Unsicherheit. Ohne zu ahnen, was im September 2008 noch geschehen würde, standen ein Abschwung auf dem Immobilienmarkt und eine dadurch bedingte, moderate Wirtschaftsabkühlung zur Debatte. Im Vergleich zu dem, was heute diskutiert wird, ist das ein wahrer Kindergeburtstag. Rezession, Deflation, Überschuldung und eine zweite Bankenkrise sind die Schlagworte im August 2011. Die Ausgangslage ist also weit dramatischer. Es wird darauf ankommen, wie sich die Politik verhält. Unter normalen Umständen ist jetzt eine volatile Aufwärtsbewegung zu erwarten, bis es ausreichend Hinweise gibt, die andeuten, ob sich der Abschwung materialisiert. So war es zu Beginn 2008. Seit der Pleite von Lehman fühlen sich die Politiker jedoch verpflichtet, in den Markt einzugreifen. Es steht natürlich außer Zweifel, dass Regierungen eine Lösung der Schuldenproblematik herbeiführen müssen, schließlich sind es Staatsschulden. Das allerdings bei jedem Zucken des Aktienmarktes Politiker vollkommen unkoordiniert und panisch teils absurde Dinge verkünden, hilft einfach nicht. Es ist nicht Aufgabe von Regierungen den Verlauf der Märkte zu beeinflussen. Umgekehrt wird seit Lehman auch von den Marktteilnehmern erwartet, dass sich Politiker zu Einkaufsmanagerindizes, Kursstürzen und Wechselkursen äußern. Politiker als intervenierende Analysten – das kann nicht funktionieren.

Zurück zum Dax. Vorausgesetzt aus den Reihen der Politik kommt kein grober Unfug mehr, ist von einem recht eindeutigen, weiteren Kursverlauf auszugehen. Dabei sollten sich Anleger von der weiterhin hohen Schwankungsbreite nicht verunsichern lassen. Zu Beginn eines Crashs bleiben meist nur ungläubige Blicke auf die Kurszettel. Es scheint, als gäbe es kein Morgen mehr. Just in dem Moment, in dem man sich entschließt zu verkaufen, steigen die Kurse. Der Verkaufspanik folgt der Kaufrausch. Eigentlich weiß niemand so recht, warum jetzt auf einmal die Kurse steigen sollten, aber sie tun es. Jeder will dabei sein und greift zu. Fundamental hat sich noch nichts geändert, die Unsicherheit bleibt hoch. Das führt zu volatilen Seitwärts- oder Aufwärtsbewegungen nach Crashs. Tagesgewinne und Verluste von 2-4% bleiben für einige Tage oder Wochen Standard. Während ein Teil der Marktteilnehmer überzeugt ist, billig einsteigen zu können, verkaufen andere jede Erholung und sind froh, wenn sie mit einigermaßen geringen Verlusten aus dem Markt herauskommen. Jedes Signal, das Hinweise auf den weiteren Verlauf geben könnte, wird für gewöhnlich überinterpretiert. Beide Faktoren halten die Volatilität hoch. Es wäre also für den Dax regelkonform sich bis Mitte September in dem Bereich 5.700-6.250 auszupendeln. Die Range von 550 Punkten oder 9% ist das Minimum und kann problemlos auf 800 Punkte ansteigen. Ende September könnte ein weiteres Tief ausgebildet werden, das in den Bereich 5.200-5.400 reicht bevor die Jahresendrally im Oktober startet.

Derzeit ist es schwer vorzustellen, dass es auch in diesem Jahr eine Jahresendrally geben soll. Dabei wurde seit 1990 nur in drei Jahren auf die Rally verzichtet. Im Oktober fällt für gewöhnlich der Startschuss, zumindest in 16 der vergangenen 21 Jahre. In Bullenmärkten brachte die Rally durchschnittlich 11%, in Bärenmärkten immerhin noch 3%. Mit Mittelwerten ist das allerdings so eine Sache. Die Abweichungen waren teils erheblich. In Bullenmärkten lag sie bei gut 11%, in Bärenmärkten bei 14%. Verfeinert man die Auswertung noch ein wenig, ergibt sich für eine Hausse immerhin mit 93 prozentiger Wahrscheinlichkeit eine positive Performance zwischen Anfang Oktober und Ende Dezember. In der Baisse liegt die Performance bei gleicher Wahrscheinlichkeit zwischen -11 und +12%. Das ist natürlich wenig hilfreich. Grund für diese enorme Bandbreite ist das Jahr 2008. Mit dem Schock der Lehman Pleite verlor der Dax in den letzten drei Monaten des Jahres über 17%. Lässt man diesen schockbedingten Absturz einmal außen vor, bewegen sich die Jahresendrallys zwischen -4 und +15% in Bärenmärkten.

Die Moral aus der Geschichte ist folgende: Tritt in den kommenden Wochen kein Schockereignis ein, ist davon auszugehen, dass der Dax in etwa den blau eingezeichneten Verlauf auf dem zweiten Chart gehen wird. Das grün eingezeichnete Szenario ist höchst unwahrscheinlich. Nachdem wir mit einem Crash in den Bärenmarkt gerutscht sind, zeigt die Erfahrung, dass eine Rückkehr in den Bullenmarkt innerhalb von 6 Monaten so gut wie ausgeschlossen ist. Um so etwas zu bewerkstelligen müssten schon die USA in der zweiten Jahreshälfte um 4% wachsen und die Unternehmen die Gewinnerwartungen erneut deutlich schlagen. Das rot eingezeichnete Szenario tritt dann ein, wenn ein erneuter Schock auftritt. Möglichkeiten gibt es dafür ausreichend. Eine weitere Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA wäre vorstellbar, ebenso wie eine Herabstufung Frankreichs. Vergangene Woche gab es Gerüchte um massive Probleme bei französischen Großbanken. Es wird spekuliert, diese Gerüchte seien falsch gewesen. Allerdings hieß es das auch 2008 zu Lehman und Merrill Lynch. Ebenso denkbar wären radikal abstürzende Konjunkturindikatoren, Wachstumseinbruch in China oder anderen großen Industrieländern sowie die Notwendigkeit für ein großes Land unten den Euro Rettungsschirm zu müssen. In diesen Fällen sind Kursziele zwischen 4.500 und 5.000 Punkten für Jahresende denkbar. Zusammenfassend ergibt sich als favorisiertes Szenario eine volatile Phase bis Ende September mit Potential bis 6.300 Punkten, eventuell mit einem neuen Tief unter 5.500 (keine Bedingung) und einer Jahresendrally ausgehend von 5.400-5.800 mit Potential bis 6.400-6.750.

Aufgrund der ausführlich beschriebenen Unsicherheitsfaktoren ist es kaum möglich ein sinnvolles Investmentszenario zu entwerfen. Ich persönlich bin zwar optimistisch und kann mir sogar vorstellen, dass nach neuen Tiefs bei 4.500 innerhalb der nächsten 8 Monate ein neuer Bullenmarkt beginnt, allerdings bleiben das derzeit wilde Spekulationen, die keine Performance fürs Depot bringen. In meiner letzten Analyse hatte ich bereits einen Korridor Hit Optionsschein vorgestellt. Diese Instrumente sind in der derzeitigen Marktlage interessant. Korridor Hit OS haben keine Knock Out Schwellen. Allerdings haben sie ein oberes und unteres Hit Level. Wird eines dieser Level zu Laufzeitende nicht erreicht, verfallen die Scheine wertlos. Attraktiv sind die Scheine derzeit nur für kurze Haltedauern von wenigen Tagen oder Wochen, keinesfalls bis Laufzeitende, da es unwahrscheinlich ist, dass sie die Schwellen erreichen. Befindet sich der Dax Kurs in der Mitte der oberen und unteren Schwelle, ist der jeweilige Schein am attraktivsten, da in diesem Fall bei fallenden oder steigenden Kursen profitiert wird. Kann der Dax bis 6.500 Punkte ansteigen, bietet sich der Schein DE000SG1VMN3 mit den Hit Levels 4.000 und 9.000 Punkte an. Der Schein läuft bis zum 14.12.12. Der Spread ist im Vergleich zum Preis des Scheins sehr hoch. Es braucht also schon eine hohe Performance, um den Spread überhaupt erst wieder zu verdienen. Egal wie stark die Kurse steigen oder fallen werden, der Schein dürfte kaum wesentlich über 2,2 Euro steigen. Attraktiv bleibt der Schein über die nächsten 4 Wochen. Danach ist der Schein wegen des hohen Zeitwertverlustes kaum mehr eine Spekulation wert, wenn nicht ein erneuter Schock eintritt. Im Bereich 6.250 Punkte wird der bereits zuletzt vorgestellte Schein DE000SG1VMQ6 wieder attraktiv. Hier sind die Hit Level bei 4.750 und 7.750 bei einer Laufzeit bis 14.12.12. Kommt eines der Spekulationszenarien zustande, beträgt die Haltedauer wenige Tage, im Extremfall auch nur ein oder zwei Tage. Ist der zweifache Spread verdient, bieten sich Trailing Stops an. Hält sich der Dax an den Fahrplan kann alternativ auf eine sinkende Volatilität spekuliert werden, die in der kommenden Handelswoche regelkonform um 25-25% sinken sollte. Auf eine fallende Vola kann mit DE000CZ34KR0 (VStoxx) oder DE000CZ34KL3 (VIX S&P 500) spekuliert werden.Beachten Sie, dass es sich hier um sehr volatile Scheine handelt, die auch hohe Verluste bringen können. Ebenso ist das Emittentenrisiko zu bedenken.

Viel Erfolg

Clemens Schmale

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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