Kommentar
10:16 Uhr, 20.02.2017

Wie viel Aktien-Rallye ist noch drin?

Wird das Polit-Chaos in den USA zu einem Handicap für Aktien? Fährt eine restriktive US-Geldpolitik den Trumponomics nachhaltig in die Parade? Inwieweit können deutsche Industrieaktien von der US-Wirtschaftsvision profitieren? Wirken pro-amerikanische Steueränderungen auf deutsche Exportunternehmen kontraproduktiv? Und kann die Europa GmbH auch vor dem Hintergrund des Super-Polit-Jahrs 2017 gegen die America Corporation bestehen?

Die Fundamentalargumente für US-Aktien gewinnen an Kraft

Die US-Administration ist holprig gestartet. Man darf getrost von Chaos sprechen. Dennoch wird US-Präsident Trump seine wirtschaftsstützenden Versprechen zügig angehen. Für deren Verwirklichung hat er ohnehin nur knapp zwei Jahre Zeit. Bei der nächsten Kongresswahl 2018 könnte seine republikanische Mehrheit, die er für ein Durchregieren benötigt, an die Demokraten verloren gehen. Auch die politische Lichtgestalt Ronald Reagan sah sich einer demokratischen Opposition gegenüber.

Die Trump-Administration kennt die Bedeutung der Unternehmensbesteuerung für die Attraktivität des US-Standorts. So sind zunächst Unternehmenssteuersenkungen von 35 auf mindestens 20 Prozent angepeilt. Doch es ist auch mit einer strukturellen Steueränderung für importierte Güter zu rechnen. So könnten die im Ausland anfallenden Herstellungskosten für z.B. japanische oder deutsche Autos in den USA nicht mehr steuerlich abzugsfähig sein, was die Steuerlast ausländischer Firmen und damit ihre Kostensituation dramatisch zugunsten inländischer Unternehmen verschlechtern würde.

Daneben stehen umfangreiche Infrastrukturinvestitionen, Entbürokratisierung und eine Wieder-Deregulierung der Finanzindustrie auf der Agenda. In die Konjunkturoffensive wird zusätzlich eine weitere dramatische Schuldenaufnahme eingebunden. Eine diesem Zweck im Weg stehende restriktive Geldpolitik will Trump mit Neubesetzungen in der Fed begegnen, die seiner Wirtschaftsdoktrin folgen. Bei entsprechender Umsetzung all dieser Maßnahmen werden sich zwangsweise Verbesserungen der amerikanischen Wettbewerbsfähigkeit und steigende Unternehmensgewinne ergeben. Tatsächlich ist eine spürbare Stimmungsaufhellung in der US-Industrie mit Ausstrahlung auf die US-Aktienmärkte unverkennbar.

Der US-Dollar soll die weichste Hartwährung der Welt werden

Eine Reindustrialisierung Amerikas, die auch exportseitige Früchte tragen soll, verträgt keine für die USA bislang so typische Strong-Dollar-Policy. Grundsätzlich ist die Dollar-Stärke bereits durch die – wenn auch überschaubaren – zukünftigen Zinserhöhungen der Fed gegeben. Diese erhalten durch den deutlichen US-Inflationsanstieg im Januar noch Rechtfertigung. Allerdings hat die zuletzt wieder schwächere Entwicklung der durchschnittlichen Stundenlöhne an preistreibender Bedeutung verloren. Zudem haben die Inflationserwartungen seit zwei Monaten nicht weiter zugenommen. Offensichtlich laufen die inflationstreibenden Basiseffekte der Rohstofferholung aufgrund der Baisse im letzten Jahr allmählich aus. Damit gewinnt die Fed an Spielraum, zinspolitisch weniger kontraproduktiv zu sein.


Wird aus der Federal Reserve Bank Trumps Reservebank?

Ohnehin dürfte Trump der amtierenden US-Notenbankpräsidentin Yellen ab 2018 keine zweite Amtszeit gewähren und sie durch einen geldpolitisch noch freizügigeren Kandidaten ersetzen. Das gleiche Schicksal gilt für den Fed-Vizepräsidenten Fisher. Schon jetzt könnte Trump drei Positionen des siebenköpfigen Fed-Spitzengremiums neu besetzen. Geldpolitische Entscheidungen könnten zukünftig Trump-gefälliger ausfallen und seinen Trumponomics weniger im Wege stehen.

Nicht zuletzt will die US-Regierung dem Aufwertungsdruck des Dollars durch umfangreiche Rückführungen von Auslandskapital von US-Firmen geldpolitisch entgegenwirken, die in den Genuss der geplanten Unternehmenssteuersenkungen kommen wollen. Tatsächlich halten Unternehmen wie Apple, Microsoft oder Coca-Cola rund 90 Prozent ihrer Barbestände im Ausland. Eine begrenzte Dollar-Aufwertung ist im Übrigen im Interesse der Weltkonjunktur, da sie eine schädliche Kapitalflucht aus den Schwellenländern nach Amerika verhindert.

GRAFIK DER WOCHE

Barbestände von US-Unternehmen im Ausland

Statt Trumpophobie überwiegt bei deutschen Aktien die Trumpophilie

Inwiefern trifft amerikanischer Handelsprotektionismus die deutsche Exportindustrie? Blufft Trump mit harter handelspolitischer Rhetorik nur, um einen guten „Deal“ über politisches Entgegenkommen seiner Handelspartner zu erreichen? Immerhin, trotz geplanter Neuverhandlung des Handelsabkommens NAFTA bekräftigt Trump die Partnerschaft zumindest mit Kanada, gegenüber China zeigte er sich zuletzt nachgiebiger und nach milliardenschweren Investitionszusagen der Japaner in den USA wird aus dem vermeintlichen Währungsmanipulator plötzlich ein gern gesehener Partner in Sicherheits- und Wirtschaftsfragen. Deutsche Unternehmen mutmaßen, dass dies auch die Blaupause für ein zukünftig versöhnlicheres Verhalten der US-Administration gegenüber Deutschland sein könnte. Als Gegenleistung wird Berlin den deutschen Leistungsbilanzüberschuss z.B. über Infrastrukturinvestitionen ab- und die deutsche Industrie mehr Arbeitsplätze in Amerika aufbauen müssen. Den schädlichen Steueränderungen in den USA könnten auch Deutschland und Europa mit entsprechenden Steuererleichterungen für ihre Exportfirmen begegnen. Diese mögen zwar 2017 aufgrund der Wahlkämpfe kurzfristig nicht opportun sein. Doch jeder Regierung geht es längerfristig natürlich um den Erhalt von Arbeitsplätzen. Auch in puncto Deregulierung, Infrastrukturinvestitionen und Reformen wird sich Europa bewegen müssen. Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass auch deutsche Industriewerte von den Trumponomics nachhaltig profitieren und eine allmähliche Gewinnerholung der fundamentale Nährboden für weiteres Aufwärtspotenzial bei Aktien sein wird.



Es gibt Klischees, die stimmen: Dividenden statt Zinsen

Angesicht der Zinsarmut, die mit Blick auf steigende Inflationsraten bei unverändert üppiger Geldpolitik der EZB 2017 zu einem wahren Zins-Katastrophenszenario ausarten wird, fungieren Dividenden als attraktiver Ersatz. Aktuell wartet der DAX mit ca. drei, der Euro Stoxx 50 mit 3,7 und einige Branchen sowie ein reiner Euro-Dividendenindex mit gut vier Prozent Dividendenrendite auf. In Deutschland werden Schätzungen zufolge 2017 voraussichtlich 21 DAX-Unternehmen ihre Dividendenzahlungen erhöhen und insgesamt etwa vier Prozent mehr ausschütten als im bisherigen Rekordjahr 2016. Mit Dividenden lässt sich ein alternativer Zinseszinseffekt über ihre Wiederanlage darstellen. Vor diesem Hintergrund sind auch regelmäßige Ansparpläne in ausschüttungsstarke Aktien empfehlenswert. Und nicht zuletzt bieten dividendenstarke Aktien ein ordentliches Risikopolster gegen Kursschwankungen.

Marktstimmung - Der europäische Geist ist willig, aber das politische Fleisch schwach

Es ist zu hoffen, dass sich der bislang unpolitische US-Präsident in die Polit-Maschinerie der USA allmählich einfindet und klare Leitplanken erkennbar werden.

Die Sorge vor Wahlsiegen Euro-kritischer Parteien in den Niederlanden und Frankreich, deren erklärtes Ziel der Austritt ihrer Länder aus der Eurozone und damit schließlich ihr vermutliches Ende ist, kommt in einem sprunghaften Anstieg der Risikoaufschläge 10-jähriger Staatsanleihen französischer und niederländischer gegenüber deutschen zum Ausdruck. Doch dürfte nach Umfragen in Frankreich Marine Le Pen in der Stichwahl um das Präsidentenamt den gegen sie vereinten Stimmen konservativer und sozialistischer Wähler unterliegen. In den Niederlanden wird die Euro-kritische Partei um Geert Wilders wohl durch eine Mehrparteienkoalition verhindert. Mit einem erneut windigen Schuldenkompromiss wird Griechenland eine erneut aufreibende Grexit-Debatte bzw. Euro-Staatsschuldenkrise wie 2015 erspart. Und in Italien sichert die „Sozialpolitik“ der EZB die weiterhin zinsgünstige Schuldenfinanzierung, damit Italiens Wähler bei einer Neuwahl angesichts einer Beibehaltung von Transferleistungen und staatlicher Konjunkturunterstützung ihre Wahlkreuze Euro-freundlich setzen. Umfragerisiken sind jedoch nicht von der Hand zu weisen.

Tatsächlich zeigt die EZB laut Protokoll ihrer letzten geldpolitischen Sitzung eine unverblümte Bereitschaft zu einem stärkeren Aufkauf von Anleihen aus wirtschaftlich angeschlagenen Ländern, z.B. Italien und Spanien. Dagegen werden weniger Anleihen aus stabilen Ländern wie Deutschland erworben werden. Losgelöst von der bisherigen nachvollziehbaren Aufkaufpraxis, die sich an Beteiligungsquoten der Euro-Länder am Kapital der EZB orientiert, betreibt die EZB damit ohne jeden Zweifel eine ihr nicht erlaubte Konjunkturpolitik. Dem Erhalt der Eurozone wird auch noch der letzte Stabilitätsgrundsatz geopfert.

Ohne nachhaltige politische und ökonomische Reformen ist die europäische Krise jedoch nur verschoben, nicht aufgehoben. Mit Stabilitätslügen ist Europa nachhaltig nicht zu retten. Europa darf sich nicht weiter nur als „Europa GmbpH“, als übernationale Gesellschaft mit beschränkter politischer Haftung verstehen. Mit ihrem bislang gezeigten unverbindlichen Auftreten wird man auch der America Corporation nicht begegnen können.


Immerhin erhöht die EU-Kommission die Wachstumsprojektionen der Eurozone: 2017 statt 1,5 jetzt 1,6 und 2018 statt 1,7 dann 1,8 Prozent. Setzt man die vom ifo Institut ermittelten Einschätzungen der Geschäftslage und -erwartungen des weltweiten Verarbeitenden Gewerbes für das I. Quartal 2017 zueinander in Beziehung, etabliert sich die Weltwirtschaft sogar in der konjunkturellen Zyklusphase „Aufschwung“. Wachstumseffekte aufgrund einer schwachen wirtschaftlichen Basis sollten jedoch nicht positiv überschätzt werden. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.



Exportseitig profitiert die deutsche Industrie von wieder freundlicheren weltkonjunkturellen Perspektiven. So bedeuten die auf eine verbesserte Konjunkturentwicklung hinweisenden ifo Geschäftserwartungen der Weltwirtschaft historisch auch Kursanstiege für deutsche Aktien. Die Liquiditätshausse wird fundamental angereichert.

Zwischenzeitliche Aktien-Flaute, kein Crash

Mit Blick auf die politischen Risiken dürfte den Aktienmärkten zwischenzeitlich ein Flaute bevorstehen, jedoch kein Crash. Im Frühsommer, wenn sich die politischen Wogen geglättet bzw. eine politische Agenda in den USA herauskristallisiert haben, dürften die Aktienmärkte wieder ansteigen.

Charttechnik DAX - Langfristiger Aufwärtstrend intakt

Die Basis für eine Fortsetzung der langfristigen Aufwärtsbewegung ist gelegt. Der Leitindex stößt bei 11.821 Punkten auf einen ersten Widerstand. Darüber folgen weitere Barrieren bei 11.920 und schließlich am Allzeithoch bei 12.391. Auf der Unterseite gibt die Marke bei 11.692 Punkten eine wichtige Unterstützung. Weitere Haltelinien liegen darunter bei 11.531und schließlich bei 11.431.

Der Wochenausblick für die KW 8 - ifo im Anlegerfokus

In den USA deutet der Einkaufsmanagerindex auf eine verbesserte Stimmung der US-Industrie hin, während die etwas schwächeren Zahlen des von der University of Michigan veröffentlichten Konsumentenvertrauens auf ein nicht uneingeschränkt positives Sentiment hindeuten.

In der Eurozone dürfte der Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe nach der starken Verbesserung der letzten Monate im Februar eine Verschnaufpause einlegen. Die endgültigen Inflationsdaten für Januar unterstreichen den beschleunigten Inflationstrend.

In Deutschland dürfte sich der ifo Geschäftsklimaindex für Februar nach seiner vormonatlichen Schwäche stabilisieren. Der GfK Konsumklimaindex zeigt eine nach wie vor robuste Binnenwirtschaft.

HALVERS WOCHE

Bei der Lösung der Griechenland-Frage müssten sich selbst alle Helden der griechischen Mythologie geschlagen geben

Es ist ähnlich wie bei einem Durchlauferhitzer im Badezimmer: Spätestens im Sommer braucht Athen neue Kredite, um alte zu bedienen. Wäre Griechenland Privatperson oder Unternehmen, hätten die Kreditgeber längst die Reißleine gezogen und wäre der Pleitegeier permanenter Gast im griechischen Luftraum. Bei Griechenland ist aber alles anders, erst Recht, da es sich um ein Euro-Mitgliedsland handelt. In der Eurozone gelten andere, nämlich politische Gesetze. Kredite müssen weiter gewährt werden, um die Folgen eines ansonsten drohenden Grexit zu vermeiden.


Was passiert bei Griechenland ante Euro-portas?

Denn nach Grexit und damit nach Wiedereinführung einer Schwachwährung würde Griechenland seine Urlaubsorte und Köstlichkeiten europa- und weltweit zu Schnäppchenpreisen anbieten, um seiner Ökonomie wieder Leben einzuhauchen. Zügig würden sich andere angeschlagene Euro-Länder fragen, warum sie noch im Euro bleiben, wenn man zuschauen muss, wie Touristen z.B. nach Kreta abwandern und Euro-teure, eigene Südfrüchte zu verderblichen Ladenhütern werden. Zypern oder Portugal hätten nach Grexit ein vitales Interesse an einem Ausstieg, zumal dann der Exit-Bann gebrochen wäre. Und warum sollten im Zuge der Austreteritis Länder wie Spanien, Italien oder Frankreich noch im Währungsraum bleiben? Deren Landsleute sind schon längst vielfach der Meinung, dass es ihnen in der guten alten Vor-Euro-Zeit besser ging als heute. Am Ende wäre Deutschland allein im Euro-Haus. Und unser transatlantischer „Freund“ Trump wird die europäische Zwietracht noch vergrößern, indem er versucht, noch weitere Staaten mit zuckersüßen bilateralen Abkommen auf seine dunkle Seite der Handels-Macht zu ziehen. Hier werden die Briten gerne den advocatus diaboli für die USA spielen, die kein Interesse mehr an einem geeinten Europa haben.

Die Erwartung, dass abwertende, Ex-Euro-Länder dann noch ihre auf Euro lautenden Schulden zurückzahlen können, ist eine Illusion. Deutschen Steuerzahler, die ja auch Wähler sind, wären nicht amüsiert, wenn sie für viele Mrd. ausfallender Kredite bluten müssten. 2010 wäre ein Grexit noch zu vertretbaren Bedingungen möglich gewesen und hätte vor allem gezeigt, dass die Eurozone ihre Stabilitätskriterien nicht mit Füßen tritt. Doch wer politisch zu spät kommt, den bestraft das finanzpolitische Leben: Heutzutage wäre der Grexit der erste fallende Dominostein. Nicht zuletzt ist Griechenland mit seiner EU-Außengrenze bei der Lösung der Flüchtlingskrise von großer Bedeutung. Da lässt man ein Land nicht gerne gehen. Mittlerweile ist Griechenland finanz-, aber auch allgemeinpolitisch Europa-systemrelevant. Griechenland bleibt politisch gezwungen Mitglied im Euro-Club.


Wunder gibt es immer wieder- Bei Katja Ebstein ja, bei Griechenland nein!

Als Gegenleistung für neue griechische Kredite fordern die harten Stabilitätshunde für 2018 einen Primärüberschuss im Staatshaushalt - d.h. ohne Zins- und Tilgungsleistungen - von 3,5 Prozent zur Wirtschaftsleistung. Das ist eine sinnbefreite Kennzahl, denn der Schuldendienst eines Landes gehört zur finanzpolitischen Realität dazu. Ein Unternehmen sagt ja auch nicht, vor Kosten sehen wir super aus. Ohnehin ist dieser Wert für Griechenland nicht zu schaffen. Eher läuft das gesamte griechische Kabinett die 100 Meter-Strecke unter 10 Sekunden. Übrigens, so einen exzellenten Wert erreichte die Eurozone insgesamt zuletzt in der Hochkonjunktur vor der Finanzkrise und danach niemals auch nur annähernd wieder. Schon ein vom IWF geforderter Primärüberschuss von 1,5 Prozent wäre eine großartige Finanzleistung. Und hinter vorgehaltener Hand weiß das auch jeder Politiker.

Dennoch, zur utopischen Zielerreichung werden weitere Steuererhöhungen sowie Sozial- und Rentenkürzungen gefordert. Die Hellenen werden förmlich ausgepresst wie griechische Zitronen. Ich dachte immer, einem nackten Mann könne man nicht in die Tasche greifen. Doch scheint Europa den Schlager „Wunder gibt es immer wieder“ von Katja Ebstein wörtlich zu nehmen. Leider hat man mit Kaputtsparen noch nie Wachstum erzielt, womit der angestrebte Primärüberschuss noch irrealer wird.

Die Schulden Athens von über 300 Mrd. Euro mit einem Verhältnis von etwa 180 Prozent zur Wirtschaftsleistung sind für Athen untragbar hoch und mit eigenen griechischen Bordmitteln niemals mehr zurückzahlbar. Und dabei wurden die Kreditzinsen bereits atomisiert. Auch müssen die Schulden erst getilgt werden, wenn viele der heutigen Euro-Politiker längst in Pension sind und z.B. Rosen aus Athen züchten.

Um das Euro-Land Griechenland von der Intensivstation zu holen, müsste man Staatsschulden rigoros streichen. Der IWF hat diese Lösung immer angemahnt und ansonsten mit dem Ausstieg aus weiteren Kredithilfen gedroht. Doch wird man sich einmal mehr auf einen stinkendfaulen Kreditkompromiss einigen, der mindestens bis nach den Bundestagswahlen auch den IWF im Boot hält. Als Alibi wird man kleinste griechische Reformschritte feiern wie die Heldentaten von Odysseus.

In der Eurozone kommt Griechenland auf keinen grünen Oliven-Zweig

Auch wenn man Griechenland in dieser Sekunde alle Schulden streichen könnte, würde es ab der nächsten Sekunde wieder anfangen, kräftig neue Schulden anzuhäufen. Das liegt nicht an den Griechen. Die eigentliche Ursache für die Malaise ist Griechenlands Euro-Wettbewerbsunfähigkeit. Es fehlen die industriellen Standortqualitäten. Das Land liegt weit ab vom Schuss, von den Industriezentren Mitteleuropas. Damit hat man schon einmal ein großes Transportkostenproblem. Daneben ist es in Griechenland im Sommer zu heiß, um - wie in Mitteleuropa üblich - durchzuarbeiten. Und der Einbau von Klimaanlagen machte die Produktion in Griechenland noch unwirtschaftlicher. Genau diesem volkswirtschaftlichen Anpassungsdruck konnte man damals noch mit Abwertungen der Drachme wirksam begegnen. Heute sitzt Griechenland in der Euro-Falle.

Diese Vorteile kommen z.B. Polen, Tschechien oder Ungarn jedoch zugute, die auch noch nahe am Industriekernland Deutschland liegen. Es ist eine Lebenslüge von Euro-Politikern, dass das Land im Korsett der Eurozone konkurrenz- und überlebensfähig werden könnte. Eher fahren Frau Merkel und Herr Trump gemeinsam in Urlaub.

Bei der Griechenland-Frage geht es am wenigsten um Griechenland

Und da hilft auch keine wirtschaftsfreundlichere Regierung in Athen. Man hat zu lange nur gekleckert und nicht richtig geklotzt. Jetzt ist die Geduld der griechischen Bevölkerung für Reformen aufgebraucht. Und Privatisierungen zu aktuellen Schnäppchenpreisen, um dem Staat einmalig Geld einzubringen, würden der Regierung den Vorwurf einbringen, Staatsvermögen zu verschleudern.

Und ebenso sollten die aktuell hochgelobten Wirtschaftswachstumsraten nicht überschätzt werden. Es geht nicht darum, einen kurzen Sprint, sondern einen Marathonlauf erfolgreich zu bestehen.

In der Griechenland-Frage befindet sich Europa in einem kolossalen Dilemma: Einerseits setzte ein ökonomisch durchaus überlegenswerter Grexit mittlerweile die gesamte Eurozone politisch aufs Spiel. Andererseits muss die weitere griechische Mitgliedschaft im Euro-Club mit neuen Krediten finanziert werden, deren Rückzahlung eine finanzpolitische Illusion ist.

Europa wird sich für den griechischen Verbleib entscheiden. Das hat absolute Priorität. Damit schwebt das (sozial-) politische Damoklesschwert weiter über Griechenland. Man denkt nicht an die Griechen, sondern nur an sich. Mit diesen Realitätsverweigerungen oder eher (Stabilitäts-)Täuschungen müssen Eurozone und EU leben.

Und Brüssel lebt gut damit: Für jeden kommt einmal die Stunde der Wahrheit und dann heißt es lügen, lügen, lügen.

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2 Kommentare

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  • Zukunft21
    Zukunft21

    der letzte macht dann das Licht aus haha..... wird schon werden der EU Untergang die tun j aalles dafür !

    Die Altervorsorge vieler Deutschen wird im Moment gerade ausgelöcht und dies mit absolut gewollt !

    Wie kann man da noch EU freundlich sein oder bleiben wollen lieber ein Ende mit Schrecken als gar kein Ende.

    So meine Meinung zur Eu von dort wird man doch eh nur getäuscht und belogen was das Zeugs hält.

    Aber wir haben ja bald Wahlen nur werden die an der Finanzpolitik nichts ändern unsere Regierung hält was fest was nicht zu halten ist.

    Die Rechnung wird sehr sehr teuer werden !!

    18:32 Uhr, 22.02.2017
  • netzadler
    netzadler

    "Und Brüssel lebt gut damit: Für jeden kommt einmal die Stunde der Wahrheit und dann heißt es lügen, lügen, lügen."

    oh, ich dachte, fake News kommen nur von trump...erzählen doch die medien penetrant, äh pardon...permanent

    09:29 Uhr, 22.02.2017