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17:20 Uhr, 18.01.2002

Wirtschaft & Börse: Was meinen die FED-Vertreter?

Die Präsidentin der FED-Bank von Boston, Cathy Minehan, verkündete am Montag, daß ihrer Auffassung nach die US-Wirtschaft zwar das Schlimmste bereits hinter sich habe, aber eine solide Erholung noch auf sich warten lasse.

Die große Frage sei nun, wie die Erholung aussehen werde, stellte sie klar. Man sei sich darüber einig, daß die Wirtschaft im Jahr 2002 wachsen werde, doch niemand würde wissen, wie stark dies sein wird. Aussagen, daß die Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte im Eiltempo nach oben schnellen würde, stehe sie sehr skeptisch gegenüber.

Viele Wall Street Volkswirte rechnen bereits mit einem Wachstum im ersten Quartal diesen Jahres.


Weitere Mitglieder der US-Zentralbanken meldeten sich zu Wort und untermauerten ihren vorsichtigen Grundton, betonten aber ihre Überzeugung, dass die Ausgaben der Verbraucher, die zu zwei Dritteln das BIP bestimmen, weiterhin ein starkes Fundament bereitstellen werden.

"Wir bei der Chicago Fed gehen davon aus, dass wir in einer Übergangsphase sind," so der Präsident der Chicago Fed Moskow. "Die Wirtschaft wird sich erholen, aber die Zeichen sind noch vorläufig und das Timing ist schwer zu bestimmen."

In einer anderen Rede betonte der Präsident der Zentralbank in New York, William McDonough, dass es unklar sei, wie stark eine Erholung der Wirtschaft sein werde.

"Es gibt unterschiedliche Meinungen ob die Wirtschaftserholung nun stark, leicht stark oder sehr stark ein wird," so McDonough. "Ich würde es sehr begrüßen, die Antwort auf diese Frage bereits jetzt zu kennen."

Gary Stern, Präsident der Minneapolis Fed, scheint optmistischer als seine Kollegen.

"Ich erwarte dass das Wachstum der Wirtschaft im zweiten Quartal zurückkehren wird, aber wahrscheinlich nicht schon davor," so Stern. "Das Wirtschaftswachstum wird Momentum im zweiten Halbjahr gewinnen und vermutlich auch noch im Jahr 2003."


Der Zentralbank Präsident von Philadelphia, Anthony Santomero, sieht zur Mitte des Jahres eine Erholung in der Wirtschaft, das Jahr 2003 soll "viel besser" werden. Allerdings warnt Santomero auch vor übermütigem Optmismus, da die Risiken weiterhin bestünden und dass eine Erholung vermutlich langsamer voran gehen wird, wie man es in der Vergangenheit gewohnt war.

Die jüngsten Wirtschaftsdaten zeigten sich in einem erfreulich gemischten Bild, was darauf hindeuten könnte, dass die Wirtschaft ihre Talsohle erreicht haben könnte, nachdem sie im März in eine Rezession getappt war. Die massiven Zinssenkungen und Fiskalstimuli sollten der Wirtschaft unter die Arme greifen, so Santomero weiter.

"Während ich zustimme, dass die Erholung noch schwebend ist, gehe ich davon aus, dass sie sich Mitte 2002 entfalten wird," so der Präsident der Philadelphia Fed am Mittwoch. Er betont, dass er damit die Erholung ein paar Monate später erwarte, wie das Gros der bisherigen Experten.

"Wenn man genau hinschaut haben alle professionellen Volkswirte sich dieser Meinung angeschlossen, sie betrachteten die vielen Hindernisse, die auf dem Weg zur Erholung noch den Weg erschweren."


Die US-Wirtschaft werde über kurz oder lang einen Rebound schaffen, erklärte Roger Ferguson, der Vice Chairman der FED-Bank, Greenspans Stellvertreter.

Aber derzeit sei noch nicht absehbar, wann dies geschehen werde. Die antizipierte Erholung in vielen Bereichen sehe er daher skeptisch. Die Signale, die von der Wirtschaft ausgehen, seien mit gemischten Gefühlen zu deuten.

Langfristig glaube er aber daran, daß die Ökonomie sehr gesund sei und auch wieder ansehnlich werde wachsen können. Die Terrorakte von 11.09. könnten der Wirtschaft genauso wenig nachhaltigen Schaden zufügen wie die Branchenzyklen, welche die schwache Nachfrage ausgelöst hätten.

Bereits am Freitag hatte sich Greenspan persönlich sehr zurückhaltend zur Wirtschaftserholung geäußert und von "verbleibenden Risiken" gesprochen (BörseGo berichtete).


Der FED-Gourverneur Laurence Meyer erklärte heute, daß er es für nicht richtig erachte, wenn die FED versuche, die Aktienkurse durch ihre Geldpolitik zu beeinflussen oder gar zu steuern. Das sei nicht ihre Aufgabe. Vielmehr solle sie sich um die Inflation kümmern. Dies solle man als Lehre aus dem Crash der späten 90er Jahre mitnehmen. Dort habe die FED die Ängste vor einer Überbewertung geschürt, in dem man wiederholt auf die zu hohen Bewertungsniveaus der Aktien hingewiesen habe. Freilich würden zu stark steigende Kurse auch die Inflationssorgen erhöhen.


Der FED Präsident von San Francisco, Robert Parry, ist der Meinung, dass die kürzlichen gemischten Daten zur Wirtschaft ermutigend seien. Zudem sei eine Wiederaufnahme des Wachstums dieses Quartal möglich, aber es sei zu früh um sicher zu sein.

Bei solch gemischten Daten wie derzeit sei die kurzfristige Unsicherheit groß. Ein Risiko auf kurze Sicht sei u.a. die steigende Arbeitslosenrate, die das Verbrauchervertrauen und -ausgaben negativ beeinträchtigen könnte.

Für das vierte Quartal 2001 erwartet er, dass die US-Wirtschaft möglicherweise weiter geschrumpft sei.

Auf lange Sicht ist er weiter optimistisch über die Wachstumsaussichten der USA. Die Inflation sollte kein Problem darstellen. Er wies auch daraufhin, dass die Auswirkungen der Zinssenkungen zusammen mit dem Stimuluspaket der Regierung der Wirtschaft kräftig an Schwung verleihen würden.

Des weiteren würden die Unternehmen weiterhin daran arbeiten, ihre Lagerbestände abzubauen.
Der Ausgabenrückgang der Unternehmen habe sich zudem auch verlangsamt, was zu Optimismus führe, dass die Wirtschaft auf lange Sicht wieder wachsen werde.

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