Kommentar
10:41 Uhr, 13.09.2019

Wirtschaftsprofessor will Milliardäre abschaffen und jedem 120.000 Euro schenken

Thomas Piketty ist zurück: Das Enfant terrible der Ökonomen schlägt in seinem neuen Buch radikale Wege vor, um die Ungleichheit zu verringern. Picketty will zwar den Kapitalismus überwinden, nicht aber die Marktwirtschaft.

Der Kapitalismus ist viel besser als sein Ruf: In den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten hat der Kapitalismus zu einer beispiellosen Explosion des Wohlstands auf unserem Planeten geführt, und zwar keineswegs nur in den Industriestaaten, sondern praktisch überall. Global betrachtet ist die Lebenserwartung so hoch wie nie zuvor und die Säuglingssterblichkeit geringer als jemals zuvor. Allerdings hat der Kapitalismus auch die Ungleichheit befördert.

Einzelne Menschen sind so reich, dass sie in einem Menschenleben unmöglich so viel Geld ausgeben können, wie sie einnehmen. Gleichzeitig führt das Vermögen dazu, dass diese Personen auch auf politischem Gebiet immer mehr an Einfluss gewinnen. Auf Dauer könnte die Demokratie in Gefahr sein und von einer Plutokratie abgelöst werden, einer Herrschaft der Reichen.

Im Jahr 2013 legte der französische Ökonom Thomas Piketty mit seinem Buch "Das Kapital im 21. Jahrhundert" den Finger in die Wunde der steigenden Ungleichheit im globalen Kapitalismus. Vor allem die englische Übersetzung schlug im Jahr 2014 ein wie eine Bombe und wurde von zahlreichen ernstzunehmenden Ökonomen heiß diskutiert. Wirtschaftsnobelpreisträger Paul Krugman bezeichnete das Werk sogar als "das wichtigste Buch des Jahres 2014, vielleicht des Jahrzehnts."

Jetzt ist Thomas Picketty zurück mit einem neuen Buch, "Capital et Idéologie" (zu deutsch: Kapital und Ideologie). Das neue Werk ist mit 1.232 Seiten noch umfangreicher als das erste Buch des Ökonomen.

Das neue Buch liefert anders als das erste Buch nicht nur umfangreiche Statistiken zu den Themen Einkommen, Vermögen und deren Verteilung, sondern ist eine Art "Weltgeschichte der Ungleichheit", in dem Picketty auch darlegt, wie wirtschaftliche Ungleichheit in der Geschichte ideologisch gerechtfertigt wurde.

Picketty hat radikale Lösungen im Sinn, um die globale Ungleichheit zu überwinden:

  • Eine progressive Vermögenssteuer soll verhindern, dass Menschen zu Milliardären werden. Die Steuer würde nach Pickettys Ideen bei einem Vermögen von 100.000 Euro einsetzen. Bei einem Vermögen von unter 200.000 Euro würde der Steuersatz aber nur 0,1 Prozent betragen. Mit zunehmendem Vermögen steigt der Steuersatz dann an. Bei einem Vermögen von einer Milliarde Euro und darüber läge der Steuersatz bei 90 Prozent. Picketty verweist darauf, dass ausgerechnet die USA nach dem ersten Weltkrieg bereits einmal eine Vermögenssteuer in dieser Höhe hatten.
  • Aus der Vermögenssteuer soll die Kapitalbildung junger Erwachsener finanziert werden. Für Frankreich schlägt Picketty vor, dass jeder, der 25 Jahre alt wird, 120.000 Euro erhalten soll. Nicht für den Konsum, sondern um damit eine Wohnung zu erwerben oder eine Firma gründen zu können.
  • Die Macht der Superreichen will Picketty einschränken. So soll kein Aktionär mehr als zehn Prozent der Stimmrechte eines Unternehmens halten dürfen, egal wie hoch der Kapitalanteil auch ist. Ein Aktionär könnte zwar mehr als zehn Prozent der Aktien an einem Unternehmen halten, die Stimmrechte wären aber bei 10 Prozent gekappt. Die Mitbestimmung der Arbeitnehmer, wie sie auch die deutschen Soziale Marktwirtschaft vorsieht, soll ausgebaut und weiterentwickelt werden.
  • Reformen bei der Parteienfinanzierung sollen verhindern, dass Reiche einen ungebührlichen Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung ausüben können. Das Bildungssystem soll unabhängig von der sozialen Herkunft eine zukunftsfähige Ausbildung aller ermöglichen. Bei Besteuerung und in der Politik will Picketty außerdem nach Möglichkeit die Nationalstaaten überwinden und eine internationale Ordnung etablieren, um zu verhindern, dass sich das Kapital einfach neue Rückzugsorte sucht.

Das wirklich Erstaunliche an den Vorschlägen Pickettys ist, dass er zwar nach eigenen Angaben den Kapitalismus überwinden will, nicht aber die Marktwirtschaft. Das Privateigentum an Unternehmen hält Picketty sogar für notwendig, "um eigene Träume und Projekte zu verwirklichen". Nur eben zu mächtig und zu wohlhabend dürfen die Unternehmer nach den Vorstellungen Pickettys nicht werden. Und eine hohe Erbschaftssteuer soll verhindern, dass sich Dynastien von Reichen etablieren.

"Das System, das ich vorschlage, macht es möglich, dass Menschen einige Millionen Euro oder einige zehn Millionen Euro besitzen, aber wer mehrere hundert Millionen Euro oder Milliarden Euro besitzt, muss seine Macht teilen", sagte Picketty in einem Interview.

Egal wie man zu den Ideen Pickettys steht: Wer sich für Wirtschaftspolitik interessiert, ist gut beraten, sich mit den Ideen des französischen Ökonomen auseinanderzusetzen. Denn auch das neue Buch dürfte weltweit für Gesprächsstoff sorgen.

Deutsche Leser können sich allerdings Zeit lassen, denn die deutsche Übersetzung erscheint erst im März 2020.


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76 Kommentare

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  • tetsui
    tetsui

    Autor heiß diskutiert, Buch verkauft, Vortragshonorare in Sicht, Ziel erreicht.

    21:33 Uhr, 15.09.2019
  • Glattsteller
    Glattsteller

    Ok um diesen Profesoralen Schwachsinn mal ein Ende zu setzen. Folgendes würde passieren: Niemand hätte mehr ein Anreiz unternehmerische Risiken einzugehen. Ergo, seine hochgepriesenen 90% Steuern würde niemand mehr zahlen, weil es diese Einnahmen auf lange Sicht nicht mehr gäbe. Warum soll ich ein wirschaftliches Risiko eingehen, um 1 Mio zu verdienen, bei der ich nur 0,1 mio behalten darf. Also nur ca 50% mehr hätte, als jemand der kein Risiko eingeht. So und schon gibts keine Steuereinnahmen mehr. Ergo müssten diese jetzt verlagert werden auf zb eine Konsumsteuer, die exorbitant steigen müsste oder der Staat müsste sich extrem verschulden und und und. Keine Lust diesen Schwachsinn hier weiter zu zerpflücken, aber jeder der klar denken kann, sieht den Fehler sofort.

    19:41 Uhr, 15.09.2019
    1 Antwort anzeigen
  • wolp
    wolp

    Denk mal mit dran. 22. September Klima Streik! Sind wir natürlich auch alle dabei. Merci

    15:48 Uhr, 15.09.2019
  • ZeroG
    ZeroG

    @Andreas Hoose Was meinen Sie mit "Klimalüge" ?

    14:41 Uhr, 15.09.2019
    1 Antwort anzeigen
  • Drahnier
    Drahnier

    Ich habe schon immer gesagt:

    KOMMUNISMUS ist KAPITALISMUS in seiner perfidesten Ausprägung. Und diesen Glauben lasse ich mir nicht nehmen.

    Gruß

    RENE

    13:47 Uhr, 15.09.2019
  • Kasnapoff
    Kasnapoff

    Tja, das alte Thema Sozialismus in einer neuen Verpackung, die Probleme der Welt wird der liebe Herr Piketty auch mit seinem neuen Werk nicht lösen. :-)

    Allerdings sind auch ganz offensichtlich die G20 mit ihrem Modell des Kapitalismus nicht in der Lage, die Herausforderungen der Gegenwart zu bewältigen, es sieht doch eher so aus, das unser geliebter Kapitalismus 30 Jahre nach dem Fall des eisernen Vorhangs genauso peinlich endet wie die einstige Sowjetunion. Ging die auf die schiere Ewigkeit ausgelegte UDSSR ganz lapidar an der von der Staatsführung verordneten Gleichmacherei zugrunde, denn bis auf wenige Genossen ware alle gleich arm, so wird den heutigen Kapitalisten wohl eher ihr Hang zur ungebremsten Schuldensause zum Verhängnis.

    Die Anführer der Schuldensause sind zweifellos die US-Amerikaner, die sich in den letzten 40 Jahren geradezu einem Schuldenorgasmus hingegeben haben und nun durch den besten Präsidenten ever verlautbaren lassen, dass die Welt frecherweise auf Kosten der Vereinigten Staaten leben würde. Nichts ist weiter von der Wahrheit entfernt, die US-Amerikaner leisten sich in ihrem ungebremsten Konsumrausch einen Wohlstand auf Pump und bezahlen ihre (chinesischen Lieferanten) mit immer wertloseren grünen Papierzetteln.

    Rund 330 Millionen Menschen zwischen der Ost- und der Westküste Amerikas, also ca. 4% der Weltbevölkerung, massen sich einen völlig durchgeknallten Konsumrausch an, den gefälligst die verbleibenden 7

    Milliarden der Weltbevölkerung finanzieren sollen und wenn es nach Mr. Trump geht, für lau, null, nada, niente, nothing.

    Der Blick zurück in die Geschichte beweist eines in aller ernstzunehmenden Deutlichkeit, es ging noch niemals gut aus, wenn ein Hegemon im Zenit seiner Macht und mit den dann einsetzenden dekadenten Entwicklungen wie eine Made im Speck auf Kosten seiner „Sattelitenstaaten“ zu leben gedenkt, es ist der UDSSR nicht gelungen und es wird Amerika nicht gelingen.

    Fazit:

    Seriöser Kapitalismus mittels einer seriösen Schuldenpolitik und einem verbesserten Geldsystem wäre wohl eher das Gebot der Stunde. Sozialismus wird es garantiert nicht richten, auch wenn er als Wolf im Schafspelz verkleidet daher kommt. Die irrsinnigen Vermögensunterschiede mit denen wir heute konfrontiert sind, wurden befördert durch eine Politikerkaste, die mittels der inzwischen weitgehend akzeptierten ungebremsten Gelddruckerei die Reichen immer reicher gemacht hat. Der klassische Kapitalismus hat seine eigenen Ideale verraten, indem er zum Geldsozialismus für Reiche mutiert ist und diese Entwicklung könnte ihm das Genick brechen.

    23:23 Uhr, 14.09.2019
    1 Antwort anzeigen
  • Solid2016
    Solid2016

    Die Denke solcher Leute ist brandgefährlich, in höchstem Maß wohlstandsgefährdend und hat in allen Fällen in denen solche Menschen an die Macht gekommen sind zu Terror und Verfolgung Andersdenkender geführt. Es ist ein bemerkenswerter Umstand, dass den Gräueltaten der Kommunisten in Deutschland und dem Rest der Welt aus geschichtlicher Sicht kaum Beachtung geschenkt wird während man nicht müde wird den Nationalsozialismus auch 70 Jahre später noch als politische Keule zu nutzen.

    18:03 Uhr, 14.09.2019
  • Solid2016
    Solid2016

    Schon in seinem ersten Werk hat man ihm schwerwiegende Fehler in seinen Statistiken nachgewiesen, so dass seine Erkenntnisse keinen Pfifferling wert sind, was er sogar öffentlich eingestehen musste. (Quelle: Rainer Zitelmann, "Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung.")

    Dieser dem Regulierungswahn verfallene linksindoktrinierte Verrückte hat nichts anderes im Sinn als die Menschheit ein weiteres mal dem menschenverachtenden kommunistischen Wahnsinn zu unterjochen, der schon Millionen Menschen in Hunger und Tod gestürzt hat! Ich muss seinen Schwachsinn also nicht erst lesen um zu wissen, dass er die Menschheit nicht weiterbringen wird!

    Mehr Gleichheit zu fördern ist natürlich ein wünschenswertes Unterfangen aber nur innerhalb eines marktwirtschaftlichen/kapitalistischen Rahmens, ohne dabei dem Regulierungswahn zu verfallen! Was dieser Mann da fordert ist jedoch gegen jegliche gesunde marktwirtschaftlichen Prinzipien und wird Wohlstand vernichten statt ihn zu fördern!

    17:38 Uhr, 14.09.2019
  • Jaroos
    Jaroos

    Dass es nach oben hin eine Grenze geben muss, ist doch eigentlich logisch. Nur hat bisher keiner die Eier, da er Angst hat, dass die Multimilliardäre abwandern. Mit Sozialismus hat das nix zu tun. Irgendwann ist einfach gut und alles ünet paar Milliarden anerkannte Geldmessikrankheit.

    Die Idee mit den 125000 verstehe ich so, dass jeder quasi einen kostenlosen Kredit im Leben hat, den er für eine Firma o.ä. nutzen kann. D.h. jeder hat den 125000-Versuch frei was gesellschafts- und wirtschaftsförderliches zu gestallten. Sonst landet es ja - wie unten schon besprochen - im Casino.

    Danke Herr Baron.

    16:30 Uhr, 14.09.2019
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