Kommentar
14:53 Uhr, 19.03.2013

Wird in Zypern bald mit Rubel gezahlt?

Mein Kollege Andreas Hoose schreibt heute in einem lesenswerten Kommentar, dass das Wochenende vom 16./17. März in die Geschichte eingehen und von Historikern als Zäsur bezeichnet werden wird. Ich stimme dem zu. Die geplante Teilenteignung in Zypern, die womöglich aber vom dortigen Parlament noch gestoppt wird, ist ein dramatischer Höhepunkt in der Eurokrise und ein beispielloser Tabubruch. Was nun passieren wird, ist völlig offen. Das meine ich konkret in Bezug auf Zypern, wie auch in Hinsicht auf die ganze Eurozone.
Sollten sich die Abgeordneten in Zypern gegen die Enteignungsmaßnahmen entscheiden und die Eurogruppe bei ihrer jetzigen Linie bleiben, dann könnten wir es mit dem ersten Austritt aus der Eurozone zu tun bekommen. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass die Russen (die überhaupt nicht darüber amused sind, wie sie kollektiv als Schwarzgeld bunkernde Mafioso gebrandmarkt werden) Zypern anbieten, den Rubel als Währung zu nutzen. Aber das ist reine Spekulation – in naher Zukunft werden wir mehr wissen.

Konkrete Konsequenzen erwarte ich im Hinblick auf das System der Einlagensicherung in Europa. Wie Sie sicher wissen, gibt es in der EU eine gesetzliche Einlagensicherung. Demnach sind 100 TSD EUR pro Konto „sicher“. Nun, so sicher auch wieder nicht. Abgesehen von den Ereignissen in Zypern gibt es noch einen anderen Punkt zu berücksichtigen. Gesetzliche Einlagensicherung ist nicht gleichbedeutend mit staatlicher Einlagensicherung. Vereinfacht gesagt haftet nicht der Staat für die Einlagen, sondern die Banken untereinander. Wenn mehrere Institute gleichzeitig pleitegehen? Dann ist die Einlagensicherung ein mehr oder weniger wertloser Anspruch. Auch die „Staatsgarantie“, die Merkel und Steinbrück 2008 abgaben, ist eigentlich nichts wert, zumal die Regierung nicht das Budgetrecht hat, sondern das Parlament. Eigentlich hätte Merkel also diese Garantie gar nicht geben dürfen. Das fällt schon fast unter arglistige Täuschung.

Dass es im Falle einer Staatspleite natürlich auch nicht zu einer staatlichen Garantie von Einlagen kommen kann, hat interessanterweise Schäuble heute erwähnt. Ich glaube, dass langsam die Vorbereitungen laufen, die Einlagensicherung wieder zurückzufahren. Dazu müssen Sie wissen, dass es vor 2008 lediglich eine gesetzliche Einlagensicherung in Höhe von 20 TSD EUR pro Konto gab, bei einem Selbstbehalt von 10%. Das ist auch wesentlich realistischer als 100 TSD EUR ohne Selbstbehalt. Darüber hinausgehende Sicherungssysteme (wie z.B. der „Feuerwehrfonds“ der deutschen Banken) sind freiwillige und zudem ziemlich unverbindliche Zusagen des Banksektors. Wenn mal ein, zwei kleine Banken pleitegehen, ist das kein Problem – schon der Kollaps einer einzigen Großbank dagegen sprengt jede Einlagensicherung.

Ich schätze dass schon die nächste Beruhigung der Eurokrise, die ja periodisch wiederkommt, dazu genutzt werden wird, um diesen Schritt zu gehen. Und danach kann man sich wahrscheinlich schon auf die nächsten Enteignungsaktionen vorbereiten. Dass Zypern ein Einzelfall bleiben wird, glaube ich nicht. Es gibt immer ein nächstes Mal.

Ihr Daniel Kühn

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Über den Experten

Daniel Kühn
Daniel Kühn
Freier Finanzjournalist

Daniel Kühn ist seit 1996 aktiver Trader und Investor. Nach dem BWL-Studium entschied sich der Börsen-Experte zunächst für eine Karriere als freier Trader und Journalist. Von 2012 bis 2023 leitete Daniel Kühn die Redaktion von stock3 (vormals GodmodeTrader). Seit 2024 schreibt er als freier Autor für stock3.
Daniel Kühn interessiert sich vor allem für Small und Mid Caps, Technologieaktien, ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen sowie für makroökonomische Themen.

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