Kommentar
02:00 Uhr, 16.10.2008

Wie stehen die einzelnen Bundesländer finanziell da?

Die Zukunftsfähigkeit und die Gestaltungsmöglichkeiten der Bundesländer sind abhängig von der Entwicklung der öffentlichen Finanzen. Mithilfe finanzstatistischer Indikatoren können die aktuelle Situation, die Struktur sowie die Entwicklung und die Perspektiven der öffentlichen Haushalte eines Landes beurteilt werden. Von den zahlreichen Indikatoren zur Beurteilung der Finanzlage der Länder beleuchtet dieser Beitrag die derzeitige Haushaltssituation der Länder anhand des Indikators "Finanzierungssaldo" und zeigt mittels des Indikators "Pro-Kopf-Verschuldung", in welchem Ausmaß die Länder Vorbelastungen zu tragen haben.
In den vorliegenden Berechnungen werden die Länder- und Gemeindedaten zusammengefasst, um die in den einzelnen Ländern bestehende unterschiedliche Aufgabenverteilung zwischen Land und Gemeinden auszugleichen.

Der Finanzierungssaldo

Im Jahr 2007 erwirtschafteten die Bundesländer und ihre Gemeinden/Gemeindeverbände (Gv.) zusammen seit 1969 erstmals wieder einen Finanzierungsüberschuss von 17,9 Milliarden Euro. Im Jahr 2006 hatte sich noch ein Finanzierungsdefizit von 6,5 Milliarden Euro ergeben. Im Einzelnen verringerte sich das Finanzierungsdefizit der Länder im früheren Bundesgebiet gegenüber dem Vorjahr um rund 14 Milliarden auf ein Plus von 8,9 Milliarden Euro. Auch die Stadtstaaten erzielten 2007 einen Finanzierungsüberschuss von 4,4 Milliarden Euro, nachdem im vergleichbaren Vorjahreszeitraum noch ein Defizit in Höhe von 2,2 Milliarden zu verzeichnen war. Nur die neuen Länder wiesen bereits im Haushaltsjahr 2006 einen Finanzierungsüberschuss in Höhe von 0,8 Milliarden Euro aus, den sie 2007 auf 4,5 Milliarden steigern konnten.

Die verbesserte Finanzlage ist auf steigende Einnahmen und nahezu unveränderte Ausgaben zurückzuführen. So stiegen die Einnahmen gegenüber dem Vorjahr um 8,1% auf 383,8 Milliarden Euro, wohingegen die Ausgaben nur um 1,2% auf 365,8 Milliarden Euro stiegen. Die Erhöhung des Regelsatzes der Umsatzsteuer zum 1. Januar 2007 von 16 auf 19 %, aber auch die gute wirtschaftliche Entwicklung trugen zur positiven Entwicklung der Steuereinnahmen bei. Die steigenden Unternehmensgewinne und die daraus resultierenden steigenden Einnahmen wirkten sich positiv auf die gewinnabhängigen Steuern aus. Durch die verbesserte Lage auf dem Arbeitsmarkt stiegen zudem die Einnahmen aus der Lohnsteuer. Bei den Beteiligungsveräußerungen resultierten die Mehreinnahmen vor allem aus dem Verkauf der Anteile des Landes Berlin an der Landesbank Berlin in Höhe von 4,6 Milliarden Euro.

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Die positive Entwicklung der Finanzierungssalden der Länder wird besonders im Zehn-Jahres-Vergleich deutlich. 1997 verzeichneten die Länder und Gemeinden noch ein Finanzierungsdefizit von insgesamt 22,9 Milliarden Euro. Allein die Flächenländer im früheren Bundesgebiet wiesen einen Negativsaldo von 14,4 Milliarden Euro aus. Inzwischen konnten sie ihre Defizite abbauen und 2007 sogar einen kräftigen Überschuss erzielen.

Ein Vergleich zwischen den einzelnen Bundesländern zeigt ein heterogenes Bild. Während Bremen, Schleswig-Holstein und Reinland-Pfalz 2007 Finanzierungsdefizite zwischen 795 und 398 Millionen verzeichneten, wiesen Bayern, Berlin und Baden-Württemberg Finanzierungsüberschüsse zwischen rund 3,8 und 5 Milliarden Euro auf. Wie bereits erwähnt, ist der Finanzierungssaldo Berlins durch den Veräußerungserlös für die Landesbank Berlin in Höhe von 4,6 Milliarden Euro stark überzeichnet. 2006 rangierte Berlin noch auf dem zweiten Platz der Bundesländer mit einem Finanzierungsdefizit in Höhe von nahezu 1,5 Milliarden Euro. Auf dem ersten Platz befand sich Nordrhein Westfalen mit einem Minus von über 4,4 Milliarden Euro. An der Spitze der Länder mit den höchsten Finanzierungsüberschüssen befanden sich 2006 Bayern und Sachsen – Bayern hatte auch 2007 diesen Spitzenplatz inne.

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Die Pro-Kopf-Verschuldung

Der Schuldenstand je Einwohner ermöglicht einen Vergleich des Schuldenstands zwischen den Bundesländern. Es wird zwischen Kreditmarktschulden (Wertpapierschulden, direkte Darlehen und Ausgleichsforderungen) und Kassenverstärkungskrediten (kurzfristige Kredite zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen) unterschieden. Häufig fließen nur die Kreditmarktschulden in die Berechnung ein. Da insbesondere bei den Kommunen immer häufiger Kassenkredite zur Finanzierung von laufenden Ausgaben eingesetzt werden, sind in diesem Beitrag die Kassenkredite in den Schuldenstand miteinbezogen.

Zum Jahresende 2007 ergab sich aus den Kreditmarktschulden und Kassenkrediten der Länder und Kommunen insgesamt ein Betrag von 7 243 Euro je Einwohner, 19 Euro mehr als Ende 2006. Von diesem Gesamtbetrag entfielen 5 898 Euro auf die Schulden der Länderhaushalte und 1 447 Euro auf die Schulden der kommunalen Haushalte. 1997 betrug die Pro-Kopf-Verschuldung 4 943 Euro – sie stieg somit um fast das 1,5fache innerhalb der letzten 10 Jahre an.

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Den höchsten Schuldenstand hatten durchweg die Stadtstaaten. 1997 betrug ihre Pro-Kopf-Verschuldung 9 164 Euro. Bis 2006 stieg sie auf 16 203 Euro an, nahm dann aber bis Ende 2007 bis auf 16 010 Euro leicht ab. Die neuen Bundesländer bewegten sich in den letzten 10 Jahren in etwa auf dem Niveau des Durchschnitts aller Länder, wohingegen die Pro-Kopf-Verschuldung des früheren Bundesgebiets leicht darunter lag.

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Die hohe Verschuldung der Stadtstaaten wird besonders im Einzelländervergleich deutlich. Bremen, Berlin und Hamburg waren 2007 mit Werten zwischen 21 894 Euro (Bremen) und 12 300 Euro (Hamburg) die Länder mit der höchsten Pro-Kopf-Verschuldung. Die niedrigste Verschuldung je Einwohner hatten Bayern mit 3 012 Euro und Sachsen mit 3 648 Euro, die auch 2006 und 2007 mit die höchsten Finanzierungsüberschüsse erzielten.

Autoren
Christina Fey, Klaus-Dieter Kleinjung - Statistisches Bundesamt

Artikel veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung des Statistischen Bundesamts

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