Wirtschaftsministerium: Energiewende ist in Deutschland auf Kurs
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Andrea Thomas
BERLIN (Dow Jones) - Die Energiewende ist in Deutschland laut Bundeswirtschaftsministerium auf Kurs und der Ausbau der erneuerbaren Anlagen hat eine neue Dynamik erreicht. Allerdings müsste sich die Zahl der Genehmigungsverfahren verdreifachen, damit diese Dynamik auch dauerhaft anhält. Das erklärte das Ministerium in einer Bestandsaufnahme zum Fortschritt der Energiewende.
"Insgesamt ist die Energiewende auf Kurs, wie die neuen Zahlen zeigen", erklärte das Wirtschaftsministerium. "Die umfangreichen Beschleunigungen der letzten zweieinhalb Jahre zeigen Wirkung, das Tempo hat deutlich angezogen und alles weist in die angestrebte Richtung."
Bis 2030 soll der Strom zu 80 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammen, bis 2035 soll das Stromsystem weitestgehend klimaneutral sein. Durch das Absinken der Emissionen sei zudem das Klimaziel 2030 "erreichbar". Bis 2030 würden gut 80 Prozent weniger Emissionen gegenüber 1990 erwartet.
Versorgungssicherheit gewährleistet
Auch sei die Versorgungssicherheit mit Energie in Deutschland "zu jeder Zeit" gewährleistet. Das Ministerium wies Kritik zurück, dass Deutschland im vergangenen Jahr erstmals seit 2006 mehr Strom importiert als exportiert habe. Dies erlaube keine Rückschlüsse über die Versorgungssicherheit und die nationalen Erzeugungskapazitäten.
"Importe und Exporte belegen vielmehr einen funktionierenden, gut integrierten, europäischen Strommarkt, der auf effiziente Weise Angebot und Nachfrage zusammenbringt", so das Ministerium. "Gekauft wird immer dort, wo der Strom am günstigsten ist. Davon profitieren alle Verbraucher und Verbraucherinnen in Deutschland."
Mit Blick auf die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und den Wegfall russischen Gases auf den deutschen Strommarkt sieht das Ministerium Fortschritte. Mittlerweile seien die Krisenfolgen im Strommarkt weitestgehend überstanden. Deutschlands Energieversorgung steht resilienter da als zuvor.
Zubau bei Erneuerbaren
So sei etwa der Zubau von Photovoltaik-Anlagen mit 14,6 Gigawatt (GW) in 2023 auf Rekordkurs. Es sei eine Verdoppelung der Neuinstallation von PV-Anlagen im Vergleich zu 2022 erreicht worden. Der Ausbau habe sich zu Beginn des Jahres 2024 noch weiter beschleunigt. Allein im ersten Quartal wurden 3,7 GW neue PV Leistung installiert - das sind fast 17,5 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.
Auch der Ausbau von Wind-Offshore-Anlagen ist dem Ministerium zufolge auf einem guten Weg. So stammten im vergangenen Jahr 5 Prozent des Stroms aus Windenergie auf See. Die Kapazitätsziele für 2030 können "mit geringeren zeitlichen Verzögerungen, wie sie bei solchen Großprojekten vorkommen können", erreicht werden, so die Erwartung des Ministeriums.
Der Ausbau von Wind-an-Land zeigt demnach eine deutliche Dynamik. Im vergangenen Jahr sei Windenergie an Land Deutschlands wichtigste Stromquelle gewesen, denn 22 Prozent des hierzulande erzeugten Stroms habe aus Windenergieanlagen an Land gestammt. Neuinstallationen legten demnach 2023 mit 3,6 GW deutlich zu und der Zubau an Anlageleistung stieg im Jahresvergleich um knapp 50 Prozent.
Beim Ausbau gebe es allerdings noch immer regionale Unterschiede und in einem Teil der Bundesländer gebe es noch Nachholbedarf. "Die Umsetzung der Ausbauziele für ganz Deutschland kann nur gelingen, wenn die Ausbauziele im ganzen Land erreicht werden", so das Ministerium.
Ausbau der Stromnetze im Zeitplan
Mit Blick auf die Stromnetze ergibt der Bericht, dass der Ausbau der Stromnetze wieder im Zeitplan ist. Insgesamt müssen in Deutschland im Rahmen der Energiewende bis 2045 rund 18.000 Kilometer an Netz verstärkt oder ausgebaut werden. Über viele Jahre habe der Netzausbau den Plänen hinterher gehinkt, langer Zeitverzug sei an der Tagesordnung gewesen.
"Hier ist eine Trendwende erreicht worden. Der Netzausbau hat sich enorm beschleunigt. Heute sind wir für die Übertragungsnetze weitgehend in dem Zeitplan", so das Ministerium.
Fortschritte habe man außerdem erreicht bei dem Ziel, das Stromsystem digitaler, smarter und flexibler zu machen.
Finanzierung der Investitionen sicherstellen
Insgesamt sei der Umbau von einer fossilen zu einer klimaneutralen Energieversorgung ein komplexer Prozess. Hier müsse die Finanzierung sichergestellt und weiterentwickelt werden, wie das Ministerium forderte. So seien etwa enorme Investitionen in den Netzausbau und die Systemstabilität, in Lieferketten und den Hochlauf neuer Technologien erforderlich. Auch sei eine Modernisierung des Kraftwerksparks notwendig und der Hochlauf von Wasserstoffkraftwerken.
"Die Investitionen in den Netzausbau werden in den nächsten Jahren steigen, auch weil das Stromsystem durch die Sektorkoppelung und die zunehmende Elektrifizierung eine noch größere Bedeutung für unsere Volkswirtschaft bekommt. Hierbei geht es um bedeutende Investitionen in das zukünftig klimaneutrale Stromsystem, von denen Deutschland lange profitieren wird", erklärte das Ministerium. Das Haus arbeite deshalb intensiv an dem Modell eines Amortisationskontos, auf das die Bundesregierung sich bereits für den Aufbau des Wasserstoffkernnetzes geeinigt habe.
"Damit ließen sich die Kosten auf aktuelle und zukünftige Nutzer wesentlich gleichmäßiger verteilen", so das Wirtschaftsministerium.
Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com
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