Kommentar
18:50 Uhr, 17.12.2018

Wie wird die Fed entscheiden? Das sind die wichtigen Faktoren

Wird die Fed ihren Zinsausblick anpassen? Und wenn ja, welche Begründung wird sie geben, ohne den Markt zu verschrecken? Welches Kaninchen wird sie aus dem Hut zaubern?

Kurz vor der wichtigsten Notenbanksitzung seit Jahren kommt eine ganze Reihe an Daten, die der Fed das Leben leichter machen. Die Notenbank sagt selbst, dass ihre Entscheidungen von Daten abhängen und sie entsprechend genau auf die Entwicklungen schauen. Es ist ein bisschen Wahrsagerei. Notenbanker schauen auf irgendwelche Daten und machen daraus eine Story, weshalb gewisse Dinge geschehen werden und andere nicht. Einen gewissen Interpretationsspielraum gibt es dabei immer.

In den letzten Jahren haben sich Notenbanken insbesondere eines Arguments bedient: Inflation. In der Eurozone wurde Inflation als Argument missbraucht, weshalb dringend Staatsanleihen gekauft werden müssen. In den USA war es ebenfalls ein Argument für QE und später ein Argument für den ersten Zinsschritt.

Auch 2016 hielt Inflation als Argument dafür her, weshalb die Zinsen nun erst einmal nicht weiter steigen. Die Fed pausierte damals ein Jahr lang mit der Zinswende. Eine ähnliche Situation haben wir heute wieder. Bis Anfang 2016 sackte der Ölpreis kräftig ab. Das führte dazu, dass die Inflation kurzzeitig ins Negative rutschte (Grafik 1).


Bereits im letzten Jahr gab es einen Knick in den Ölpreisen. Die Inflation sank in der Folge von 3 % auf 2 %. Aktuell haben wir eine ähnliche Situation. Die Notenbank hat daher ein gutes Argument, weshalb sie die Zinswende nicht so schnell fortsetzt wie ursprünglich angekündigt.

Der Ölpreis ist aber nicht der einzige Grund. Notenbanker gewichten die Kerninflation stärker als die Inflationsrate, die auch die volatilen Energiepreise beinhaltet. Die Kerninflation sollte kurzfristig vom Ölpreis unbeeindruckt bleiben. Es gibt aber andere Gründe, weshalb auch die Kerninflation im kommenden Jahr schwächeln sollte.

Die Lohnstückkosten sind in den USA gerade wieder im Rückwärtsgang. Der Anstieg dieser Kosten lag vor kurzem noch bei 3 %. Inzwischen steigen sie nur noch mit 1 %. Tendenziell sagt die Entwicklung der Lohnstückkosten den Weg der Kerninflation gut voraus (Grafik 2).

Lohnstückkosten sind volatil. Nicht jede Bewegung wird sofort und in gleichem Ausmaß von der Kerninflation nachvollzogen. Der Trend ist allerdings klar. Die Kerninflation dürfte nicht weiter ansteigen, sondern eher abflachen.

Damit hat die Notenbank eigentlich sämtliche Argumente, die sie braucht, wenn sie das Tempo der Zinswende erklären will. Ihre Aufgabe ist Preisstabilität und Vollbeschäftigung. Letzteres können die USA vorweisen. Preisstabilität ist ebenfalls gegeben, doch wenn sich die Inflation im kommenden Jahr aller Voraussicht nach abkühlt, braucht es auch nicht drei oder vier Zinsschritte. Die letzten Daten haben die Notenbank genau mit dem Kaninchen versorgt, welches sie aus dem Hut zaubern muss, um den Markt nicht aufzuschrecken, wenn der Zinsausblick angepasst wird.

Autor: Clemens Schmale

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