Kommentar
09:44 Uhr, 26.04.2024

Wieso halten Emerging Markets nicht, was sie versprechen?

Emerging Markets sollten für Anleger aus vielen Gründen interessant sein. Ganz vorne mit dabei ist die Aussicht auf schnelleres Wachstum. Emerging Markets haben viel aufzuholen. Doch in der Praxis funktioniert dies nicht, zumindest nicht am Aktienmarkt. Wieso?

Es ist noch nicht lange her, da wurden Emerging Markets Aktien als Beimischung für jedes Depot regelmäßig empfohlen. Der Grund dafür lag auf der Hand. Das Pro-Kopf-Einkommen ist in vielen Märkten deutlich tiefer als z.B. in Europa oder den USA. Der Trend deutete an, dass sich die Einkommen annähern würden. Emerging Markets wurde deutlich höheres Wachstum prophezeit.

Die Erwartung von höheren Wachstumsraten machte Sinn. Emerging Markets müssen nicht all das neu erfinden, was etwa den USA hohes Wachstum beschert hat. Die Technologie, die die Produktivität steigert, steht im Prinzip jedem offen. Eine Angleichung der Produktivität bedeutet nichts anderes als eine Angleichung der Einkommen und des Lebensstandards. Jetzt wissen wir, dass alles ganz anders kam.


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Kaum etwas bringt es so gut auf den Punkt wie der Vergleich des S&P 500 und des Emerging Markets Index (Grafik 1). Emerging Markets Aktien liefen von 1987 bis 1995 besser als der US-Markt. Eine erneute Outperformance gab es von 2002 bis 2007. Seither warten Anleger darauf, dass es erneut passiert und Emerging Markets eine Outperformance generieren.

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Das Warten dauert schon fast 20 Jahre. Möglicherweise kommt es nie wieder zu einer Outperformance. Der Grund dafür ist einfach. Emerging Markets halten nicht, was sie versprechen. Versprochen wurde höheres Wachstum. Zwar wachsen Emerging Markets schneller als entwickelte Länder, doch die Wachstumsdifferenz wird immer kleiner. Die Wachstumsdifferenz bestimmt die relative Performance des Aktienmarktes (Grafik 2).

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Der Internationale Währungsfonds geht davon aus, dass die Wachstumsdifferenz auch in Zukunft kleiner wird. Im halbjährlichen Ausblick werden die Wachstumsraten der nächsten fünf Jahre prognostiziert. Diese Prognose sagt immer tieferes Wachstum vorher. Die Wachstumsraten gleichen sich mehr und mehr an (Grafik 3).

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Dafür gibt es viele Gründe. Viele Emerging Markets haben Rohstoffe, doch das daraus generierte Einkommen wurde nicht sinnvoll eingesetzt. Im Extremfall führt Rohstoffreichtum zu einer Entwicklung wie in Venezuela.

Nicht nur fehlgeleitete Geldströme sind ein Problem. Für eine Angleichung der Produktivität ist mehr als nur Technologie notwendig. Es braucht auch die entsprechende Infrastruktur und Rechtssicherheit. Der Fortschritt ist langsam und zum Teil geht es einen Schritt vor und zwei zurück. Solange das so bleibt, werden auch Emerging Markets Aktien nicht das liefern können, was einmal versprochen wurde.

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3 Kommentare

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  • Gast1
    Gast1

    @ goletitout ... sehe ich genauso !!

    08:00 Uhr, 27.04.
  • paramind
    paramind

    Hätten diese Argumente nicht auch früher Gültigkeit haben müsen? Was war früher komparativ anders?

    12:21 Uhr, 26.04.
  • goletitout
    goletitout

    Ja, sehr enttäuschend. Ich hatte auch mal einen EM-ETF und sogar ein paar chinesische Einzelaktien (Alibaba => furchtbar, Xiaomi => dort immerhin gut Gewinn gemacht und rechtzeitig verkauft in 2021), aber zwischenzeitlich alles verkauft. Das muss man sich einfach nicht antun, oder man investiert nur sehr wenig hinein. Neben dem sich angleichenden Wachstum kommen gerade in China noch politische Unwägbarkeiten/Unsicherheiten/Willkür hinzu, die einen Sicherheitsabschlag nach sich ziehen. Mittlerweile habe ich wieder einen "Anstands"-Misch-EM-Anteil im Rahmen eines für mich mittelgroßen Investments in den MSCI ACWI (enthält 90% MSCI World, 10% EM) und bespare als kleines Nebeninvest im EM-Bereich extra den MSCI India. Wie gesagt, aber auch nur mit sehr begrenztem Volumen. "Großes Geld" würde ich da nicht mehr rein stecken.

    10:15 Uhr, 26.04.

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Über den Experten

Clemens Schmale
Clemens Schmale
Finanzmarktanalyst

Clemens Schmale hat seinen persönlichen Handelsstil seit den 1990er Jahren an der Börse entwickelt.

Dieser gründet auf zwei Säulen: ein anderer Analyseansatz und andere Basiswerte. Mit anders ist vor allem die Kombination aus Global Makro, fundamentaler Analyse und Chartanalyse sowie Zukunftstrends gemeint. Während Fundamentaldaten und Makrotrends bestimmen, was konkret gehandelt wird, verlässt sich Schmale beim Timing auf die Chartanalyse. Er handelt alle Anlageklassen, wobei er sich größtenteils auf Werte konzentriert, die nicht „Mainstream“ sind. Diese Märkte sind weniger effizient als andere und ermöglichen so hohes Renditepotenzial. Sie sind damit allerdings auch spekulativer als hochliquide Märkte. Die Haltedauer einzelner Positionen variiert nach Anlageklasse, beträgt jedoch meist mehrere Tage, oft auch Wochen oder Monate.

Rohstoffe, Währungen und Volatilität handelt er aktiv, in Aktien und Anleihen investiert er eher langfristig. Die Basiswerte werden direkt – auch über Futures – oder über CFDs gehandelt, in Ausnahmefällen über Optionen und Zertifikate.

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