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17:55 Uhr, 26.02.2003

Wird es einen Irak Krieg geben ? (2)

Nochmals eine Kopie unseres GodmodeTrader Artikels vom 18.02.03 :

Wird es einen Irak Krieg geben ? (2)

Am 01.01.03 hatten wir bereits einen GodmodeTrader Kurz Kommentar zu diesem Thema veröffentlicht, das die breite Öffentlichkeit seit Wochen und Monaten beschäftigt. In diesem Kommentar hatten wir die Ansicht vertreten, daß es zu keinem Irak Krieg kommen werde.

[Link "Datum: 01.01. 15:51 Wird es einen Irak Krieg geben ?" auf 62.146.24.165/... nicht mehr verfügbar]

Das Thema eines möglichen Golfkrieges wird deshalb auf unserem Portal abgehandelt, weil es eine ganz enorme kurstechnische Wirkung besitzt.

Solange es keine Lösung dieses Themas gibt, wird in einem nicht unerheblichen Ausmaß Kapital aus dem Markt gehalten. Daß ein hoher Ölpreis belastend auf die weltweite Konjunktur wirkt, muß gar nicht erst nochmals ausgeführt werden. Daß fortlaufend wiederkehrende Terrorwarnungen in den USA das dortige Verbrauchervertrauen und damit den Konsum negativ beeinflussen, belastet die angeschlagene US Konjuntur zumindest kurzfristig zusätzlich. Was die US Konjunktur belastet, belastet auch die deutsche Konjunktur. Daß die mediale Wirkung des Vorgehens der US Regierung im Zusammenhang mit dem Irak Krieg weltweit den für die USA stehenden "Spirit" von Freiheit, Gerechtigkeit und unbegrenzten Möglichkeiten, beschädigen könnte, ist ein Punkt, den wir noch in keiner Diskussion haben finden können, der aber auf mittelfristige Sicht durchaus eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen könnte. Denn gerade diesen "Spirit" verkaufen Cola Cola, MC Donalds & Co mit ihren Produkten. Ein kurzer Irak Krieg wird von Ökonomen einheitlich positiv für die Weltkonkunktur gesehen. Ein mittel- bzw. langfristig andauernder Konflikt, der sich möglicherweise zu einem Flächenbrand im Nahen Osten entwickeln könnte, wird stark negativ bewertet. In diesem Falle rechnet das Gros der Ökonomen mit einer gravierenden weltweiten Rezession.

Wie sieht die Entwicklung im Zusammenhang mit dem Irak Krieg aktuell nun aus?

Eingangs wollen wir den Hinweis anbringen, daß wir zu keiner an dem laufenden Konflikt beteiligten Parteien eine Wertung vornehmen wollen! Der Sachverhalt ist dafür zu komplex. Einfache Aussagen sind fehl am Platze.

Die Propaganda Schlacht über die Medien in den letzten Wochen hat zu einer wesentlichen Änderung der Sachlage geführt. Die insbesondere von den USA und Großbritannien aufgebaute Drohkulisse steht nicht mehr in dem Ausmaß wie im Januar. In dem Maße, wie die Drohkulisse zu bröckeln beginnt, in dem Maße wird es seitens des Regimes im Irak eine positive Konditionierung dahingehend geben, sich "handlungsfähig" zu sehen. Die neuerlichen Inspektionen durch Blix' Team sind erst durch den Druck der Anwesenheit der US Truppen am Golf möglich geworden.

Doch was hat sich nun in den letzten Wochen auf dem diplomatischen Parkett ergeben?

Die strikte Ablehnung eines möglichen Irak Kriegs durch die deutsche Bundesregierung, die in dieser strikt formulierten Form angesichts dramatisch sinkender Umfragewerte für die SPD erst in der Endphase des Bundestagswahlkampfs geboren worden war, hat zur Überraschung vieler internationaler Marktbeobachter einen Domino-Effekt auslöst. Die Bevölkerung insbesondere in den europäischen Ländern, aber auch weltweit ist mehrheitlich gegen einen Irak Krieg. Daran kann angesichts der gewaltigen Friedensdemonstrationen an diesem Wochenende kein Zweifel bestehen. Man mag sich über die Art und Weise, wie Schröder die Haltung der Bundesregierung formuliert und vorgetragen hat, streiten. Tatsache ist jedoch, daß erst durch das "plumpe" Ausscheren der Deutschen aus der Kriegs-Allianz ein Prozess in Gang gekommen ist, der die Unvermeidlichkeit des Kriegs in Frage stellt. Es ist nämlich fraglich, ob Frankreich und Rußland ohne die durch Deutschland ausgelösten diplomatischen Turbulenzen zu der jetzigen Haltung gefunden hätten. Wer jetzt die Allianz bestehend aus Frankreich, Deutschland, Rußland, China, aber auch der UNO, den Chefwaffeninspekteuren selbst und dem Vatikan (!)sowie der breiten Masse der Bevölkerung immernoch als "isoliert" hinstellt, der schätzt die Lage falsch ein.

Weltpolitik ist zynisch.

Wo liegen also die Interessen der beteiligten Bigplayer?

a) An erster Stelle sei hier die weltweite Bevölkerung als wichtige Interessengruppe genannt. Je größer und heftiger der Protest ist, desto mächtiger wird diese Kraft. Und die Interessenlage dieser Gruppe ist recht einfach zu beschreiben. Es ist der wahrhaftige Wunsch nach Frieden und der Widerwille gegenüber Krieg.

b) Frankreich und Rußland haben traditionell gute Beziehungen zum Irak. Französische und russische Ölkonzerne mischen kräftig in dem Markt um das irakische Öl mit. Es gibt also durchaus Interessen, den Irak "US Amerikaner" frei zu halten. Das irakische Regime hat außerdem mit der Volkrepulik China Verträge zur Öl Lieferung abgeschlossen. Damit wurden von Bagdad strategisch geschickt die wirklich wichtigen Mitglieder des UN Sicherheitsrats mit "Anreizen" bedacht. Im Interesse der anderen ständigen Mitglieder des UN Sicherheitsrats ist es ohnehin, die dominante Stellung der einzig verbliebenen Supermacht USA etwas im Schach zu halten. Frankreich und Deutschland weisen immer wieder auf die Gefahr eine Flächenbrandes im Nahen Osten hin, der durch vorschnelle militärische Aktionen im Irak hervorgerufen werden könnte. Bzgl. Frankreich ist darüberhinaus festzuhalten, daß diese stolze Nation nicht gegen seine Bevölkerung regiert. Wenn die überwältigende Mehrheit der Franzosen gegen einen Irak Krieg ist, dann wird dies von der Regierung aufgefaßt und in der konkreten Politik berücksichtigt. Rußlands Taktik ist ebenfalls stark interessengetrieben. Putin achtet darauf, am Ende unter den "Siegern" zu stehen. Man darf also gespannt sein, wie sich die Geschehnisse weiterentwickeln werden.

c) Wenn es nun darum geht, die Interessenlage der US Administration in möglichst wenigen Sätzen kurz und prägnant zu beschreiben, dann muß auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 hingewiesen werden. Dieses Ereignis, bei dem unzählige, unschuldige Menschen zu Tode kamen, hat die US Amerikaner traumatisiert. Wie ausgeprägt diese Traumatisierung ist, scheint uns Europäern noch nicht ganz bewußt zu sein. Die Reaktion der US Administration auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 ist drastisch. Ein neues Sicherheitskonzepts wurde entworfen, das da heißt "Präventivmaßnahmen" bis hin zu "Präventivkriegen". Bisher ist noch nicht ganz klar, wie weit diese "Maßnahmen" gehen werden. Die Staaten, die von US Präsident Bush, zur "Achse des Bösen" gezählt werden, reagieren unterschiedlich. In Nordkorea wird man seit einigen Wochen "hippelig" und meint aggressiv in die Offensive gehen zu müssen, der Iran hat vorsorglich darauf hingewiesen, daß man ein Nukleartechnikprogramm zu rein friedlichen Nutzen betreibe und daß die internationale Atomaufsichtsbehörde jederzeit dies prüfen könne. Pakistans Präsident Musharraf ist bemüht, darauf hinzuweisen, daß Bin Laden höchstwahrscheinlich tod sei; nur auf keinen Fall in Pakistan untergetaucht. Das Thema Öl dürfte in der Interessenlage der USA selbstverständlich ebenfalls eine nicht unerhebliche Rolle spielen.

d) Die öffentliche Stimmung in Großbritannien ist massiv zu ungunsten von Blair gekippt. Mit der aktuellen Stimmungslage wird es Blair sehr, sehr schwer haben, eine Beteiligung seines Landes an einem Irak Krieg zu rechtfertigen und bis zum Ende durchzuziehen. Blair begründet seine Unterstützung des rigiden US Kurses damit, daß man nur so Einfluß nehmen könne. Außerdem beruht die Unterstützung des US Kurses auf den traditionell sehr engen Verbindungen zwischen beiden Ländern.

e) Die UNO ist bemüht, daß sie wenigstens in Zügen das Zepter in der Hand halten kann. Es wird versucht, die USA in die Weltgemeinschaft einzubinden oder um es anders auszudrücken, es wird versucht, Einfluß auf die Entscheidungen zu nehmen. Die Rolle der UNO nach dem Ende des kalten Krieges soll gestärkt werden. Die Verantwortung, die auf Hans Blix Schultern in der zurückliegenden Woche lastete, war enorm. Er mußte möglichst offensiv dahingehend formulieren, damit seine Worte nicht zum Anlaß genommen werden konnten, um bereits sofort mit einem Krieg zu beginnen. Deshalb sein eindeutiger Hinweis darauf, daß bisher keine Massenvernichtungswaffen gefunden worden seien und daß Zeit für weitere Kontrollen erforderlich sei.

d) Ein weitere nicht zu unterschätzende Größe sind die Kirchen. Der Papst setzt sich mit erstaunlicher Eindringlichkeit gegen einen Krieg ein. Dies dürfte mehrere Gründe haben. Die Werte der christlichen Religion verurteilen Krieg und Gewalt. Darüberhinaus spielt sicherlich auch eine Rolle, daß eine nicht unerheblicher Prozentsatz der Iraker christlichen Glaubens ist. Ein anderer Grund könnte aber auch durchaus der sein, daß US Präsident Bush bei den für die US Amerikaner so wichtigen pathetischen Reden, gelegentlich darauf hinweist, daß der Krieg in Gottes Namen gegen das "Böse" geführt werde. Möglicherweise geht es dem Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche mit seinem Eintreten für eine friedliche Lösung des Konfliktes auch darum, "diesbzgl. eine Meinung der Kirche zu vertreten, die sich nicht ganz mit der von Bush deckt" ...

e) Abschließend noch ein Hinweis auf die Interessenlage der Bundesregierung. Fischer und die Grünen entstammen der Friedensbewegung. Die Interessenlage dürfte hier klar sein. Schröder stand in der Endphase des Bundestagswahlkampfes mit dem Rücken zur Wand. Die Umfragewerte der SPD sackten immer weiter ab. Das Kriegsthema wurde aus diesem Grund also aus innenpolitischen Gründen aus dem Hut gezaubert. Um besser polarisieren und damit emotionalisieren zu können, wurde das Thema gleich mit einer vorzeitigen uneingeschränkten Festlegung garniert, in überhaupt gar keinem Falle einem Krieg gegen den Irak zuzustimmen, - also auch nicht bei einem Beweis von Massenvernichtungswaffen durch die UN Chefwaffeninspekteure -. Wie sehr emotionalisierend dieses Thema war, zeigt das Wahlergebnis. Das Thema konnte tatsächlich die Trumpfkarte der Union, nämlich die laut Umfragen höhere Wirtschaftskompetenz, ausstechen. Fischer weist als eine seiner Begründungen für seine haltung auf das Konfliktpotential im nahen Osten hin. Ein Irak Krieg könne das Faß zum explodieren bringen. Andere Regierungsvertreter weisen auf die sich anschließenden verheerenden wirtschaftlichen Folgen hin.

Wie wird es weitergehen?

Die US Administration hat unmißverständlich klar gemacht, daß sie den Spielraum als sehr gering ansieht. Die Franzosen als neue Sprecher der Initiave, die den UN Waffeninspekteuren mehr Zeit für Kontrollen zugestehen will, möchten den Spielraum für diplomatische Lösungsversuche etwas ausdehnen, machen jedoch unmißverständlich klar, daß auch sie in dem Falle die Karte einer militärischen Option spielen wollen, wenn der Irak nicht angemessen mit den UN Waffeninspekteuren kooperiert. In unserem Vorgängerkommentar waren wir der Ansicht, daß es nicht zu einem Irak Krieg kommen werde. Wir begründeten dies damit, daß wir "nur" vom Aufbau einer Drohkulisse ausgingen. Auch diesmal ist der Verfasser dieses Kommentars der Ansicht, daß eine Chance auf eine friedliche Lösung des Konflikts gegeben ist. Allerdings nur dann, wenn dem Irak der Ernst der Lage klar geworden ist und er praktisch "bedingungslos" den Forderungen der UN Waffeninspekteure Folge leistet. Der Druck der breiten Öffentlichkeit wurde in diesem Ausmaß sicherlich von der US Administration unterschätzt. In Umfragen sind auch über 50% der US Amerikaner der Meinung, daß es nur unter einem UN Mandat zu einem Waffengang gegen den Irak kommen solle. Die US Regierung ist nun bemüht eine neue UN Resolution einzubringen. Eine "Freikarte" für einen möglichen Kriegsgang wird es über die UN und über den UN Sicherheitsrat jedoch nicht geben. Was wird sich nun angesichts der neuen Lage ändern? Um was geht es dieser Interessengruppe um Frankreich, Deutschland oder Rußland überhaupt? Es geht lediglich um eine Fortsetzung der UN Waffeninspektionen; und zwar mit höherer Intensität. Das Ziel bleibt das gleiche. Es ist identisch mit der Zielsetzung der US Regierung:

Es ist die Entwaffung des Iraks.

Wenn man den Vertretern der französischen und russischen Regierung richtig zugehört hat, dann ist die Rede davon, daß JETZT noch nicht die Zeit sei, militärische Gewalt anzuwenden. Als letzte Option wird militärische Gewalt jedoch nicht ausgeschlossen. Was heißt dies im Klartext? Dissens in der Weltgemeinschaft bzgl. einer Entwaffnung des Iraks besteht nur bzgl. der Definition, ab wann der Irak nicht kooperiert. Die USA erachten die derzeitigen Bemühungen bereits als erfolglos, die Allianz um Frankreich und Deutschland sehen Fortschritte in der Arbeit der Inspekteure. Mit der breiten öffentlichen Stimmung im Rücken, ist das Lager um die Befürworter weiterer diplomatischer Lösungsversuche, gestärkt worden. Da diesem Lager mit Frankreich, Deutschland und Rußland 3 europäische Nationen angehören, kann man durchaus festhalten, daß das Gewicht der Europäer in der gegenwärtigen Lage, leicht gestärkt wurde, obwohl der Kontinent in der Frage des Vorgehens gegen den Irak gespalten ist.

Wir bleiben bei unserer Ansicht, daß die Chance auf eine friedliche Beilegung des Konfliktes noch gegeben ist.

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