Kommentar
14:54 Uhr, 19.12.2003

Wirtschaftsdaten finden kaum Beachtung

USA:Positive Wirtschaftsdaten fanden bei den Börsianern fast keine Beachtung

Wie in unserem letzten Marktbericht korrekt eingestuft, konnte sich die US Notenbank auf ihrer letzten Sitzung nicht zu einem Zinsschritt durchringen. Auch auf ansprechende ökonomische Daten reagierte der Markt kaum. So verpufften positive Meldungen auf der Konsumentenvertrauensseite, aus dem verarbeitenden Gewerbe (Empire State Index: 37,4 vs. 41; Philadelphia FED Index 32,1 vs. 25,9; Anstieg der Industrieproduktion um +0,9 Prozent vs. 0,4 Prozent) sowie ein leichtes Ansteigen der Kapazitätsauslastung beinah wirkungslos. Der Markt schien bis Donnerstag dieser Woche nicht aus seiner minimalen Schwankungsbreite zwischen 1060 und 1070 Zähler beim S & P 500 seit Anfang Dezember ausbrechen zu wollen. Der Grund hierfür findet sich in der Absenz großer Handelsteilnehmer, welche nach drei-jährigem negativem Performance-Ausweis schon Ende Oktober/Anfang November den Markt mehrheitlich verlassen haben. Die kommenden Tage sollten diesem Umstand entsprechend lediglich geprägt sein von "Year-End-Window Dressing", d.h. dem "Hinaufsetzten" der Kurse der in den Fondsbüchern enthaltenen Titel mit geringem Volumen und bei geringem Widerstand.

Dies bietet uns Zeit für einen kleinen Jahresrückblick: "Wie der Januar, so das Jahr" - lautet eine der vielen Börsenweisheiten. Nicht jedoch das Jahr 2003. Verlor der amerikanische Aktienmarkt im Januar noch 4,5 Prozent, wurde - ähnlich 1990 - mit Abzeichnen des Golfkrieges Mitte März der Tiefpunkt (788,90) gesehen. Rückschläge wie SARS oder die zeitweilig reale Bedrohung durch Deflation könnten mit etwas Glück und viel Geschick seitens der FED wenn nicht gänzlich aufgelöst, so doch verschoben werden. Ein Wermutstropfen - insbesondere für europäische Anleger - verbleibt jedoch. Die ansprechende Jahresperformance im S&P500 von ca. 25 Prozent ist währungsbereinigt kaum die Hälfte wert.

Das kommende Jahr als Wahljahr - historisch konnte nur ein Wahljahr seit 1920 für Aktienanleger enttäuschen - sollte zumindest die angesparten Kurssteigerungen im Großen halten können. Für Unterstützung dürften vor allem zu Jahresbeginn schlagend werdende Steuerrückzahlungen sorgen, insgesamt scheint sich die amerikanische Wirtschaft jedoch etwas abzukühlen. Nach wie vor sind Unternehmen - zwar in deutlich abgenommenen Maße - und Konsumenten, wie auch der Staatshaushalt in hohem Maße verschuldet, wohl aber wird dieses Problem erst mit etwaigen Zinsschritten der US Notenbank nach (!) den Wahlen in den Vordergrund der Betrachtung treten.

Europa:

Nicht viel spannender als in den USA war die abgelaufene Woche bzw. der Gesamtmonat Dezember bislang für europäische Anleger. Geschlossen pendelten alle Indices richtungslos in engen Grenzen und konnten auch von erfreulichen Daten des IFO Institutes zur Geschäftsbeurteilung (Geschäftsbeurteilung: stabil bei 83,8; Geschäftserwartung leicht höher bei 111 vs. 108,7) in Deutschland, sowie der Verbrauchervertrauensstatistik in Italien (105,2 vs. 104) nicht aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt werden. CAC40, DAX und der englische FTSE100 schlossen die Woche zum Zeitpunkt des Verfassens mit +1,0 Prozent, +0,3 Prozent und 1,5 Prozent und konnten damit nicht einmal die positiven Vorgaben des "großen Bruders" umsetzten.

Im Jahresrückblick konnte ein europäischer Anleger im Schnitt - gemessen am Dow Jones Euro STOXX 50 Index - sich über einen Kursgewinn von knapp 14 Prozent freuen. Dies alles vor dem Hintergrund eines im Zeichen des internationalen Terrorismus stehenden Jahres, dem Zerwürfnis mit den USA ob der Vorgehensweise im Irak, dem Scheitern des Stabilitätspaktes - welches, dies sei hier nur am Rande erwähnt, von Finanzminister Eichel süffisant mit der Aussage "Der Pakt lebt" begleitet wurde - und der Ablehnung einer einheitlichen europäischen Verfassung. Auf europäischer Ebene konnte lediglich der fließende Wechsel an der Spitze der EZB positiv hervorstechen. Wie die Steuerpläne in den großen europäischen Teilnehmerstaaten nächstes Jahr bestimmen werden, ist schwer absehbar. Die diesjährige Stütze der Konjunktur, die Exportwirtschaft, sollte bei weiter steigenden EUR-Kursen und einer Abkühlung der Dynamik in den USA nicht mehr die gewohnte Rolle spielen können und die teils hausgemachten Probleme - hier sei nur auf die hohe Staatsverschuldung, sowie auf die dringend notwendige Reform der Sozialsysteme verwiesen - sollten Europa jedoch noch längere Zeit beschäftigen.

ASIEN:

Asien scheint trotz Festtagsstimmung auch im Dezember vibrierend und sich zunehmends in Richtung eines einheitlichen Handelsblocks zu bewegen. Japan ließ letzte Woche verlauten, es strebe nunmehr - entgegen starker innenpolitischer Widerstände insbesondere der Reis-Framer-Lobby - Freihandelsgespräche mit Thailand, Malaysia und den Philippinen an. Dies kann durchaus als erster Schritt zum Beitritt zur bereits bestehenden asiatischen Freihandelszone ASEAN mit einer dementsprechenden gegenseitigen Öffnung der asiatischen Märkte untereinander (Hintergrund: bislang hatte Japan sein einziges Freihandelsabkommen mit dem unbedeutenden Handelspartner Singapur und musste nunmehr fürchten von China - metaphorisch gesprochen - aus der Region wirtschaftlich verdrängt zu werden) interpretiert werden. Neben dieser für die Region als Gesamtheit wichtigen Entwicklung zeigte sich die japanische Wirtschaft in den vergangenen Tagen erneut in guter Verfassung. Der quartalsweise veröffentlichte Tankan Report zur Einschätzung der Lage durch den Unternehmenssektor wies Optimismus auf Drei-Jahres-Hoch aus. Erstmals zeigten sich auch Verbesserungen bei Klein- und Mittel-Betrieben, sodass von einer Verbreiterung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit auszugehen ist. Der Nikkei Index schloß die Woche mit einem Plus von 1,13 Prozent.

Insgesamt konnte die Region ihre Krisen - hier sei insbesondere der Zwist mit Nord-Korea zu Beginn des Jahres, sowie SARS erwähnt - gut meistern und beinahe unbeschadet überstehen. Insbesondere China konnte sich mit einer Wachstumsrate im langfristigen Schnitt um 9 Prozent erneut als das Zugpferd der kommenden Jahre bestätigen. Wir sind - auch vor dem Hintergrund der ASEAN Entwicklung - mehr denn je von einem Investment in der Region überzeugt.

Währungen und Anleihemärkte:

Nachdem auch der Zinsmarkt - beinahe noch deutlicher als der Aktienbereich - bereits in weihnachtlicher Ruhe wischen den Renditen von 4,3 bis 4,0 Prozent verharrt, gehen wir direkt auf die Gesamtbetrachtung ein. Der für das Zins-Jahr 2003 prägende Einfluss war wohl die "April-bis-Juli-Romanze" der Federal Reserve mit Deflation. Zinshändler sahen den stärksten Bullen-Markt im Anleihensegment seit 45 Jahren, mit einer Rendite im 10-jährigen Anleihensegment auf Rekordtief bei 3,074 Prozent. Und wie das Sprichwort sagt: "Was hoch steigt, muss tief fallen" kam es Mitte Juni mit Platzen der Deflationsblase und unterstützt durch pro-zyklische Verkäufe durch Absicherungsgeschäfte im Immobiliensektor zur stärksten Gegenbewegung seit 1984. Das erreichte Niveau von durchschnittlich 4,4 Prozent begleitet uns nach wie vor. Bedeutsam für die Entwicklung im kommenden Jahr wird neben der Haushaltsdisziplin der Industriestaaten insbesondere auch das anspringen der Konjunktur. Ein Überspringen der Hürde bei ca. 4,6 Prozent im 10-jährigen US Treasury dient uns diesbezüglich als Indikator für eine breit angelegte Zinswende.

Wie an dieser Stelle bereits zu Jahresmitte herausgestellt, erwarteten wir in diesem Jahr eine deutliche Abwertung des USD insbesondere gegenüber des EUR bis auf ein Niveau von 1,25/1,30. Dieser Tage liegen wir im aktuellen Handel bei in etwa 1,2430 und wir sehen uns mit unserer Einschätzung nicht nur bestätigt, sondern halten an der generellen Richtung fest. In langfristiger Betrachtung ist die bislang erfolgte Bewegung der Wechselkursrelation lediglich als Rückkehr zu einer langfristigen Durchschnittsbewertung einzustufen und sollte - so die Historie ein Wegweiser für die Zukunft ist - in einer Übertreibungsphase enden. Jedweder Rückschlag in Richtung 1,20 erachten wir nach wie vor als eindeutige Kaufgelegenheiten, wird das Basisproblem der "Twin Deficits" den Markt doch noch geraume Zeit beschäftigen.

Branchenanalyse:

Bankenbranche: Ist die deutsche Bankbranche attraktiv?

S&P erwartet eine sukzessive Ergebniserholung in 2003 und 2004 bei den deutschen Banken. Die Erholung wird von einer besseren Kostenstruktur und geringeren Rückstellungen für Loan Loss unterstützt. Trotzdem würde der Bankensektor in Deutschland schwächer als die in den anderen europäischen Ländern sein. Die Zinsmarge bei den deutschen Banken beträgt 1,3 Prozent, weniger als die der USA (3,4 Prozent) und des UK (1,8 Prozent). Die Eigenkapitalrendite in den großen Banken Deutschland ist -1,2%, geringer als die in den USA (17 Prozent), UK (9,4 Prozent) und Frankreich (9,1 Prozent).

Der Sektor zeigt Überkapazitäten. Es gibt 2.591 Banken, mit 38.201 Filialen in Deutschland, das ist eine Filiale pro 2.000 Einwohner. Die Bankenlandschaft ist außerdem sehr fragmentiert. Die drei größten Banken, nämlich Deutsche Bank, HVB und Dresdner Bank, haben nur 13 Prozent Anteil des Retail-Kreditmarktes. Diese Banken treten gegen die Sparkasse und die Landesbanken an, die Staatszuschüsse bekommen und deswegen billigere Kredite anbieten können. Die Regierung hat allerdings gefördert, dass sich der deutsche Bankensektor konsolidiert. Zusätzlich mahnt sie jedoch, einen Ausverkauft an das Ausland zu vermeiden.

Das Wirtschaftswachstum in Deutschland ist noch schwach. S&P erwartet 1,5 Prozent Wachstum im Jahr 2004, in der Annahme, dass die Strukturreform implementiert wird. Der Mittelstand, der 43,4 Prozent des Umsatzes der gesamten Industrie repräsentiert, leidet mehr als die größeren Konkurrenten unter solchen Bedingungen. Außerdem haben die deutschen Banken größes Exposure zu einzelnen Kunden oder Branchen, weswegen sie für Konzentrations-Risiken anfällig sind.

Quelle: AMIS Asset Management

Die AMIS Asset Management Investment Services AG wurde 1991 gegründet und gehört heute zu den größten privaten und konzenunabhängigen Produktgebern Österreichs. Das verwaltete Vermögen beträgt rund 274 Mio. Euro. Die Anlageprodukte der AMIS AG, aktiv gemanagte Fonds, werden über ein speziell entwickeltes Franchisesystem vertrieben.

Keine Kommentare

Du willst kommentieren?

Die Kommentarfunktion auf stock3 ist Nutzerinnen und Nutzern mit einem unserer Abonnements vorbehalten.

  • für freie Beiträge: beliebiges Abonnement von stock3
  • für stock3 Plus-Beiträge: stock3 Plus-Abonnement
Zum Store Jetzt einloggen